Reinbek/Aumühle. Mehrere Gemeinden haben kreative Ideen entwickelt, wie Menschen trotz geschlossener Kirchen erreicht werden können.

Ausnahmesituationen erfordern neue Ideen. Seit dem 15. März sind auch Gottesdienste wegen der Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus nicht mehr erlaubt. Wie kann die Kirche trotzdem die Menschen erreichen mit allem, was dazu gehört vom Geläut der Kirchenglocken über die Predigt, Lesungen bis zur Orgelmusik? Verschiedene Gemeinden haben kreative Ideen entwickelt.

So haben die Aumühlerin Susanne Bornholdt und Susann Müller-Wusterwitz für die Kirchengemeinde eine Lösung gefunden: Der Gottesdienst kommt jetzt per Podcast ins Haus. Das ist eine Serie von Audiodateien, die online über Mobiltelefon oder PC angehört werden können. Um den Podcast zu hören, kann man den QR-Code von der Homepage der Kirchengemeinde Aumühle scannen. Alternativ kann der Podcast online unter soundcloud.com/user-808938899 aufgerufen werden.

In der Gemeinde Reinbek-Mitte werden die Gottesdienste als Video produziert. Pastor Ralf Meyer-Hansen und Organist Jörg Müller nehmen sie vorab auf. Am Sonntag ist der Gottesdienst um 10 Uhr online und kann über Youtube verfolgt werden. „Zusätzlich hängt die Predigt in den Schaukästen aus“, sagt der Pastor.

In Reinbek-West läuten nun täglich die Glocken

In Reinbek-West plant auch Pastorin Bente Küster digitale Angebote. Bisher hat sie auf andere Mittel zurückgegriffen: Vor der Kirchentür werden Bibelworte mit Kreide auf das Pflaster geschrieben, im Schaukasten Gebete ausgehängt und auf Aktionen verwiesen. Dazu gehört zum Beispiel das Schreiben von Briefen an ältere Menschen. Ein deutliches Zeichen wird von Sonnabend an gesetzt: „Dann werden täglich um 12 Uhr die Glocken läuten“, sagt die Pastorin.

Die Protagonisten für die neue Form des Gottesdienstes als Podcast in Aumühle sind ein Pastor, der die Predigt am Küchentisch liest, eine Organistin, die die Musik beisteuert, und ein Gemeindeglied, das die Lesung übernimmt. Die Fachfrau für Digitales, Susann Müller- Wusterwitz, verbindet diese Bausteine: „Wir wollen den Podcast technisch so einfach wie möglich gestalten“, sagt Susann Müller-Wusterwitz, die sonst digitale Natur- und Museumsführungen produziert: „Die Kirche darf jetzt nicht schweigen.“

Susanne Bornhold spielt die Orgelstücke in der Kirche ein, nimmt sie auf und leitet die Audiodatei an Müller-Wusterwitz weiter. Nikolaj Müller-Wusterwitz, ebenfalls Gemeindeglied und Lektor, ist für die Lesungen zuständig.

Zweitüriger Kleiderschrank dient als Tonstudio

Als provisorisches Tonstudio dient ein zweitüriger Kleiderschrank. „Man benötigt für eine Lesung einen Raum mit möglichst wenig Hall“, erläutert seine Frau, die Expertin. Für die Lesung werden die Schranktüren geöffnet, das Mikrofon davor platziert. Damit es beim Sprechen keine Knallgeräusche gibt, braucht es noch den „Ploppschutz“. Den hat sie aus einem rundgebogenen, mit einem Nylonstrumpf überzogenen Drahtbügel gebaut: ebenso einfach wie effektiv. „Das hat super funktioniert“, sagt sie erfreut.

Das Geläut der Aumühler Kirchenglocken und das Zwitschern der Amseln stammen aus ihrem Archiv, schließlich handelt es sich um eine Waldkirche. „Für die Zuhörer ist es wichtig, vertraute Stimmen und Klänge zu hören“, weiß Susanne Bornhold.

Der Test am vergangenen Sonntag war ein Erfolg: Mindestens 150 Zuhörer – sogar aus Finnland und der Schweiz – haben gelauscht. Nur für Menschen ohne Smartphone und ohne PC ist noch keine Lösung gefunden. Ideen dazu sind telefonisch unter 04104/ 30 50 willkommen.