Reinbek. Reinbek fährt gut mit Infektsprechstunden. Gemeinschaftspraxis am Rosenplatz fordert mehr Testzentren anstelle von Fieberambulanzen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn fordert zur kalten Jahreszeit die flächendeckende Einrichtung von Fieberambulanzen. Diese sollen Arztpraxen deutschlandweit entlasten, Infektionen im Wartezimmer verhindern. Anbieten sollen sie die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen. In Schleswig-Holstein sieht die Kassenärztliche Vereinigung jedoch keinen Handlungsbedarf. Das Land fahre einen guten Kurs mit der Versorgung durch Infektsprechstunden niedergelassener Ärzte, so die KVSH.

„Dabei handelt es sich quasi um Fieberambulanzen, sie sind genau dafür da, um symptomatische und asymptomatische Patienten voneinander zu trennen. Die Sprechstunden dienen auch als Schutzwall für Kliniken, damit die sich auf die stationäre Behandlung von Patienten konzentrieren können“, erläutert KVSH-Pressesprecher Nikolaus Schmidt. Im St. Adolf-Stift in Reinbek werden nur Covid-19-Patienten behandelt, die aufgrund ihrer Symptome stationär aufgenommen werden müssen, wie Klinik-Sprecherin Andrea Schulz-Colberg erklärt. Patienten mit leichten Verläufen seien grundsätzlich Aufgabe des ambulanten Sektors. Seit März waren in der Klinik 36 Covid-19-Patienten in Behandlung. Aktuell gibt es keinen Fall im Adolf-Stift.

45 Ärzte in Reinbek und Umgebung bieten Infektsprechstunde

Auch die Klinik befürwortet die Infektsprechstunden. Diese würden in Reinbek gut laufen. 3188 von 4500 Ärzten im Land – hauptsächlich Allgemeinmediziner, Internisten und Kinderärzte – bieten eine solche Sprechstunde auf freiwilliger Basis an. Unter www.arztsuche. kvsh.de sind die Mediziner zu finden, die mitmachen: in Reinbek, Wentorf, Wohltorf, Aumühle, Glinde und Oststeinbek 45 Ärzte.

Per Telefon erhält Dr. med. Jens Christiansen Anfragen für die Infektsprechstunde, die in der Villa Tesch angeboten wird.
Per Telefon erhält Dr. med. Jens Christiansen Anfragen für die Infektsprechstunde, die in der Villa Tesch angeboten wird. © BGZ | Ann-Kathrin Schweers

„Wir haben die Infektsprechstunden recht zügig im Frühjahr eingeführt“, so Nikolaus Schmidt. Die Praxen ermöglichen eine räumliche Trennung der Patienten mit und ohne Symptomen oder bieten separate Sprechstunden an. Sollte sich ein Covid-19-Verdacht erhärten, machen die Ärzte entweder selbst einen Abstrich, oder verweisen die Patienten an eins der zehn Testzentren des Landes.

60 Menschen pro Woche in Villa Tesch getestet

Die Gemeinschaftspraxis der Internisten und Hausärzte Dr. Jens Christiansen und Dr. Kai Kompisch Am Rosenplatz 3 bietet montags bis freitags von 8 bis 9 Uhr eine Infektsprechstunde in der Villa Tesch an und nimmt dort auch Abstriche. Hier gilt: Patienten müssen vorher einen Termin vereinbaren (Tel.: 040/75 11 49 90). Da nicht alle Reinbeker Mediziner auch Corona-Tests anbieten, können sich bei Christiansen und Kompisch nicht nur eigene Patienten, sondern alle Reinbeker melden, die fürchten, am Virus erkrankt zu sein.

Seit drei Wochen testet die Gemeinschaftspraxis pro Woche bis zu 60 Menschen, bislang mit ausschließlich negativen Ergebnissen. Die Ärzte sind ausgelastet. „Ein Testzentrum könnten wir personell nicht leisten“, sagt Christiansen. Generell sei auch die Infektsprechstunde finanziell nicht lukrativ. Hinzu komme der hohe bürokratische Aufwand. Die Praxis sehe sich dennoch der Region gegenüber verpflichtet.

Fieberambulanzen verzichtbar, Abstrichzentren sinnvoll

Fieberambulanzen hält Christiansen für verzichtbar, „weitere Abstrichzentren wären sinnvoller“. Sorgen bereitet dem Internisten die Erkältungszeit. Zu Spitzenzeiten kommen täglich 35 Erkältungspatienten in seine Praxis. „Woher soll da jemand wissen, wer Corona hat und wer nicht? Jeden Tag müsste ein Vielfaches an Abstrichen gemacht werden. Alle Kollegen haben Angst, sich einen Coronafall in die Praxis zu holen.“

Vergangene Woche sind in ganz Schleswig-Holstein rund 31.000 Menschen auf eine Corona-Infektion getestet worden. Die wöchentlichen Kapazitäten des Landes liegen aktuell bei 40.000 Tests. „Die sechs Labore des Landes arbeiten an der Kapazitätsgrenze“, schildert KVSH-Sprecher Schmidt.