Wentorf. Gemeinde plant Areal rund um die Danziger Straße. Großes Potenzial in Privathaushalten und hohe Förderung durch Bund und Land.

Yvonne Hargita ist die erste Klimaschutzmanagerin im Wentorfer Rathaus.
Yvonne Hargita ist die erste Klimaschutzmanagerin im Wentorfer Rathaus. © BGZ | Ann-Kathrin Schweers

53 Prozent der Treibhausgasemissionen werden in Wentorf durch Wärme verursacht. 29 Prozent durch den Stromverbrauch. Der relevanteste Verursacher sind zu Dreiviertel die privaten Haushalte. „Hier liegen also die größten Potenziale, Emissionen zu reduzieren und in der Folge zu vermeiden“, erklärt Wentorfs Klimaschutzmanagerin Yvonne Hargita. Diese Zahlen sind Ergebnisse einer mit dem Unternehmen OCF Consulting durchgeführten Treibhausgasbilanz im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes. Ein Wohnquartier ist durch einen potenziell hohen Wärmeverbrauch aufgefallen. Dort will die Gemeinde mit einem Quartierskonzept ansetzen.

Im Planungs- und Umweltausschuss am Dienstag, 15. Juni, von 19 Uhr an wird im Rathaus, Hauptstraße 16, darüber entschieden, ob die Gemeinde für die Durchführung eines integrierten Quartierskonzeptes einen Förderantrag stellt und ein Ingenieurbüro beauftragt. Die Kosten lägen bei 87.000 Euro. Der Bund fördert die Umsetzung des Konzeptes über das KfW-Programm 432 mit 75 Prozent. Vom Land Schleswig-Holstein könnten weitere 15 Prozent kommen. „Der Eigenanteil der Gemeinde würde bei etwa 9000 Euro liegen“, so Yvonne Hargita. Die hohe Förderquote verdeutliche die „Relevanz der Maßnahme für die Reduzierung von Energieverbrauch und Emissionen.“ Das Konzept stelle eine große Säule im kommunalen Klimaschutz dar.

Mehrparteienhäuser an der Danziger Straße mit hohem Wärmebedarf

Bei dem Kerngebiet des Quartiers handelt es sich um den Bereich Danziger Straße. Die dortigen Mehrparteienhäuser weisen einen potenziell hohen Wärmebedarf auf. „Eine entsprechende Wärmekarte wurde im Herbst 2020 erstellt“, sagt sie. „Als Datengrundlage dienen Grundfläche der Gebäude, die Gebäudenutzung und die Etagenanzahl.“ Konkrete Daten vom E-Werk Sachsenwald erhält die Gemeinde aus Datenschutzgründen nicht.

Interessant ist dieser Bereich auch, da sich die Gemeinschaftsschule und der Standort für den Neubau der Feuerwache in der Nähe befinden. „Während die Schule aufgrund des Lehrschwimmbeckens und des Alters der Heizungsanlage von Interesse ist, bietet vor allem der Neubau die Möglichkeit, ihn energetisch in das umliegende Quartier einzubinden, und damit auch den Anspruch eines innovativen und zukunftsweisenden Gebäudes zu erfüllen“, erklärt Yvonne Hargita.

Blockheizkraftwerke wären eine umweltfreundliche Heizalternative

Um die Potenziale eines Quartiers hinsichtlich leitungsgebundener Wärmeversorgung, Solarenergienutzung, klimafreundlicher Mobilität und Anpassung an den Klimawandel zu erfassen, soll innerhalb eines Jahres ein integriertes Quartierskonzept erstellt werden.

Hier kann beispielsweise auch geprüft werden, wie ein Blockheizkraftwerk (BHKW) dimensioniert sein müsste, wenn sich in den kommenden zehn Jahren absehbar verschiedene Eigentümer aufgrund anstehender Heizungserneuerungen anschließen möchten. Der Einsatz eines BHKW minimiert Emissionen, Energiekosten und schont Ressourcen. Es gilt als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Heizsystemen. Die Potenziale der Reduktion von Emissionen lägen je nach Sanierungsstand der Gebäude und den umgesetzten Maßnahmen bei bis zu 75 Prozent.

Vorausschauend planen und Synergien erschaffen

Die Verwaltung ist am Thema dran, hat Gespräche mit drei Wohnungsbaugesellschaften geführt, die im Quartier oder in der unmittelbaren Nähe vermieten. Diese zeigten laut Yvonne Hargita großes Interesse. „Da für eines der Unternehmen im kommenden Jahr ein Heizungstausch ansteht, befinden sich die Akteure gerade in dem idealen Zeitfenster für die Konzepterstellung“, meint die Klimaschutzmanagerin.

Auch mit Eigentümern von Einfamilienhäusern, die ihre Heizungsanlagen erneuern möchten, kommt die Gemeinde gerne ins Gespräch. Veranstaltungen sind im Laufe der Konzepterstellung geplant. „Die Idee ist es, vorausschauend zu planen und Synergien zu erschaffen“, so Yvonne Hargita. Einige klimaschonende Technologien könnten sich für Einzelne nicht lohnen, im Zusammenschluss jedoch schon.

Beratungsangebote für Hauseigentümer sind möglich

Aufgrund von Anfragen soll neben dem Kerngebiet Danziger Straße/Gemeinschaftsschule/Feuerwehrneubau auch der Bereich Hansestraße begutachtet werden. Mit einem dann vorliegenden Quartierskonzept wären empfohlene Klimaschutzmaßnahmen für Wohnungsbaugesellschaften förderfähig. Zudem hat die Gemeinde die Möglichkeit, sich eine externe, auf drei Jahre befristete Stelle für ein Sanierungsmanagement fördern zu lassen. Diese wäre mit der Umsetzung des Konzeptes betraut. Auch Beratungsangebote für Hauseigentümer sind möglich. „Dieses Quartierskonzept würde für Wentorf derzeit ein Alleinstellungsmerkmal im Südosten Schleswig-Holsteins bedeuten und damit wegweisend für die umliegenden Gemeinden und den kommunalen Klimaschutz sein“, erklärt Yvonne Hargita.

Sie geht davon aus, dass die Politiker des Planungs- und Umweltausschusses sowie die Gemeindevertreter den Antrag in dieser Woche annehmen. Innerhalb von drei Monaten erwartet sie die Förderzusage. Dann kann das Quartierskonzept ausgeschrieben werden. „Im Spätherbst könnte es losgehen“, sagt Yvonne Hargita. Einer der ersten Schritte ist die Bestandsaufnahme mit den Akteuren des Quartiers. „Aufgrund der Daten zu Gebäudezuständen, den Heizungsanlagen und Nutzerverhalten folgen Berechnungen“, so Yvonne Hargita. Daraus lassen sich Möglichkeiten zur klimafreundlichen und wirtschaftlichen Wärmelieferung im Quartier ableiten.