Reinbek. Die Stimmung in der Fragestunde zum Bauprojekt war angespannt. Dann kam die Aussage, die das Fass zum Überlaufen brachte.
Die Bauausschusssitzung am Dienstagabend in Reinbek endete mit einem Eklat. Bauamtsleiter Sven Noetzel verließ mit seinen Kollegen den Holsteinsaal des Sachsenwaldforums noch bevor die Sitzung so richtig begonnen hatte. Der Grund? Vermeintliche Korruptionsvorwürfe gegen das Bauamt. Was war passiert?
Schon vor den Äußerungen des Stadtverordneten Jari Grünig (FDP) in Richtung des Bauamtes war die Stimmung in der Einwohnerfragestunde angespannt. Rolf Wessel hatte Hunderte Kilometer aus Karlsruhe, seinem Hauptwohnsitz, auf sich genommen, um kritische Fragen zum umstrittenen Bauprojekt der Firma Buhck an der Stettiner Straße in Neuschönningstedt loszuwerden.
Reinbeks Bauamtsleiter verlässt Ausschuss nach Vorwurf
Das Streitthema belastet nun auch das Vertrauensverhältnis zwischen Politik und Verwaltung. Wie berichtet, werfen Anwohner dem Bauamt vor, eine Planung genehmigt zu haben, die wegen der überschrittenen Geschossflächenzahl gegen den geltenden Bebauungsplan verstoße. Das Bauamt beruft sich dagegen auf eine geänderte Gesetzgebung.
Wessel wollte wissen, warum er als Bürger keine Einsicht in die Akten erhalte. Auf ein Kreuzverhör wollte sich Bauamtsleiter Noetzel jedoch nicht einlassen. Wessel ist der Verwaltung bereits durch vorherige Anfragen bekannt.
Grünig stellt Vorwurf über „Unregelmäßigkeiten“ in den Raum
Die Aussage, die das Fass zum Überlaufen brachte, bezog sich schließlich auf Noetzels Reaktion zur Bürgeranfrage. FDP-Vertreter Grünig sagte: „Es gab in der Vergangenheit schon Fälle von finanziellen Unregelmäßigkeiten im Rathaus. Ich erwarte von der Verwaltung, dass sie mit ihren Handlungen einen solchen Verdacht gar nicht erst aufkommen lässt.“
Das Bauamt sah darin einen schwerwiegenden Vorwurf der Bestechlichkeit. Auch Antje Pfeiffer (CDU) reagierte prompt: „Mit solchen ominösen Anschuldigen sollte man vorsichtig sein. Die Verwaltung leistet sehr gute Arbeit.“
Verwarnung vom Ausschussvorsitzenden bleibt aus
Noetzel gab dem Ausschussvorsitzenden Volker Dahms (FDP) unmissverständlich zu verstehen, dass die Verwaltungsmitarbeiter sofort gehen werden, wenn dieser keinen Ordnungsruf, also eine Verwarnung, gegen seinen Parteikollegen Grünig ausspreche. Dahms anschließende Reaktion ging dem Verwaltungsfachmann wohl nicht weit genug.
„Die Äußerung von Herrn Grünig war nicht sachdienlich und nah an einem Ordnungsruf, so habe ich es gesagt“, erklärt Dahms. Er hätte Verständnis dafür gehabt, die Sitzung für eine Aussprache zu unterbrechen, für den Abgang der Verwaltung habe er jedoch kein Verständnis.
Bürgermeister Warmer will „konsequent handeln“
Nachrichten und Anrufe prasselten noch am Dienstagabend auf Bürgermeister Björn Warmer ein, der selbst nicht vor Ort war. Dass seinen Mitarbeitern Bestechlichkeit vorgeworfen worden sei, das habe den Verwaltungschef „kalt erwischt“. Bereits im Herbst vergangenen Jahres musste Warmer während einer politischen Sitzung deutliche Worte in Richtung von Bürgern finden, die solche Anschuldigungen gegenüber der Verwaltung geäußert hatten.
„Bei so einem Angriff ist es legitim zu sagen, das können wir mit uns nicht machen lassen. Es gibt Grenzen“, sagt Warmer. Er will sich aber nicht auf Hörensagen berufen. „Es ist mir wichtig, dass am Ende eine völlige Klarheit darüber besteht, welche Vorwürfe im Raum stehen“, so Warmer. Darüber hinaus sei er „sehr entschlossen, konsequent zu handeln“.
Krisensitzung des Ältestenrats für Donnerstag einberufen
Für den heutigen Donnerstag ist eine Sitzung des Ältestenrats einberufen worden, auch auf Wunsch der anderen Fraktionen.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Bernd Uwe Rasch hat die Sitzung selbst als Besucher miterlebt und sagt: „Ich denke, es gab eine Reihe von Missverständnissen. Ich gehe davon aus, dass wir diese aus dem Weg räumen können.“ Laut Rasch bezögen sich Grünigs Anschuldigungen auf einen jahrzehntealten Vorfall. Er missbillige die Äußerung jedoch. Rasch: „Wir werfen keinem Mitarbeiter der Verwaltung etwas vor. Im Gegenteil. Sie leisten überwiegend gute Arbeit.“
Grünig war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen
Grünig, der im Nachgang am Mittwoch nicht für eine persönliche Stellungnahme zu erreichen war, sei laut Rasch verärgert darüber gewesen, dass Bauamtsleiter Sven Noetzel auf sämtliche Anfragen der Bürger „pikiert geantwortet“ und abgeblockt habe. Noetzel habe „überreagiert“, sein Verhalten während des Bauausschusses hält Rasch für „nicht tragbar.“