Reinbek. Nach 30 Jahren löst sich die kultige Rock-’n’-Roll-Band auf. Die Gründe - und ein Rückblick auf die bewegte Geschichte
Die Crazy Crackers waren 30 Jahre lang ein Garant für gute Laune, für tanzende und singende Menschen auf den Feten der Region. Ob auf dem Stadtfest in Bergedorf, den Maibaumfeten in Reinbek oder auf den kleinen Bühnen in den Pubs und Clubs. Doch jede Party ist irgendwann einmal vorbei und so sagen die Rock ’n’ Roller in ihrem Jubiläumsjahr Tschüs. Nach vielen Höhen und Tiefen, Schicksalsschlägen und Neuanfängen, war zuletzt einfach „die Luft raus“, wie Drummer und Crackers-Urgestein Diethard „Didi“ Joppich (56) sagt.
„Es kriselt schon länger bei uns“, gesteht Joppich, der als letztes Mitglied 30 Jahre mit von der Partie war. Die Trennung ist für ihn auch befreiend. Kräftezehrend sei es gewesen, jedes zweite Wochenende auf der Bühne abzuliefern. Zuletzt habe auch die Corona-Krise an der Motivation der Jungs genagt, wie Pianist Tyll Utesch (31) verrät.
Crazy Crackers standen häufig vor Zerreißproben
Auch die bewegte Bandgeschichte hatte Spuren hinterlassen. 1981 zunächst als Reinbeker Schülerband gegründet, erwachte die Gruppe erst am 15. September 1990, zum ersten großen Konzert in der Schönningstedter Mühle, so richtig zum Leben. Darauf folgten mit den Jahren immer wieder Zerreißproben: Etwa 2008, durch den tödlichen Unfall des beliebten Gitarristen Kai „Vino“ Wiener, 2016, als der ursprüngliche Sänger mit dem stilechten Elvis-Hüftschwung Andy Scholz die Band verlassen hatte oder 2018, als Bassist André Dorow sich nach einem Zusammenbruch auf der Bühne ins Private zurückzog.
Als das passierte, war Dorow erst Mitte 30, nimmt sich seitdem eine Auszeit von der Musik. Das Ende der Crackers bedauert er dennoch: „Es ist eine absolute Schande, aber ich kann Didi verstehen. Wenn die Luft raus ist, macht es keinen Sinn mehr“, sagt er.
Mit 16 Jahren war er der Band 1999 beigetreten. Spannend, so als pickelgesichtiger Teenie zwischen echten Rockern, sagt er heute. „Es war Musik machen mit Kumpels“, sagt Dorow. Bereits in seinem ersten Jahr hatte er in der zerstörten Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina für dort stationierte Nato–Soldaten im deutschen Feldlager Railovac spielen dürfen.
„Ein Highlight“, sagt André Dorow. „Es ist toll, wenn man den Leuten beim Auftritt direkt in die Augen schauen kann, da gibt es so ein Knistern. Aber es hat auch was, auf der großen Bühne vor 4000 Menschen zu stehen.“
Unvergessen: Proben im DLRG-Haus am Tonteich und Gigs in verrauchten Kiezkneipen
Beides taten die Crackers im Laufe der Jahre. Didi Joppich denkt gern an die Zeit zurück, als die Band im DLRG-Haus am Tonteich in Wohltorf probte oder verrauchte Kellerkneipen wie den Cotton Club in Hamburg abklapperte. Sicherlich wird Joppich auch nicht vergessen, in den 90ern nach einem Gig bei der Eröffnung des Cinemaxx-Kinos in München an der Bar mit den Schauspielern Willem Dafoe und Horst Buchholz ein Bier getrunken zu haben.
Rund um Lohbrügge, wo er aufwuchs, ist Didi Joppich bekannt wie ein bunter Hund. Optimale Voraussetzungen, um auch mit der nächsten Band durchzustarten. Eines ist sicher, so verrückt wie vor 30 Jahren ist Joppich auch heute noch. „Das Durchgeknallte fehlte dafür bei den Crackers zum Schluss“, bedauert er.
„Behaltet die Crazy Crackers in guter Erinnerung“
Jetzt groovt sich Didi Joppich mit seinem ehemaligen Bandkollegen André Dorow und mit dem Crackers-Pianisten Tyll Utesch neu ein. Auch Thorsten Stöckel von der Band Mad Man Mike & The Rhythm Devils war bei ersten Jam-Sessions dabei.
Was aus der Truppe wird? Noch unklar. Weitergehen soll es aber gewohnt rockig, vielleicht mit ein wenig mehr Swing, wie Joppich erklärt. „Und nicht mehr so exzessiv“, sagt er. „Dennoch: Musik zu machen, macht Spaß, und es ist ein guter Ausgleich“, sagt Joppich, der als pflegerischer Leiter der Intensivstation der LungenClinic in Großhansdorf arbeitet.
Hoffen auf ein Crackers-Revival? Das können die Fans wohl vergessen. Didi Joppich zumindest hat einen Schlussstrich gezogen. „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, findet er. Die Menschen sollten die Crackers doch lieber in guter Erinnerung behalten. Das will auch er tun, und zwar als einen verrückten Haufen guter Kumpels, die eine Menge Spaß bei dem hatten, was sie liebten: die Bühnen zu rocken.