Reinbek/Wentorf. Ein Virus wirbelt Weihnachten in diesem Jahr durcheinander. Wir haben darüber mit Reinbekern und Wentorfern gesprochen.
Wie feiern Sie in diesem Jahr Weihnachten? Ist dies in einem Jahr, in dem alles anders ist, überhaupt möglich? Und wenn ja, in welcher Form wird es dieses Mal stattfinden? Familientreffen mit Weihnachtsgans oder lieber in ganz kleinem Kreis nur mit der eigenen Familie – ohne Oma und Opa oder die Enkel?
„Für mich wird das schon ein bisschen traurig“, sagt etwa Gisela Mathiszik. Seit Jahren habe sie jedes Jahr zu Weihnachten ihren Sohn und seine Familie in Kalifornien besucht. „Da bin ich gleichzeitig dem deutschen Winter entflohen“, sagt die Reinbekerin. Seit sie Witwe sei, seien die Besuche in den USA noch wichtiger für sie gewesen. „Jetzt werde ich wahrscheinlich bei meiner Nichte feiern.“
Natürlich werde sie auch mit Sohn Boris, seiner amerikanischen Frau und den drei Enkelkindern skypen. Wegen der Zeitverschiebung von neun Stunden ist das dann nicht am Heiligen Abend, wenn in Deutschland überall die Kerzen angezündet werden, möglich. „Wenn es bei uns 18 Uhr ist, stehen meine Kinder in Kalifornien gerade erst auf“, erklärt Gisela Mathiszik.
Das Coronavirus sorgt für ein anderes Weihnachtsfest als sonst
Auch für Simon Bauer und seine kleine Familie gestaltet sich das Christfest ein wenig anders. „Normalerweise feiern wir jedes Jahr mit meinen Schwiegereltern zusammen in Halle“, erzählt der Leiter der VHS Sachsenwald. Diesmal kommen Oma und Opa zu Tochter, Schwiegersohn und Enkelin nach Reinbek. „Dafür nehmen wir die Kleine zur Sicherheit vorzeitig aus der Kita und begeben uns in freiwillige Quarantäne“, sagt er.
Roland Mörschel aus Reinbek hingegen feiert mit seinen Kindern und der Enkelin genauso wie jedes Jahr. „Bei wem wir uns letztendlich treffen, haben wir noch nicht entschieden.“ Auf jeden Fall werden die beiden erwachsenen Kinder mit ihren Partnern und der kleinen Svea mit Oma und Opa zusammen Heiligabend verbringen.
An Weihnachten gemeinsam Kartoffelsalat mit Würstchen essen
Bei Reinbeks Vorsitzendem des Seniorenbeirats, Dr. Heinz-Dieter Weigert (71), und seiner Frau Christel Osbahr (68), die sich als Stadtverordnete für die Grünen engagiert, schwebt eine dunkele Wolke überm Weihnachtsfest: Tradition war es, mit Osbahrs Mutter Anni zu feiern. „Vor einem Jahr war sie noch quietschfidel, im September ist sie verstorben“, sagt Weigert. Die coronabedingte Isolation im Altenheim habe seine Schwiegermutter schwer mitgenommen. Osbahr und ihr Mann hoffen nun, dass ihre Schwester Karin (64) aus Stuttgart kommen kann.
An den Weihnachtstagen wird dann gemeinsam gekocht: Es gibt Kartoffelsalat mit Würstchen, Ente und Gänsekeule – die Lieblingsspeisen der verstorbenen Schwiegereltern. Seine Nichte wird Heinz-Dieter Weigert nicht an der Ostsee besuchen können, das Weihnachtspaket für deren acht Jahre alte Tochter Tilda ist schon unterwegs. „Sie freut sich auf ihren Tiger von Steiff“, sagt Weigert. „Es tut langsam weh, dass man Freunde und Familie nicht sehen kann. Aber in der jetzigen Situation sind wir einfach froh und dankbar, dass wir gesund sind.“
Wentorfs Bürgermeister steht hinter dem Herd und bekocht seine Familie
Bei Familie Petersen ist Weihnachten alles anders. Nicht nur, dass Wentorfs Bürgermeister Dirk Petersen hinterm Herd steht und seiner Töchter Carla (20) und Emma (22) zuliebe vegan kocht, auch ist das Zusammenkommen mit der Familie seiner Frau Esther undenkbar. „Für gewöhnlich sind wir Heiligabend in der Kirche und dann bei meinem Schwiegervater in Bergedorf. Wir singen unterm Weihnachtsbaum, und dann gibt es Geschenke. Das wird mir fehlen“, sagt Petersen.
„Aber: wir sind privilegiert und können im kleinen Kreis feiern. Ich denke an die Menschen, die allein sind, das stimmt mich traurig.“ Das vegane Festmenü bei Familie Petersen: Vorab Zwiebelsuppe, als Hauptgang Kartoffelgratin mit Salatbeilage und als Nachspeise Selleriemousse.