Wentorf/Sahms. Unser Land – Unsere Menschen: Gärtner wollte er nie werden. Trotzdem arbeitet der 56-Jährige seit 37 Jahren auf Wentorfs Friedhof.
Nahezu sein gesamtes Leben hat Hagen Slopianka auf einem Grundstück in Sahms gelebt. Er wurde zwar in Mölln geboren, doch wuchsen er und sein Bruder bei ihren Eltern in Sahms auf. Das Haus, das seine Eltern damals noch als landwirtschaftlicher Betrieb erwarben, ist Baujahr 1906. Der Friedhofsverwalter wohnt seit Jahrzehnten in einem Anbau, den er dort selbst hat errichten lassen. Nebenan wohnen noch immer seine Eltern. Sein Vater hatte viele Jahre selbstständig Gemüse angebaut und verkauft. „Wir hatten 1200 Tomatenpflanzen und verkauften sechs Zentner Tomaten an einem Wochenende“, berichtet Kurt Slopianka (85).
Und Hühner gab es auch schon immer auf dem Grundstück. Doch seine Liebe zu den seltenen Hühnerrassen entdeckte Hagen Slopianka erst vor rund zehn Jahren. Sundheimer und Mechelner züchtet er heute. Die beiden Rassen gab es bereits Ende des 18. Jahrhunderts. Die Mechelner stehen auf der Roten Liste zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen. 110 Hühner leben heute in wahren Luxusställen bei den Slopiankas. Keine Rede von Massentierhaltung, unwürdigen Lebensbedingungen oder gar schlechter Ernährung. 80 Küken werden im Schnitt pro Jahr geboren. Im Sommer legen die Federtiere rund 150 Eier in der Woche. Da sie natürlich aufwachsen, ändert sich die Menge mit dem Lauf des Jahres, wie es die Natur vorgibt.
“Meine Tiere haben hier ein gutes Leben“
Die Versorgung von Hühnern ist einfach. Die Wasserspender reichen für mehrere Tage, das Futter gibt die Natur der Wiese her. Einmal täglich füttert sein Vater Körner hinzu.
Doch das Leben auf dem Grundstück des Friedhofsverwalters ist kein Gnadenhof. So werden die Tiere entweder an andere Züchter verkauft oder nach sechs bis acht Monaten geschlachtet. „Das ist nun mal der normale Kreislauf“, beschreibt Hagen Slopianka seine Einstellung. Im Vergleich zur durchschnittlichen Lebensdauer der Hühner, sei das ein langes Leben. Denn in der Verkaufszucht werden sie schon nach 32 Tagen geschlachtet. „Meine Tiere haben hier ein gutes Leben“, betont er. „Täglich haben sie viel Auslauf und werden in den Ställen nicht zusammengepfercht.“
Einmal im Jahr geht er zu einer Hühnerausstellung
Im Winter züchtet Slopianka die Küken in einer Brutmaschine. Die steht sogar im Wohnhaus. 18 Tage werden die Eier automatisch gewärmt und gedreht bis sie im Brutschrank eine Etage höher wandern. Dann
nämlich, wenn das Schlüpfen kurz bevorsteht. Von diesem Zeitpunkt an dürfen die Eier nicht mehr gedreht werden. Drei weitere Tage dauert es, bis die Küken schlüpfen und in einen kleinen Stall mit Wärmeplatten kommen. Hier verbringt der Nachwuchs seine ersten Lebenstage, bis es in den großen Stall geht. Wieder sind die Küken unter sich, in einem besonderen Bereich, denn die Großen sind zu rüpelig für die ganz Kleinen. Einmal im Jahr geht es zur Ausstellung im Züchterverein. Auch wenn es vorher kein Beautyprogramm gibt, hat er schon so manchen Preis mit nach Hause gebracht. Geld verdiene er mit dem Verkauf von Hühnern und Eiern aber nicht, Einnahmen und Ausgaben hielten sich die Waage, sagt er.
Auf dem rund 5500 Quadratmeter großen Areal finden auch einige Apfelbäume Platz. Slopianka schrammt nah an der Selbstversorgung vorbei: Brombeeren, Stachelbeeren, Tomaten, Kräuter, Gurken, Radieschen, Porree, Blumenkohl aber auch Zitronen und Pfirsiche, es gibt kaum ein Gemüse, eine Frucht, die hier nicht wächst. Dazu die Hühner, Eier und eigenes Holz. 1960 baute sein Vater das erste Treibhaus. Sogar einen eigenen Brunnen haben sie, nur für die Bewässerung der Wiesen. In den Blumen flattern Schmetterlinge, Bienen und auch Vögel finden hier ihr Futter. „Grünspechte, Buntspechte sogar einen Eisvogel habe ich am Teich gesehen“, sagt er. Und meint den eigenen Teich im Garten.
Slopianka machte eine Ausbildung zum Maschinenbauer
1983 machte Hagen Slopianka eine Ausbildung zum Maschinenbauer. „Ich wollte nie Gärtner werden“, sagt er. Denn bei seinem Vater Kurt sah er, wie schwer er als Gärtner arbeiten musste, um die Familie zu ernähren. 1974 übernahm dieser die Friedhofsverwaltung in Wentorf. 1983 fing Hagen Slopianka dort als Aushilfe an. Sein Vater war sein Chef. „Das ging sehr gut, wie auch unser Leben auf dem gemeinsamen Grundstück“, sagt er.
Und Slopianka fing Feuer. „Ich habe alles über Garten- und Landschaftsbau aufgesogen.“ In der Tat, scheint er ein wandelndes Lexikon zu sein, wenn es um Naturwissen geht. Für den Friedhof war sein Ziel, das Tannengrundstück in eine abwechslungsreiche Landschaft zu verwandeln. Das ist ihm gelungen, denn der Waldfriedhof nennt sich heute auch „Ein Garten zum Verweilen“. Es bieten sich auf dem hügeligen Gelände wunderschöne Blicke. „Der Friedhof ist mein Dreh- und Angelpunkt“, sagt er. Menschlich sei er direkt, das sei nicht jedermanns Sache. Der Tod gehört für ihn zum Leben dazu, wird er doch täglich mit ihm konfrontiert. Sein Motto: „Mit jedem Menschen der geht, geht auch die Erinnerung“. Darum will er jeden Augenblick genießen.
Würde gern mit Tecker und Zirkuswagen durch Osteuropa fahren
„Doch wenn Kinder sterben, geht es mir nah“, sagt Slopianka. Wenn er aber beobachtet, dass Eltern immer wieder kommen und der Friedhof ihnen ein stückweit Frieden mit dem Schicksal gibt, ist er zufrieden mit seiner Arbeit. Einen großen Traum hegt Hagen Slopianka noch: „Ich würde zu gern mit Trecker und Zirkuswagen durch Osteuropa fahren.“ Ob es noch wahr wird, weiß er nicht. „Doch Träume sind wunderbar, vielleicht wenn ich in Rente gehe“, sinniert er.
Meine Lieblingsorte
1. Der Friedhof in Wentorf: Obwohl ich in der Woche täglich hier bin, so zählt der Friedhof immer noch zu meinen liebsten Orten. Ein kleiner Spaziergang über die wunderschöne Gartenanlage, ist voller botanischer Überraschungen. Die Anlage zählt zu den schönsten Friedhöfen in Schleswig-Holstein. Die Gartenanlage mit ihrem parkartigen Charakter verfügt über einen hundertjährigen Baumbestand. Die Beobachtung der Nistkästen für Bienen, Eulen, Fledermäuse und Singvögel ist ein Erlebnis.
2. Das Arboretum in Ellerhoop ist ein wunderschönes Ziel. Die Gartenschau in Norddeutschland liegt im Kreis Pinneberg. Die gärtnerisch gestaltete Parkanlage befindet sich am Rande der Bilsbek-Niederung. Die Anlage bietet weit mehr als die für ein Arboretum typischen Gehölze. Hier dient der Ort auch der Naherholung und ein Besuch ist für mich immer wieder etwas ganz Besonderes.
3. Der Schaalsee im Herbst Am liebsten bin ich hier, wenn die Kraniche ziehen. Der 24 Quadratkilometer große Schaalsee ist ein See auf der Landesgrenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Er ist einer der tiefsten Seen Deutschlands. Für mich gehört die gesamte Region zu den schönsten in Deutschland. Sie ist sowohl mit dem Fahrrad als auch zu Fuß ein Genuss.