Friedrichsruh. Für ihre Pferderentner auf dem Gnadenhof in Friedrichsruh macht die Bürgerpreiskandidatin alles. Wir erzählen ihre Geschichte.
An erster Stelle stehen für Martina Schooff die Tiere: Ob Pferd, Hund oder Katze – bei ihr finden alle ein Zuhause. Ihr Tag beginnt früh um 4 Uhr: Mit dem ersten Kaffee schnappt sie sich die Hunde Gretl und Brixia und fährt zu ihrem Gnadenhof hinter dem Schmetterlingspark, um die 28 Pferde zu füttern und zu versorgen. Einige ihrer Schützlinge brauchen Medizin, denn die meisten sind Pferderentner oder chronisch krank. Auch für Katzen, Igel und Füchse fällt noch etwas ab.
Bei Martina Schooff stehen die Tiere an erster Stelle
Von der kleinen Schoko, die jetzt zehn Monate alt ist und von einem Fohlenvermehrer stammt, bis zum alten Lorett (32) mit Sehnenschäden haben es alle Pferde gut bei ihr: Sie können sich frei auf der Koppel bewegen, wenn es heiß ist im Bach planschen. „Ich habe gerade wieder einen Anruf bekommen“, erzählt die Pferdeliebhaberin. „Eine Pferdebesitzerin fragte, ob es einen Platz für ihre ältere Stute auf meinem Hof gibt. Wegen eines Herzklappenfehlers ist sie nicht mehr reitbar.“
Doch alle 28 Plätze sind belegt, Martina Schooff konnte der Frau nur einen Einstellplatz für 250 Euro im Monat mit Vollversorgung anbieten. „Meine Steuerberaterin hat mir dringend dazu geraten, zwei Einsteller anzunehmen, damit wenigstens etwas Geld regelmäßig in die Kasse fließt“, erzählt Schooff.
Martina Schooff ist die Beziehung zum Tier das Wichtigste
Doch das war der Pferdebesitzerin für ein unreitbares Tier zu viel. „Sie will ihre Stute nur noch loswerden“, stellt die 52-Jährige verärgert fest. „So etwas kann ich nicht verstehen. Das Pferd hat ihr wahrscheinlich jahrzehntelang treu gedient.“ Denn für Martina Schooff ist nicht der Reitsport, sondern die Beziehung zum Tier das Wichtigste. „Man kann so viel mehr mit einem Pferd tun als reiten: Bodenarbeit, Zirkustricks oder einfach spazieren gehen“, hält sie fest.
Für ihren Einsatz im Tierschutz ist Martina Schooff jetzt für den Bergedorfer Bürgerpreis 2021, gestiftet von der Volksbank Bergedorf und unserer Zeitung, nominiert.
Die Berufsberaterin sagte: „Oder sie fangen bei uns an“
Erst nach der Versorgung der Vierbeiner hat die Friedrichsruherin Zeit zum Duschen und fährt zur Arbeit, einem Teilzeitjob als Sekretärin in der Wohnungswirtschaft. Denn die Zeit für die Tiere war schon bei ihrer Berufswahl das ausschlaggebende Kriterium. „Ich hatte ein Angebot für eine Ausbildung als Bereiterin nahe Hannover“, erzählt Martina Schooff.
Doch in dieser Ausbildung hätte sie täglich mehrere Stunden fremde Pferde reiten müssen. Für ihren Bento, einen Holsteiner-Connemara-Mix, hätte sie kaum noch Zeit gehabt. Das kam nicht infrage. Lachend erzählt sie: „Mein Testergebnis bei der Berufswahl fiel etwas überraschend aus: Ich sollte Opernsängerin werden! Dabei hatte ich weder besonders viel für Musik übrig, noch konnte ich singen.“ Die Berufsberaterin fügte noch hinzu: „Oder sie fangen bei uns an.“
"Meine Eltern hatten mit Tieren nichts am Hut"
Tatsächlich war bei der Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten Gleitzeit möglich. „Ich fing um 7 Uhr an und konnte um 15 Uhr Feierabend machen und zu Bento fahren“, erzählt die Pferdefreundin und schwärmt „Der hatte sich so toll entwickelt.“
Woher ihre Liebe zu Tieren rührt, weiß niemand. „Meine Eltern hatten mit Tieren nichts am Hut“, erzählt sie. Noch nicht einmal einen Hasen durfte sie haben. „Aber mein Opa hat mich schon aufs Pferd gesetzt, als ich noch Windeln trug“, erinnert sich die Friedrichsruherin. Martina Schooff wuchs in Hamburg-Billstedt auf und verbrachte bald jede freie Minute beim Ponyreiten nahe dem Öjendorfer Park. Sie war ein Pferdemädchen, wie es im Buche steht, schuftete nur, um abends die Ponys zurück in den Stall reiten zu dürfen. Wie alle Pferdemädchen war sie hart im Nehmen und extrem uneitel.
Bis Corona den Gnadenhof über Crêpes-Verkäufe auf Reitturnieren finanziert
Tatsächlich hielt ihr Großvater in seinem Testament fest, dass die Großmutter ihr, sobald die Enkelin alt genug sei, ein eigenes Pony kaufen sollte. Und so bekam Martina Schooff mit zwölf Jahren ihren Bento. Bedingung: Die Schule durfte nicht leiden. Das bekam die Jugendliche hin. „Meine Eltern haben den Kopf geschüttelt, aber ich habe im tiefsten Schnee mit meinem Schlitten über 3,5 Kilometer Heu und Stroh zu meinem Pferd geschleppt“, erinnert sie sich. „Für ihn habe ich alles getan, Autos gewaschen und Rasen gemäht.“
Mit dem Wallach und weiteren befreundeten Pferdebesitzerinnen kam Martina Schoof auch auf den Hof in Friedrichsruh. „Doch wie das so ist mit jungen Leuten, sind sie nach und nach in alle Richtungen verschwunden. Nur Bento und ich blieben übrig“, erzählt die Tierschützerin. Damit er als Herdentier nicht allein bleibt, suchte sie ihm ein „Gesellschaftspferd“, ein alte Stute aus dem Springsport, die niemand mehr haben wollte. „Das war 1985 und hat sich irgendwie verselbstständigt“, stellt Martina Schooff fest. Heute kursiert ihre Handynummer auch bei Tierschutzhöfen und Veterinärämtern, weil alle wissen, dass sie alten und kranken Pferden ein schönes Zuhause bietet. Bis zur Corona-Krise hat sie den Gnadenhof über Crêpes-Verkäufe auf Reitturnieren und Weihnachtsmärkten finanziert.
Ein Spendenaufruf hat ihren Hof in Friedrichsruh gerettet
Doch bis heute darf sie noch nicht wieder auf Turnieren verkaufen. Ein Spendenaufruf hat ihren Hof gerettet. Ein Verein und Patenschaften sichern das Futter sowie den Unterhalt für ihre Schützlinge. Zudem hat sie jetzt mehr Helfer. „Aber es gibt noch so viel zu tun, und ich habe noch so viele Ideen“, sagt Martina Schooff. Ihre Tierliebe scheint endlos, ihre Zeit ist es nicht.