Friedrichsruh. Dirk Rossmann und Ralf Hoppe haben einen zweiten “Öko-Thriller“ geschrieben. Er entstand größtenteils im Sachsenwald.
Seit Wochen steht das Buch ganz oben auf der Spiegel-Bestseller-Liste, es wird zurzeit in mehrere Sprachen übersetzt und wurde prominent vor „Tagesschau“ und „Heute“ beworben. Entstanden ist der Öko-Thriller „Der Zorn des Oktopus“ von Dirk Rossmann und Ralf Hoppe größtenteils im Sachsenwald – nämlich in der Bismarckschen Jagdhütte und im Atelier des Aumühler Künstlers Ralf Hoppe in Friedrichsruh. Doch von Sachsenwald-Idylle ist in dem Bestseller nur wenig zu spüren. In dem Buch geht es um die derzeit wichtigste Frage der Menschheit: die unmittelbar bevorstehende Klimakatastrophe. Und um die Frage, wie man sie aufhält.
Öko-Thriller "Der Zorn des Oktopus" steht auf der Spiegel-Bestseller-Liste
Ralf Hoppes Atelier- und Schreibwerkstatt im ehemaligen Marstall der Bismarcks ist groß und lichtdurchflutet, aber der loftartige Raum kühlt im Winter schnell aus. Für das Interview hat der 62-Jährige den kleinen Kaminofen angeheizt und hält eifrig das Feuer in Gang. Der Blick aus den Fenstern geht auf das Bismarcksche Schloss. Drinnen: ein langer Arbeitstisch, ein Klavier, ein Schlagzeug, Malutensilien, Werkzeug, Bücher. Hoppe serviert Kaffee und pafft seine Pfeife, er rückt ein voluminöses Plüschtier beiseite, das sich auf dem Sofa fläzt – ein achtarmiger Tintenfisch mit Kulleraugen.
„Den Oktopus hat mir Dirk Rossmann geschenkt in Anspielung auf die beiden Bücher. Ich bin nicht unbedingt der Plüschtier-Typ; aber der Oktopus ist so etwas wie unser Emblem für die bedrohte Natur, auch Sinnbild für unsere Zusammenarbeit.“ Es gab nämlich Gründe für das Präsent: Denn am ersten Thriller „Der neunte Arm des Oktopus“ hatte Hoppe bereits als Berater mitgewirkt, am Nachfolger „Der Zorn des Oktopus“ stieg er dann als gleichberechtigter Co-Autor ein. Es sei eine perfekte Symbiose zweier kreativer Köpfe gewesen, so beschreibt er es. Entstanden aus einem Zufall.
Bekannter Journalist und Drogerie-Unternehmer schreiben gemeinsam ein Buch
Denn es war tatsächlich ein Zufall, der die beiden Männer zusammenführte. Drogerie-Unternehmer Dirk Rossmann (75) war vor zwei Jahren auf der Suche nach einem Profi, der sich mit dem Erzählen von Geschichten auskennt – und sprach mit einem ehemaligen „Spiegel“-Geschäftsführer. Dem kam sofort Ralf Hoppe in den Sinn. Kein Wunder: Gut zwei Jahrzehnte arbeitete der gelernte Journalist für das Nachrichtenmagazin, in diesen Jahren führten ihn Reportagen in viele Krisengebiete dieser Welt, wurden seine Texte preisgekrönt.
Geschichten erzählen kann Ralf Hoppe. Und Bücher schreiben auch. Er hatte zuvor Drehbücher geschrieben, auch den Krimi „Kopf“, das Kinderbuch „Rupert und der dünne Mann“, er hatte im Team Sachbücher verfasst und einen Gedichtband veröffentlicht.
Im neuen Buch spielt en Quantencomputer eine wichtige Rolle
Und das ist noch nicht alles: Wenn der Aumühler Künstler nicht schreibt, zeichnet er, arbeitet an Klang- und Lichtinstallationen oder komponiert und spielt Jazzmusik. Langeweile kennt er also nicht. Dennoch musste er nicht lange überlegen, als die Anfrage von Dirk Rossmann kam.
Von da an ging es Schlag auf Schlag: Gerade mal fünf Monate, von März bis September, hatten Rossmann und Hoppe Zeit, um die 603 Seiten zu schreiben, auf denen die Menschheit vor dem Untergang gerettet wird. Eine wichtige Rolle spielt in dem Buch ein Quantencomputer, der allerdings in die Hände eines Verbrechers gerät. Und nur ein kleiner Beamter und eine temperamentvolle Millionärin sind in der Lage, die Geschichte zu einem guten Ende zu führen.
Hoppe lernte Arabisch, spricht etwas Farsi und Armenisch
Es ist ein dichtes Buch geworden, voller Fakten, Personen und Wendungen, angereichert mit viel persönlicher Lebensgeschichte der beiden Autoren. „Der Protagonist, Thomas Pierpaoli, ein Beamter, ist zum Beispiel einer wahren Person nachempfunden, die ich mal in Schweden interviewt habe. Auch dieser nette Schwede war ein kleiner Beamter, der plötzlich und unverschuldet in die Hände der CIA geriet und im Gefängnis landete. An solche Geschichten und Charaktere erinnert man sich plötzlich wieder, wenn man sie braucht. Und dann merkt man, ja, sie passen gut ins Konzept einer fiktiven Figur.“
Ein anderes Beispiel, erzählt Hoppe, sei eine Szene, die – ebenfalls leicht – verfremdet, Eingang ins Buch fand – nämlich ein bewaffneter Raubüberfall. „Auch das habe ich selbst erlebt“, sagt Hoppe, „und zwar im Irak. Dort kamen solche bewaffneten Überfälle auf der Autobahn nach der amerikanischen Invasion häufig vor. Zum Beispiel, wenn man von Jordanien nach Bagdad fuhr.“ Hoppe kennt nicht nur solche Situationen, er kennt auch den Orient – als Journalist, aber auch als Teil seiner Biografie. Er lernte Arabisch, spricht etwas Farsi und flüssig Armenisch. Denn er wurde als Sohn eines deutschen Ingenieurs und einer Armenierin in Teheran geboren und hat die ersten sechs Jahre in Persien gelebt. 1965 zog die Familie nach Wolfsburg.
"Wir haben unsere Botschaft in eine hoffentlich spannende Geschichte gepackt"
Die komplexe Thriller-Geschichte ist konsequentes Teamwork – entstanden am Kamin im Atelier, auf Spaziergängen im Sachsenwald oder in der Lüneburger Heide und in Bismarcks Jagdhütte. „Sechs Wochen lang haben wir da in aller Abgeschiedenheit zu dritt oder viert gehaust, fieberhaft von morgens bis abends an dem Buch gearbeitet und uns von Spaghetti und Dosensuppen ernährt“, erzählt Hoppe. Der Dritte im Team war der Drehbuchautor Oliver Keidel. Er half, den Spannungsbogen bis zum Schluss zu halten.
Viele Diskussionen über den Verlauf der Geschichte habe es zwischen Rossmann und Hoppe eigentlich nicht gegeben. Die beiden Männer verstehen und mögen sich, sind grundehrlich miteinander. Vielleicht weil sie sich in gewisser Weise ähnlich sind: Beide sind viel gereist, spielen gern Skat und Schach. Beide haben sich einen neugierigen Blick auf die Welt bewahrt; vor allem aber haben beide eine Mission: „Wir wollen einen Denkanstoß geben, dass es so wie jetzt nicht mehr lange gut gehen wird. Wir wollten aber kein Pamphlet schreiben, das niemand versteht. Wir haben unsere Botschaft in eine hoffentlich spannende Geschichte verpackt, um sie zahlreichunter die Leute zu bringen.“
Normalverdiener Hoppe und Rossmann als Milliardär
Das ist ihnen gelungen. Mehr als 400.000 Exemplare vom ersten Buch, dem „Neunten Arm“, und mehr als 200.000 Exemplare vom „Zorn des Oktopus“ wurden bereits verkauft. Das erste Buch ist in Polen, Ungarn, in der Türkei, Südkorea und Tschechien erschienen und könnte – mit etwas Glück – sogar demnächst verfilmt werden. „Zumindest gibt es Anfragen und Verhandlungen“, sagt Hoppe.
Dass der Thriller über Wochen auf der Bestsellerliste stehen wird, damit hat Ralf Hoppe nicht gerechnet. Dirk Rossmann hingegen schon: „Der Mann ist Unternehmer. Er beherrscht seine Zahlen“, sagt Hoppe. Außerdem sei Rossmann Marketing-Experte -- der große Erfolg dürfte auch ein Stück weit in seiner massiven Bewerbung in den Medien begründet sein. „Es ist natürlich ein Vorteil, wenn man über einen großen Werbeetat verfügt“, sagt er. Ansonsten spiele das Thema Geld zwischen ihm als Normalverdiener und Rossmann als Milliardär keine Rolle. „Dirk Rossmann ist auf seine Art bescheiden geblieben. Das mag ich an ihm.“
Erste Ideen für einen dritten Thriller gibt es bereits
Rossmann wäre aber kein erfolgreicher Unternehmer geworden, wenn er den Erfolg nicht weiterentwickeln würde. Kein Wunder also, dass er nach zwei Bestsellern noch einen draufsetzen und Ralf Hoppe als Autor bei Teil drei wieder dabeihaben möchte: „Ich zögere noch ein wenig. Ich habe bei Band zwei alles gegeben, es hat mich ein Jahr verschlingender Arbeit gekostet.“ Zeit, die dann weniger für seine Installationen, seine Malerei und seine geliebte Jazzmusik bleibt.
Die Geschichten aber beginnen bereits in Hoppes Kopf zu kreisen, schon blättert er wieder in alten Notizbüchern aus „Spiegel“-Zeiten auf der Suche nach neuen Akteuren, Wendungen, Schauplätzen. „Danach ist aber Schluss mit dem Oktopus-Thema. Mehr als eine Trilogie wird es nicht werden“, sagt Hoppe. Fest steht auch: „Es wird wieder ein Happy End geben. Das brauchen Dirk Rossmann und ich einfach.“
- Von bettelarm zu milliardenschwer: Dirk Rossmann, der Pionier des Drogeriemarktes
Schon Dirk Rossmanns Eltern betrieben eine kleine Drogerie in zweiter Generation am Rand von Hannover. Der Vater stirbt früh, die Verhältnisse waren „bettelarm“, sagt Rossmann selbst.
Mit 12 Jahren verdient er sein eigenes Geld mit dem Weiterverkauf von Drogeriemarkt-Artikeln, die er selbst billiger einkaufte. Den Gewinn legt er früh in eine Eigentumswohnung an.
Nach dem Hauptschulabschluss absolvierte er eine Ausbildung zum Drogisten.
Mit 25 Jahren (1972) eröffnete er, kurz vor der Aufhebung der Preisbindung für Drogeriewaren, seinen ersten Drogeriemarkt mit Selbstbedienung in Hannover.
Heute gehört das Unternehmen in Familienhand mit 56.500 Mitarbeitern und 4.361 Filialen zu den größten Drogeriemarktketten in Europa. 2021 erzielte es einen Umsatz von 11,1 Milliarden Euro.