Reinbek. Mit zeitlicher Verzögerung dürfen die ersten Ukrainer noch im Juni die neue Unterkunft umziehen. Wie die Belegung gestaltet wird,

Das Graffito auf den Fluren erinnert noch daran, dass hier in den Containern am Mühlenredder einst Schüler Aufsätze schrieben oder Matheaufgaben lösten. Nun sollen in der einstigen Campusschule Geflüchtete aus der Ukraine einziehen. „Ich warte jeden Tag darauf, dass es losgeht“, sagt Nadja Weißberg. Die Sozialpädagogin arbeitet seit April in Reinbek und ist zusammen mit ihrer Kollegin Karen Freihorst eigens eingestellt worden, um die meist ukrainischen Frauen mit ihren Kindern in der neuen Unterkunft zu betreuen. Doch deren Inbetriebnahme hat sich durch Lieferschwierigkeiten bei Mobiliar und Baumaterialien verzögert. Aktuell müssen noch letzte Brandschutzfragen geklärt werden.

Die Zeit aber drängt. Denn nach drei Monaten ist bei vielen Familien die Luft raus und der Wunsch nach Privatsphäre groß. Teilweise so groß, dass die Stadt nun überlegt, die hergerichtete Sporthalle am Sachsenwaldgymnasium für eine Zwischenunterbringung der Geflüchteten zu nutzen. „Bislang waren wir froh, dass wir diesen Schritt nicht machen mussten“, sagt Torsten Christ, Leiter des Bürgeramtes.

Die Ukrainer wollen die Hilfsbereitschaft nicht länger strapazieren

Die Hilfsbereitschaft war und ist groß. Rund 170 von 200 Ukrainern sind privat untergekommen. „Auch die Ukrainer wollen die Hilfsbereitschaft nicht länger strapazieren und hoffen auf eine baldige Fertigstellung der Unterkunft“, weiß Nadja Weißberg aus Gesprächen. Auch wenn ihr Vorname es vermuten lässt, russisch spricht Nadja Weißberg nicht. Sie wird von einer Übersetzerin unterstützt. Neue Flüchtlinge aus der Ukraine kommen seit Wochen nicht dazu. Im Gegenteil, auch aus Reinbek sind oder wollen zeitnah einige in ihre Heimat zurückkehren.

Das zweite Obergeschoss des u-förmigen Baus ist so gut wie hergerichtet, Herde in der Gemeinschaftsküche sind angeschlossen, die metallenen Doppelstockbetten aufgebaut, die Matratzen verteilt. Schultische und Stühle gehören zur Einrichtung. „In dieses Zimmer soll eine Mutter mit ihren vier Kindern einziehen“, sagt Weißberg auf einer Führung durchs Haus. Schränke und Zimmer sind abschließbar. „Das war den Frauen wichtig“, sagt Weißberg. Genauso wie ein eigener Kühlschrank. Die Angst, dass Lebensmittel weggegessen werden könnten, ist groß. Für ein erhöhtes Sicherheitsgefühl wird auch eine Securityfirma sorgen. Zwei Mitarbeiter sind rund um die Uhr vor Ort. Trotz der besonderen Umstände wünscht sich Weißberg, dass das Leben innen so normal und fröhlich wie möglich wird. Es gibt Gemeinschaftsräume und Spielzimmer für die Kleinsten.

Die ersten 56 Ukrainer werden noch im Juni ins zweite Obergeschoss einziehen

„Den Spielplatz draußen werden wir auch viel nutzen.“ Die 37-Jährige zeigt auf die Geräte, die zwischen den benachbarten Containern stehen. Hier leben schon länger Familien aus Syrien, Afghanistan oder Afrika. Um das Miteinander zu fördern sind gemeinsame Grillabende angedacht. Die Holzsitzbänke sind seit dieser Woche aufgebaut.

Wenn der Zeitplan nicht wieder durcheinander gewirbelt wird, dürften die ersten 56 Ukrainer noch in diesem Monat das zweite Obergeschoss beziehen können. Danach werden die beiden unteren Etagen hergerichtet, soll die mittlere im Juli bezogen werden, im August dann die letzte. Die ersten Plätze im Obergeschoss sind bereits nach Dringlichkeit vergeben.

Mangel an Kitaplätzen ist groß. Selbsthilfegruppe an der Klosterbergenschule

Ob am Ende alle Plätze benötigt werden, steht noch nicht fest. „Einige Ukrainer haben schon Wohnungen anmieten können. „Unabhängig davon, ist die Stadt dazu verpflichtet, die Plätze vorzuhalten“, sagt Weißberg, die froh ist, dass die Belegung in der Unterkunft nun viel luftiger sein wird als ursprünglich geplant. 1,23 Millionen Euro stellt die Stadt für den Umbau zur Verfügung. Neben Küchen wurde auch Sanitärräume gebaut. Getrennte Duschen für Männer und Frauen gibt es aber nicht. „Dafür sind unter den Geflüchteten zu wenig Männer. Das regeln wir über Duschzeiten“, sagt Weißberg, die zuvor jahrelang in Kiel in der Beratung von Flüchtlingen gearbeitet hat.

Beraten muss sie hier in Reinbek allerdings auch – aktuell zu Sprachkursen oder Ausbildungsfragen von ukrainischen Jugendlichen oder zu Kitaplätzen. Davon gibt es in Reinbek viel zu wenige. Deshalb startet am Montag eine Gruppe mit ukrainischen Kleinkindern an der Klosterbergenschule. An drei Tagen in der Woche wechseln sich ukrainischen Frauen mit der Betreuung ab und gönnen den anderen Müttern eine kurze Verschnaufpause.

Geklärt werden muss noch die Frage der Haustiere. Vier Familien sind mit Hund oder Katze vor dem Krieg geflohen. Doch die sind in den Unterkünften strikt verboten. Für die Familien kommt eine Trennung nicht infrage. An einer Lösung. wird gearbeitet.