Wentorf/Bergedorf. Kunden können eine fertig gepackte Tüte mit haltbaren Lebensmitteln und Hygieneartikeln spenden. Seit Corona mehr Hilfsbedürftige.

Hilfsbereitschaft und Engagement werden in Wentorf großgeschrieben. Jetzt hat Daniela Snijders eine neue Aktion zugunsten der Bergedorfer Tafel gestartet: Seit dem gestrigen Mittwoch können Kunden zehn Euro für eine fertig gepackte Tüte mit haltbaren Lebensmitteln und Hygieneartikeln spenden. Sie unterstützen damit auch das Projekt Fairtrade Town Wentorf. „In den vergangenen Wochen habe ich festgestellt, dass die Hilfsbereitschaft hier in Wentorf sehr groß ist“, erklärt Daniela Snijders.

Immer wieder kommen Anfragen von Kunden, wie und womit sie anderen, die von der Corona-Krise betroffen sind, helfen können. „Auf der einen Seite gibt es diese tolle Solidarität, auf der anderen Seite herrscht bei vielen Menschen große Not“, sagt die Geschäftsfrau. Mit der neuen Spendenaktion hat sie die ideale Plattform gefunden, um beide Seiten zu vernetzen. Seit der Geschäftsübernahme im Oktober 2015 unterstützen Daniela und Wolfgang Snijders, Inhaber des Edeka-Marktes Snijders, die Bergedorfer Tafel bereits mit Lebensmittelspenden und anderen Hilfsgütern.

Beutel für Begedorfer Tafel hat Ware im Wert von zehn Euro

Im Eingangsbereich des Supermarktes steht unübersehbar eine große Box, voll gepackt mit den Tüten, die die Aufschrift „Wir sind fairrückt. Und Du?“ tragen. Jede Tüte wiegt gute sechs Kilo. Davor hat Daniela Snijders noch einen offenen Einkaufskorb gestellt, der genau die gleichen Produkte enthält – nur deutlich sichtbar. „Wir haben haltbare Grundnahrungsmittel und Hygieneartikel in die Tüten gepackt“, erklärt sie, denn genau diese Produkte sind bei den Bedürftigen am meisten gefragt.

Jeder Beutel enthält Waren im Wert von zehn Euro – genau der Spendensumme entsprechend. „Wir verdienen natürlich nichts an der Aktion“, erklärt Wolfgang Snijders, „unser Beitrag sind die Arbeitskraft beim Packen der Tüten und die Werbung dafür“.

Seit 25. Oktober ist Wentorf eine „Fairtrade Town“

Wentorf darf sich seit dem 25. Oktober 2019 Fairtrade Town nennen. Bürgermeister Dirk Petersen war mit zwei Mitgliedern der Steuerungsgruppe Fairtrade Town zum Auftakt der Aktion gekommen. „Ich freue mich über diese tolle Initiative“, sagt Petersen. Wegen der Corona-Krise ist es zurzeit nicht möglich, öffentliche Veranstaltungen, die über das Thema Fair Trade informieren, durchzuführen. Deshalb begrüßt er die Aktion sehr. „Hier werden zwei faire Aspekte verbunden: Fair gehandelte Produkte werden nach vorn gebracht und Bedürftige erhalten Unterstützung.“ In den gepackten Tüten befinden sich allerdings keine Fairtrade-Produkte, sondern der Spender erhält als Dankeschön eine Tafel Fairtrade-Schokolade und der Schriftzug auf der Tüte weist auf den Gedanken des fairen Handels hin.

„Wir haben viele gute Ideen zum Thema, die jetzt in der Schublade liegen“, bedauert Simone Lummitsch von der Fairtrade-Town-Steuerungsgruppe der Gemeinde. Sobald es wieder erlaubt ist, wird es wieder Veranstaltungen geben. „Wir sehen uns mit dieser Initiative als Vorreiter für andere Einzelhändler“, erklärt Bürgermeister Petersen. Er lobte Daniela Snijders, die sich gern sozial engagiert und nur eine Woche gebraucht hat, um das Projekt zu realisieren.

Zahl der Hilfesuchenenden steigt weiter an

Für die Bedürftigen, die von der Bergedorfer Tafel unterstützt werden, ist diese Hilfe ein wichtiger Schritt, um den Alltag leichter zu meistern. „Wir mussten am 16. März den Betrieb der Tafel einstellen“, berichtet deren Vorsitzender Peter Kuczora. Denn die meisten der 150 Ehrenamtlichen, die sich hier engagieren, gehören zur älteren Generation und damit zur Corona-Risikogruppe. Was machen, mit den vielen Kunden, die auf die Spenden der Tafel angewiesen sind?

„Wir haben nach 14 Tagen eine Not-Ausgabestelle eingerichtet“, so Kuczora. Er beobachtet mit Sorge, wie sehr der Bedarf gewachsen ist. Die Zahl derer, die Hilfe benötigen, stieg nach der Öffnung Anfang April von 50 Personen auf 270 in der vergangenen Woche an der Ausgabestelle in St. Petri und Pauli und von 30 auf 230 Bedürftige in Lohbrügge.

Bergedorfer Tafel verteilt jährlich rund 700 Tonnen Hilfsgüter

Diese neue Situation habe auch Positives mit sich gebracht: „Wir werden jetzt als Tafel ganz anders wahrgenommen, denn vielen ist nicht bewusst, wie groß die Not ist“, stellt Kuczora fest. Er freut sich, dass es jetzt nicht mehr heißt „die“ Bergedorfer Tafel, sondern „unsere“ Tafel. Für 24. Juni plant er, wieder in den Normalbetrieb zu wechseln. Dann wollen 150 Mitarbeiter an vier Ausgabestellen und in einigen Sozialeinrichtungen dafür sorgen, dass die Hilfe ankommt. Jährlich sind es mittlerweile 700 Tonnen an Hilfsgütern, die die Bergedorfer Tafel verteilt. Aber auch in Wentorf gibt es versteckte Armut. Kuczora kennt 75 bis 100 Fälle, die in der Gemeinde direkt von Mitarbeitern der Tafel versorgt werden.

Demnach hat Daniela Snijders mit ihrer Idee ins Schwarze getroffen. Bereits nach vier Stunden waren 20 der Spendentüten verkauft. Nachschub soll es geben, solange das nötig ist, verspricht ihr Mann.

Auch die Glinder Tafel würde sich freuen, wieder einmal mit einer Spendenaktion bedacht zu werden, sagt ihr Vorsitzender Paul Nowatzki. Derzeit verteilen die Ehrenamtlichen donnerstags um 14 Uhr bis zu 100 Tüten mit Lebensmitteln aus dem Transporter auf dem Gutshaus-Parkplatz (Möllner Landstraße 53). Die Glinder Tafel hatte zuletzt von einem Rewe-Markt in Lübeck 15 Kisten mit Lebensmitteln erhalten.

Nähere Informationen gibt es online unter www.glinder-tafel.de.