Reinbek. Die Pflegeschule des St.-Adolf-Stiftes bietet zum 1. März noch freie Ausbildungsplätze. Ein Azubi berichtet über seine Arbeit.
Zuerst hatte Moritz Radde noch ganz andere Pläne für sein Berufsleben. Der Börnsener wollte Medizin studieren. Doch ein Langzeitpraktikum im Krankenhaus St.-Adolf-Stift in Reinbek gab schließlich den Ausschlag dafür, dass der heute 20-Jährige auf eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger umschwenkte. „Es ist in diesem Krankenhaus einfach alles sehr familiär, man kennt sich. Das hat mir gefallen“, erzählt er.
Verbände anlegen, Medikamente vorbereiten und geben, Katheter legen oder auch Patienten waschen – „Mit Krankenpflege hatte ich vorher nie etwas am Hut“, gesteht der junge Mann. „Man kommt den Menschen schon sehr nahe, aber wir werden da herangeführt.“ Und mögliche Berührungsängste? „Das gibt sich mit der Zeit“, beruhigt Moritz Radde.
„Das Virus gehört für uns zum beruflichen Alltag“
Stattdessen habe er erlebt, wie gut es tue, kranken Menschen zu helfen. „Es macht richtig Freude, wenn ich sehe, wie es einem Patienten, der beatmet werden musste, wieder besser geht“, erzählt der 20-Jährige. „Ich habe einem dieser Menschen geholfen, als der sich zum ersten Mal an der Bettkante wieder aufsetzen durfte.“
Moritz Radde, der bald in das dritte Ausbildungsjahr geht, hat den ersten Lockdown im Reinbeker Krankenhaus miterlebt, und auch, wie eine normale Krankenhausstation zur Covid-19-Station umgebaut wurde.
Krankenhaus in Reinbek bildet seit 1952 Pflegekräfte aus
Auch den Corona-Ausbruch im St.-Adolf-Stift hat er zu spüren bekommen: „Ich habe meinen Urlaub verschoben, damit ich helfen kann, weil sich einige Kollegen infiziert hatten“, berichtet er. „Ich selbst hatte aber eher wenig Angst vor Corona. Denn wir waren gut geschützt und wurden auch laufend getestet.“ Der Ausbruch kam schnell unter Kontrolle. „Mittlerweile gehört das Virus für uns zum beruflichen Alltag“, stellt der angehende Gesundheits- und Krankenpfleger fest. „Ich kann es mir gar nicht mehr vorstellen, ohne Maske durch das Krankenhaus zu gehen.“
Während der Pandemie einen Ausbildungsplatz zu finden ist nicht immer einfach. Doch in der Pflegeschule des Krankenhauses Reinbek sind zum 1. März noch sechs Ausbildungsplätze frei. In diesen Zeiten gilt der Pflegeberuf als systemrelevant und erhält immer mehr gesellschaftliche Anerkennung. Das Krankenhaus Reinbek bildet bereits seit 1952 Pflegekräfte aus. Seit einem Jahr in der sogenannten generalistischen Ausbildung.
Anerkennung für Pflegekräfte im zweiten Lockdown abgeflaut
Schulleiterin Christa Knigge sagt: „Damit sind unsere Azubis noch breiter aufgestellt: Sie können noch nach ihrem Examen entscheiden, wo sie tätig sein wollen: in der Krankenpflege, in der Altenpflege oder in der Kinderkrankenpflege – in allen Bereichen wird die Übernahme fast garantiert, es ist ein wirklich krisensicherer Job. Und der Abschluss ist auch in der EU anerkannt.“
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Die vergleichsweise hohe Zahl an freien Plätzen liege daran, dass coronabedingt keine Orientierungspraktika angeboten werden konnten und auch die Ausbildungsmessen ausgefallen seien. Ein Motiv für die Berufswahl wurde während der Vorstellungsgespräche in jüngster Zeit häufig genannt: Wegen der aktuellen Situation habe man gemerkt, wie wichtig es sei, dass es in Deutschland ausreichend Pflegekräfte gebe. Die Pflege sei ein gesellschaftlich relevanter Beruf.
Wenn es um Anerkennung geht, bekommt der Pflegeberuf nach Ansicht von Moritz Radde aber noch nicht genug: „Meine Freunde sagen, wenn sie von meinem Beruf hören: ,Wow! Das könnte ich nicht.’ Damit meinen sie genau die angesprochenen Berührungsängste.“ Während des ersten Lockdowns hätten Lieferanten kostenlos Essen ins Krankenhaus gebracht und die Pflegekräfte hätten Geschenke bekommen. Aber all dies sei schon im zweiten Lockdown wieder abgeflaut.
Anschließendes Studium nach der Arbeit möglich
Über einen Werbefilm des Bundesfamilienministeriums für den Pflegeberuf habe er sich richtig geärgert: „Darin wird alles ins Lächerliche gezogen. Das sollte wohl witzig sein“, sagt Moritz Radde. „Aber stattdessen würde ich mir mehr ehrliche Anerkennung für und ehrliche Aufklärung über unseren Beruf wünschen. Wir wollen ernst genommen werden.“
Während der Ausbildung hat der junge Mann auch belastende Tage erlebt. „Da frage ich mich schon manchmal: ,Warum mache ich das eigentlich?’“, erzählt er offen. „Aber selbst, wenn ein Patient stirbt, kann man es ihm noch einmal richtig schön machen“, hat er erfahren. „Wir können seine Schmerzen zumindest lindern und wenn er keine Angehörigen hat, seine Hand halten. Dafür müssen wir uns die Zeit nehmen und das machen wir auch“, sagt der 20-Jährige.
Zu seinem Beruf gehöre so viel mehr, als nur Patienten zu versorgen und zu verbinden: Möglich seien außerdem ein anschließendes Studium, eine Stationsleitung oder auch eine Qualifizierung etwa für die Assistenz im OP. Moritz Radde möchte sich in Richtung Intensivpflege und Anästhesie weiterbilden.
Adolf-Stift bietet pro Jahr 150 Ausbildungsplätze
Das Reinbeker Krankenhaus bietet im Jahr 150 Ausbildungsplätze in insgesamt sechs Kursen. Die Ausbildungskurse beginnen am 1. März sowie am 1. September. Die dreijährige Ausbildung ist in Theorie- und Praxisblöcke aufgeteilt.
Kira Plöhn wird die neue Klassenlehrerin des nächsten St.-Adolf-Kurses. Aktuell betreut die Pädagogin die Schüler im Examen und sagt: „Coronabedingt können wir leider nicht vor Ort in der Klasse unterrichten, aber wir haben uns beim Online-Unterricht wirklich gut eingegroovt. Die Schule ist gut ausgestattet und kann bis zu vier Klassen parallel im Homeschooling unterrichten.“ Jeder Kursus habe seinen eigenen Bereich auf dem Server und über eine gemeinsame Plattform könnten sich die jungen Leute über allgemeine Schulthemen informieren. „Und wenn ein Schüler mal Probleme mit der Technik hat, gibt es von mir auch schon mal telefonischen Support“, erzählt Kira Plöhn.
Jüngere Jahrgänge dürfen nicht auf den Covid-Stationen arbeiten
Die Ausbildungspraxis in der Klinik läuft wie geplant. Allerdings üben die Azubis die Praxis manchmal auf einer anderen Station als vorgesehen, weil die jüngeren Jahrgänge nicht auf den Covid-Stationen arbeiten dürfen. Zuerst müssen sie eine gewisse Sicherheit und Routine erlangen. Jutta Lingelbach, in der Schulleitung für die Organisation zuständig, erläutert: „Aber der Abschlussjahrgang soll unter realen Bedingungen lernen und arbeiten. Dazu gehören auch die Schutzkleidung sowie regelmäßiges Testen des Personals und der Patienten.“
- Zahlen, Daten, Fakten zur Pflegeausbildung
Die Pflegeausbildung beginnt jeweils am 1. März und 1. September eines Jahres und dauert drei Jahre. Sie ist im Blocksystem organisiert. In 2100 Theoriestunden unterrichten Pädagogen eine Klasse mit 25 Schülern in Lernfeldern wie Erkrankungen, Kommunikation und Gesundheitsförderung. Die Praxis macht 2500 Stunden aus. Die Nachwuchskräfte werden auf den Stationen der Unfallchirurgie, Gynäkologie und Kardiologie angelernt und können ihr Wissen in Einsätzen auf der Schulstation und bei Praktika in der ambulanten und stationären Pflege vertiefen.
Azubis erhalten 30 Tage Urlaub pro Jahr und von Beginn an eine Ausbildungsvergütung. Im ersten Lehrjahr sind es 1140 Euro und 270 Euro Urlaubsgeld plus 78 Prozent eines Monatsgehalts als Weihnachtsgeld.
Was sollte man mitbringen, um die Ausbildung gut bewältigen zu können?
Schulleiterin Jutta Lingelbach antwortet: „In der Pflege sollte man kommunikativ sein, gern mit Menschen und im Team arbeiten. Wir freuen uns, wenn der Nachwuchs gern Verantwortung übernimmt und sich auch selbst strukturieren kann.“Nach bestandenem Examen erhalten Pflegekräfte derzeit nach Tarif (AVR der Caritas) 2890 Euro brutto Grundgehalt auf den normalen Stationen oder 3067 Euro brutto Einstiegsgrundgehalt für Examinierte, die in Funktionsabteilungen wie dem OP oder der Intensivstation arbeiten.
Zum Gehalt kommen Zeitzuschläge für Wochenend-, Nacht- und Feiertagsdienste. Danach erhöht sich der Verdienst nach Berufserfahrung oder weiteren Zusatzqualifikationen.www.krankenhaus-reinbek.de/pflegeschule