Reinbek. Bürgermeister des Mittelzentrums forderten mit Nachdruck den Start des Impfzentrums in Reinbek. Jetzt reagiert der Gesundheitsminister.

63 Prozent aller Norddeutschen sind nach einer Studie der Uni Hamburg bereit, sich impfen zu lassen. Doch das ist nicht so einfach: Nicht nur, dass der Impfstoff zuerst den Gruppen zukommt, die ein besonders hohes Risiko der Infektion tragen, nämlich den Menschen in pflegerischen und medizinischen Berufen sowie den Menschen, die älter sind als 80 Jahre.

Bisher sind in Stormarns einzigem Impfzentrum in Bad Oldesloe erst 4150 Menschen geimpft worden. Es bleibt weit unter seinen Kapazitäten. Landesweit wurden insgesamt 90.793 Schleswig-Holsteiner zum ersten Mal geimpft, 33.032 zum zweiten Mal. Die erste Gruppe der Impfberechtigten im Land umfasst 345.000.

Erst 15.509 Menschen ab 80 Jahren haben Termine

72.348 Menschen, die älter als 80 Jahre alt sind, sind bereits angeschrieben. Termine haben bisher aber nur 15.509 vereinbart. Das Vakzin ist zwar knapp, doch dieser letztgenannten Gruppe der Impfberechtigten wird es vor allem oft unmöglich, die wenigen Impfzentren überhaupt zu erreichen.

Dabei stehen weitere, nahe gelegenere Impfzentren bereits in den Startlöchern. Lukas Kilian hat bereits gefordert, das geplante Impfzentrum im Reinbeker Jürgen-Rickertsen-Haus in Betrieb zu nehmen, jetzt wenden sich auch die Bürgermeister Björn Warmer (Reinbek), Rainhard Zug (Glinde), Dirk Petersen (Wentorf), Thomas Schreitmüller (Barsbüttel) und Jürgen Hettwer (Oststeinbek) in einem Brandbrief an Sozialminister Dr. Heiner Garg.

Der Impfstoff soll gleichmäßig verteilt werden

Darin fordern sie eine Perspektive für Reinbek zur Wahrnehmung der Versorgung ihrer Region. „Wir halten diesen Zustand für untragbar und fordern Sie mit Nachdruck dazu auf, den Betrieb dieser Impfeinrichtung zu starten!“, heißt es in ihrem Schreiben. Tatsächlich hatten die Forderungen offenbar Erfolg: Das Ministerium gab gestern in einer Pressemitteilung bekannt, dass ab 1. März die 13 übrigen Impfzentren im Land öffnen sollen. In einer E-Mail bestätigt Ministeriumssprecher Marius Livschütz unserer Redaktion, dass darunter auch Reinbek und Geesthacht seien – sofern der Impfstoff ausreicht.

„Da kann man irgendwann nicht mehr mit dem Impfstoff argumentieren“, sagt Wentorfs Bürgermeister Dirk Petersen. „Der muss gleichmäßig im Land verteilt werden. Kiel ist offenbar zu weit weg, die wissen gar nicht, was hier los ist. Die Menschen wollen sich doch impfen lassen.“

Stormarns Landrat erwartet mehr Verbindlichkeit

Für die derzeit zum Impfen aufgerufene Bevölkerungsgruppe jenseits der 80 Jahre sei dies jedoch nicht leistbar. „Das zeigt uns eine für uns kaum noch überschaubare Menge von Anrufen und Zuschriften zeigt“, erzählt Björn Warmer. „Weder Mölln noch Bad Oldesloe sind für diese Altersgruppe mit vertretbarem Aufwand erreichbar. ÖPNV-Verbindungen sind erlebbar umständlich und beschwerlich.“ Den Weg mit dem meist gar nicht vorhandenen eigenen Pkw anzutreten, sei gerade bei dem aktuellen Winterwetter für Seniorinnen und Senioren nicht zumutbar. „So bleibt den älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern nur das Abwarten mit unklarer Perspektive“, stellt Reinbeks Bürgermeister fest.

Unterstützt werden die Verwaltungschefs von Stormarns Landrat Dr. Henning Görtz (CDU) sowie den Landtagsabgeordneten Lukas Kilian (CDU) und Martin Habersaat (SPD). Im Südosten Schleswig-Holsteins ende die Impfstoffversorgung bisher entlang der Linie Bad Oldesloe – Mölln. Die Bürgerinnen und Bürger aus dem südlich dieser Linie liegenden Landesteil, unter anderem dem teils dicht besiedelten „Hamburger Osten“, seien darauf angewiesen, kaum begründbare, weitere Wege auf sich zu nehmen. „Ich habe völliges Verständnis für diese Forderungen“, sagt Landrat Görtz. „Wir haben einen Großteil der Stormarner Bevölkerung im Südkreis. Sicher, der Impfstoff ist knapp, wahrscheinlich rennen wir in Kiel offene Türen ein. Aber uns fehlt die Verbindlichkeit.“ Dabei erwarte er keinen Stormarner Sonderweg, sondern mehr Impfzentren in sämtlichen Landkreisen. „In Geesthacht und Mölln haben wir dieselbe Situation“, stellt er fest.

„Wir fühlen uns vergessen“

Der Reinbeker Martin Habersaat, Vize der SPD-Landtagsfraktion, unterstreicht: „Die Impfzentren müssen auf jeden Fall öffnen. Die Regierung sollte die Öffnung nicht von der Zahl der gelieferten Impfdosen abhängig machen, sondern die vorhandenen Dosen so verteilen, dass in der Fläche Impfangebote gemacht werden können und lange Fahrten vermieden werden.“

„Wir fühlen uns vergessen“, sagt Rainhard Zug. „Es kann nicht sein, dass 80.000 Menschen aus unserer Region zum Impfen nach Bad Oldesloe müssen und dass Menschen, die 80 oder 88 Jahre alt sind, auf so eine Reise geschickt werden. So geht man nicht mit alten Menschen um.“ Dabei liege die Lösung nah, im wahren Sinne des Wortes, heißt es im Brief. Das Impfzentrum Reinbek ist binnen Tagesfrist startklar und kann gemeinsam mit den oben genannten Einrichtungen die Versorgung wahrnehmen, bis sämtliche Impfzentren ihren Betrieb aufnehmen. „Wir formulieren diesen Brief bewusst nicht allein als Bitte, sondern als Ausdruck unserer klaren Erwartungshaltung“, stellen die Bürgermeister in ihrem Schreiben klar.