Reinbek. Kathleen Freitag aus Reinbek veröffentlicht am Dienstag ihren dritten Roman. Er handelt von Flucht und Vertreibung.
Als Kathleen Freitag neun Jahre alt war, tippte sie auf einer alten Schreibmaschine ihre erste Geschichte. Während ihre ersten Schreibversuche als Kind noch von einem Schlüsselmonster handelten, sind historische Themen wie Flucht und Vertreibung oder das DDR-Regime heute Themen ihrer Bücher. Denn mittlerweile ist die Wahl-Reinbekerin eine erfolgreiche Autorin. Am Dienstag, 26. April, erscheint ihr dritter Roman „Wo Himmel und Meer sich berühren“ im Harper Collins Verlag. Am Erscheinungstag ist die 39-Jährige für eine Premierenlesung in der Reinbeker Stadtbibliothek zu Gast.
Der Wunsch zu schreiben war irgendwie schon immer in Kathleen Freitag drin. „In die Poesiealben meiner Freunde habe ich immer geschrieben, dass ich Schriftstellerin werden möchte“, erinnert sich Freitag. Geschrieben hat sie von klein auf. Aus den Kindergeschichten wurden als Jugendliche Kurzgeschichten und Herzschmerzgedichte. „Irgendwann stellte ich fest, dass es sehr schwierig ist, Schriftstellerin zu werden und habe den Berufswunsch lange weggeschoben – auch während des Studiums“, so Freitag. Die gebürtige Ostberlinerin studierte Germanistik, Geschichte und Politik. Den Literaturbetrieb lernte sie durch ein Praktikum beim Rowohlt Berlin Verlag kennen.
Die Autorin arbeitete für die ARD-Serie „In aller Freundschaft“
Nach dem Studium rutschte sie durch einen Werkstudentenjob in die Fernsehbranche rein, kam dann zu der erfolgreichen ARD-Produktion „In aller Freundschaft“. Für die Serie arbeitete sie zwei Jahre als Dramaturgin. „Das war ein sehr gutes Handwerk fürs Schreiben. Ich habe gelernt, unter Zeitdruck zu arbeiten und viel über das Erzählen, über Wende- und Höhepunkte, Konflikte und Figuren gelernt“, so die Autorin. Nach zwei Jahren als Dramaturgin verfasste Freitag selbst Drehbücher für die Serie.
Doch nicht nur beruflich, auch privat hat sich in den vergangenen Jahren einiges bei der Autorin getan. Weil ihr Mann nach dem Studium berufsbedingt von Berlin nach Hamburg zog, folgte sie ihm schließlich nach. 2013 kam ihr erster Sohn zur Welt. Mittlerweile ist Freitag Mutter von zwei heute fünf- und achtjährigen Söhnen. Seit zwei Jahren lebt die Familie in Reinbek.
Volontariat bei Hamburger Verlag
Nach einigen Jahren in der Filmbranche kam bei Freitag der Wunsch auf, zum Verlagswesen zurückzukehren. „Ich fing als Volontärin beim Hamburger Hörbuchverlag Jumbo noch einmal ganz von vorne an“, sagt Freitag. Dort war sie als Lektorin tätig. „Ich finde es sehr spannend, mit Texten zu arbeiten“, so die 39-Jährige.
Doch immer stärker wuchs auch der Wunsch, selbst kreativ zu werden. „Dadurch, dass ich Autoren und deren Werdegänge kennenlernte, rückte der Wunsch, Schriftstellerin zu sein, der früher undenkbar schien, wieder in greifbare Nähe“, so Freitag. Sie bekam einen Kontakt zu Dragonfly, dem Kinder- und Jugendbuch-Imprint von Harper Collins. Mit diesem verlegte Freitag die Bilderbuchreihe Pia Pustelinchen. Über den Kinderbuchbereich kamen Kontakte zur Belletristik. Der Verlag fragte, ob Freitag auch für diesen Bereich schreiben möchte. Sie bejahte – mit der Vorgabe, über die DDR zu schreiben. Denn: „Meine Eltern und Großeltern stammen aus Ostberlin. Ich selbst habe einige Jahre in der DDR gelebt und von meiner Familie viel aus erster Hand erfahren. Spätestens seit dem Studium ist mein Interesse an diesem Kapitel der deutschen Geschichte sehr groß“, so Freitag. „Als der Vertrag für das erste Buch stand, war das Gefühl irgendwo zwischen juhu und ogottogott“, sagt die Autorin.
Aktueller Roman handelt von Flucht und Vertreibung
Sieben Monate hatte sie Zeit für über 300 Seiten. Jeden Morgen, wenn ihre Söhne in der Kita und in der Schule waren, setzte sie sich an den Schreibtisch und schrieb. „Mal läuft es besser, mal läuft es schlechter. Schreibkrisen habe ich mindestens einmal in der Woche“, sagt Freitag. Und was macht sie dann? „In die Badewanne legen. Das ist mein zweiter Arbeitsplatz. Dann sprudeln die Ideen oft wieder.“
Ihre Romane, „Die Seebadvilla“ und „Das Haus des Leuchtturms“ kamen beim Publikum gut an. Ihr aktuelles Buch handelt von Flucht und Vertreibung. Als Freitag den Roman schrieb, ahnte sie noch nicht, wie aktuell die Thematik zum Erscheinungstermin sein wird. Die Geschichte spielt 1945 auf Rügen. Zwei Frauen, Edith und Alma, sind die Hauptfiguren.
Frauenfiguren basieren auf Großeltern
Nach einer beschwerlichen Flucht aus Hinterpommern hat Edith Rügen erreicht. Dort versucht sie, sich ein neues Leben aufzubauen und mit dem Verlust ihrer Heimat klarzukommen. Sie kommt auf einem Bauernhof an, der Geflüchteten eine Heimat bietet. Dort lebt sie mit der Bauernfamilie und Flüchtlingsfamilien zusammen – und trifft auf Alma, die Tochter des Bauern.
Zwischen den Frauen entwickelt sich eine Freundschaft. Denn die beiden verbindet das Hoffen und Bangen um einen geliebten Menschen: Edith vermisst ihre auf der Flucht verloren gegangene Schwester und Alma ihren Verlobten, der in Kriegsgefangenschaft ist. Ob die beiden noch leben, ist ungewiss.
Das nächste Buch ist schon in Planung
Obwohl die Geschichte selbst fiktiv ist, basieren die Figuren auf zwei realen Menschen: Nämlich auf den Großmüttern von Freitags Mann. „Ich kenne sie seit 20 Jahren, sie sind fast wie meine eigenen Omas“, so die Autorin. Eine von ihnen ist Bauerntochter, die Familie nahm damals Flüchtlinge auf. Die andere ist aus Hinterpommern geflüchtet. „Ihre Erzählungen haben mir sehr beim Schreiben geholfen“, so Freitag.
Die Premierenlesung findet am Dienstag, 26. April, um 19.30 Uhr in der Reinbeker Stadtbibliothek (Hamburger Straße 4-8) statt. Eintrittskarten gibt es für sechs Euro im Vorverkauf in der Stadtbibliothek oder an der Abendkasse. „Ich freue mich sehr, bin aber auch sehr aufgeregt“, so Freitag. „Vor allem, weil ich vielleicht einige bekannte Gesichter im Publikum sehe.“ Übrigens: Schluss ist mit Roman Nummer drei noch lange nicht. Der nächste steht schon in den Startlöchern. Freitag: „Nach dem Manuskript ist vor dem Manuskript.“