Reinbek. Einige Betten auf der Intensivstation sind noch frei. Aber wenn es so weitergeht, müssen erneut Operationen verschoben werden.
Die gute Nachricht zuerst: So angespannt wie die Lage in den Kliniken im Süden und Osten Deutschlands ist sie im Reinbeker St. Adolf-Stift noch nicht. Dennoch sind die hohen Infektionszahlen auch hier zu spüren: „Die Zahl der Patienten, die mit schweren Corona-Verläufen zu uns kommen, steigt seit einer Woche sprunghaft an“, sagt Krankenhaussprecherin Andrea Schulz-Colberg.
Aktuell werden hier acht Covid-Patienten behandelt, davon sechs auf der Intensivstation, fünf werden invasiv beatmet. Die Wochen zuvor lagen maximal zwei Corona-Kranke gleichzeitig auf der Intensivstation. Bislang wurden seit Juli 17 Patienten auf der Intensivstation behandelt, davon waren 13 ungeimpft.
Von den bisher 510 Corona-Patienten waren nur 24 geimpft
Bei den vier Geimpften, alle über 70 Jahre alt, war die Impfung länger als sechs Monate her, der Immunschutz hatte bereits nachgelassen. Von den insgesamt 510 Corona-Patienten, die seit Pandemiebeginn im Krankenhaus behandelt wurden, waren nur 24 geimpft.
„Wir sehen daher eine klare Schutzwirkung der Impfung gegen einen schweren Verlauf und raten auch zum Boostern, vor allem bei Risikopatienten“, sagt Schulz-Colberg.
Alter der Verstorbenen mit Covid-19 sinkt
Auffällig ist auch, dass das Alter derjenigen, die die Viruserkrankung nicht überlebten, mit den Wellen abnimmt: 106 Covid-Patienten sind bereits verstorben. „Die meisten Toten gab es bislang in der zweiten Welle“, sagt Schulz-Colberg, denn da gab es für die Hochbetagten und Mehrfacherkrankten noch keinen Impfschutz. Waren die Toten anfangs durchschnittlich 86 Jahre alt, sind sie jetzt 75 Jahre alt.
Der Anteil der schwer erkrankten Männer ist mit 279 Personen etwas höher als der der Frauen (231 Personen). Auch sind die Männer im Durchschnitt mit 66 Jahren zwei Jahre jünger als die weiblichen Covid-Patienten im St. Adolf-Stift.
Krankenhaus kann seine Kapazität an Intensivbetten verdoppeln
Die Behandlung der Erkrankten ist zeit- und pflegeintensiv. Der Patient bleibt durchschnittlich zehn Tage im Krankenhaus, Intensivpatienten sogar noch vier Tage länger. Zehn Betten stehen derzeit auf der Intensivstation zur Verfügung.
Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, könnte das Krankenhaus seine Kapazität an Intensivbetten kurzfristig auf 20 Betten verdoppeln. „Für die Aufstockung der Intensivbetten müssten aber viele geplante Operationen abgesagt werden, um das pflegerische und ärztliche Personal für die sehr aufwendige Behandlung auf der Intensivstation freizusetzen“, sagt Schulz-Colberg.
Personal ist dem Haus treu geblieben
Pflegepersonal gibt es im Krankenhaus glücklicherweise noch genug, die Angestellten sind dem Krankenhaus treu geblieben: „Das liegt sicher auch daran, dass wir die Mitarbeitenden durch wohlüberlegte Entscheidungen, Transparenz und Wertschätzung immer mitgenommen haben.
Das spricht sich herum, sodass wir sogar Personal aus anderen Einrichtungen hinzugewinnen konnten“, sagt Pflegedirektor Nils-Michael Wulf. Trotz der angespannten Lage sei die Stimmung im Haus nach wie vor gut.
Aktuell ist noch keine zweite Isolierstation notwendig
Dennoch wächst auch unter dem Pflegepersonal und der Ärzteschaft die Sorge, dass die vierte Welle Stormarn hart erwischen könnte, und die Maßnahmen aus der Politik zu spät greifen. Dann müssten nicht lebensnotwendige Operationen, wie schon in der zweiten Welle, verschoben werden.
„Aktuell operieren wir das normale Programm. Wir rechnen aber damit, dass auch bei uns die Intensivstation noch voller wird und wir dann planbare Operationen wieder verschieben müssen. Da fahren wir auf Sicht“, sagt Professor Stefan Jäckle, Ärztlicher Direktor.
Tägliche Krisensitzungen mit Lagebewertung
In täglichen Krisensitzungen analysiert die Krankenhausleitung die Lage und entscheidet, ob eine zweite Isolierstation für Covid-Patienten eingerichtet werden muss. „Das ist aktuell aber nicht notwendig“, sagt Schulz-Colberg. Notwendig aber ist angesichts steigender Inzidenzen ein Besuchsstopp im Krankenhaus. Angehörige von Schwerstkranken, Sterbenden und werdende Väter sind davon ausgenommen.