Reinbek. Ein Teil darf bebaut werden, wenn der Rest frei bleibt – und der Investor etwas der Stadt abtritt. Bürgerentscheid abgelehnt.
Günstiger Wohnraum contra Klimaschutz hieß es erneut in der jüngsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses in Reinbek: Drei Anträge drehten sich um das Thema Holzvogtland, die freien, derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen zwischen Prahlsdorf und Schönningstedt. Diesmal jedoch fassten die Politiker mehrheitlich zwei Grundsatzbeschlüsse, die einen Kompromiss zwischen den beiden Haltungen wagen. Der von der FDP beantragte Bürgerentscheid wurde indes zum aktuellen Zeitpunkt mehrheitlich abgelehnt.
In der Kommunalpolitischen Fragestunde meldeten sich zunächst zwei Reinbekerinnen, denen vor allem der Erhalt der freien Grünflächen am Herzen lag. Patricia Böge von der Bürgerinitiative Holzvogtland bat die Fraktionen um schriftliche Stellungnahmen, warum sie für oder gegen den Bürgerentscheid zur Bebauung des Holzvogtlandes stimmen wollten. Die Reinbekerin Silke Althoff appellierte an die Politiker, bei ihren Entscheidungen auch den Klimaschutz sowie die Wechselwirkung eines großen Neubauquartiers auf die anderen Stadtteile zu berücksichtigen.
Bürger meldeten sich in der Fragestunde zunächst zu Wort
Günther Herder-Alpen, Fraktionschef der Grünen, brachte den ersten Grundsatzantrag vor: Demnach darf das 5,3 Hektar große Areal südlich des Kampsredders bebaut werden, sofern das übrige Gelände von Holzvogtland und Steinerei frei bleibt und nicht weiter versiegelt wird. Herder-Alpen warnte abermals vor Flächenfraß und Versiegelung, wies aber auch auf die Notwendigkeit neuer, bezahlbarer Wohnungen hin.
Die FDP wollte in diesem Grundsatzbeschluss indes noch weitergehen, und eine Bebauung für die gesamte Fläche ausschließen, wie Volker Dahms für seine Fraktion erläuterte: „Ein großflächiges Neubaugebiet wird nur für den Zuzug von Externen sorgen.“ Er führte an, was dies Reinbek kosten würde: zusätzliche Kita- und Schulplätze. „Das neue Schulzentrum kostet Reinbek gut 30 Millionen Euro“, warnte er.
Stadt will mit eigenen Flächen handlungsfähig bleiben
Sowohl SPD als auch CDU wollten den Kompromiss der Grünen zwar mittragen, jedoch nicht den Schritt der Liberalen mitgehen. „Gar nichts zu machen, ist nicht zu verantworten“, sagte Antje Pfeiffer (CDU). „Wir brauchen einen starken Mittelweg. Es wird hier suggeriert, dass Reinbek sich nicht verändert, wenn nicht mehr gebaut wird, aber das stimmt so nicht. Die Preise werden weiter steigen.“ Auch Nikolaus Kern, SPD-Fraktionschef, sagte: „Wir werden das Problem der teuren Wohnungen nicht allein durch Nachverdichtung lösen.
Als Christian Bode (FDP) sich dazu ausließ, dass seine Fraktion nicht grundsätzlich gegen Neubau sei, es aber doch etwas kleinflächiger wünsche als vorgesehen, platzte Günther Herder-Alpen der Kragen: „Ich wundere mich ein bisschen, dass wir der davongaloppierenden PR-Maschine eines Investors hinterherrennen. Wir haben hier das Baurecht und die Bauhoheit unserer Stadt dürfen wir nicht aus der Hand geben.“
Mit dem zweiten Antrag der Grünen, den Markus Linden vorstellte, wurde dieser Anspruch noch bekräftigt: Investoren sollten nur dann Baurecht im Außenbereich erhalten, wenn ein Teil des Neubaugebietes an die Stadt Reinbek für dauerhaft günstiges Wohnen oder für kommunale Zwecke übergehe. „Mit eigenen Flächen wird die Stadt wieder handlungsfähig“, unterstrich Linden. „Dies wird bereits in vielen Kommunen Deutschlands so betrieben und zwar sehr erfolgreich.“ Der Änderungsantrag der FDP, die zu übergebenden Flächen auf Quadratmeter und Jahre festzulegen, fand indes keinen Zuspruch.
Antrag für Bürgerentscheid wird abgelehnt
Der Seniorenbeiratsvorsitzende Heinz-Dieter Weigert appellierte vor der Abstimmung an die Politiker, dass Reinbek dringend Grundstücke für barrierefreie Pflegewohngemeinschaften brauche: „Jeder von Ihnen kann einen Schlaganfall bekommen“, rief er. „Dann bekommen Sie vielleicht einen Pflegeplatz im Norden oder in Neumünster, aber nicht hier, wo Ihre Angehörigen wohnen.“ Auch dieser Antrag der Grünen wurde mehrheitlich angenommen.
Der FDP-Antrag, einen Bürgerentscheid zur Holzvogtland-Bebauung anzustrengen, fand keine Zustimmung. „Trauen Sie den Bürgern zu, sich eine eigene Meinung zu bilden?“, fragte Volker Dahms. Herder-Alpen entgegnete: „Ja, wir Grüne trauen das den Bürgern zu. Aber jetzt ist dies der falsche Zeitpunkt. Jetzt müssen wir doch erst einmal wissen, was sagen die Investoren zu unseren Grundsatzbeschlüssen und wie verhalten sie sich dazu?“ Seine Bitte, den Antrag vorerst zurückzuziehen, verhallte ungehört.