Reinbek. Im Rechtsstreit um die Mängelbeseitigungen haben Stadt und Baufirma Berufung eingelegt. Derweil laufen die Kosten aus dem Ruder.
Wieder ist die Holländerbrücke gesperrt. Wie berichtet, kann sie derzeit nicht genutzt werden, da entlang der Fußgängerbrücke nach fast zehn Jahren endlich der Sichtschutz für die Anwohner entlang der Straße Am Holländerberg errichtet wird. Am Freitag, 20. Dezember, soll die Brücke wieder freigegeben werden, so zumindest der Plan.
Denn es sind weitere Arbeiten nötig: Laschen für die Befestigung sind nicht korrekt angeschweißt. „Auch hier hat die Firma gepfuscht“, sagt Reinbeks Tiefbauingenieur Norbert Wulff.
Schon 2010 kam es zum Eklat
Der Ärger mit dem Bauwerk aus Kunststoff, Stahl und Beton, das die Straßen Am Holländerberg und Am Ladenzentrum über die Hamburger Straße hinweg verbindet, ist nicht neu. Schon 2010 kam es zum Eklat: Die Stadt Reinbek verweigerte wegen Mängeln die Abnahme der gerade fertig gestellten Fußgängerbrücke. Unter anderem reklamierte die Stadt mangelhafte Schweißnähte, Dellen im Verlauf und ein nicht passendes Widerlager.
In einem Punkt hat die Stadt Recht bekommen, in einem anderen hat das Landgericht Lübeck die Klage abgewiesen.
Die Stadt durfte wegen eines nicht passenden Widerlagers 121.000 Euro für den Oberbau, auf dem die Brücke aufliegt, zurückhalten. Weiteren Schadensersatz wies das Gericht ab. Das beauftragte Büro habe den Inhaberwechsel der ausführenden Firma nicht berücksichtigt. Diese sei technisch überhaupt nicht mehr in der Lage gewesen, die Pläne umzusetzen. Das zu überprüfen, habe das Büro versäumt, monierte die Stadt Reinbek.
Bauamt empfiehlt, Stadt solle bei Kosten in Vorleistung gehen
Der Rechtsstreit um die Mängelbeseitigung zwischen der Stadt, der ausführenden Baufirma und dem beauftragten Ingenieurbüro geht indes nun weiter. Denn beide Seiten haben jetzt jeweils Rechtsmittel gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck eingelegt. Die Baufirma will ihr Geld einklagen, Reinbek den Schadensersatz.
„Mit einem kurzfristigen Urteil des Oberlandesgerichts ist nicht zu rechnen“, sagt Norbert Wulff. Das Reinbeker Bauamt empfiehlt der Politik, dass die Stadt die Mängel beseitigen und in Vorleistung gehen sollte. „Die Mängel werden mit der Zeit leider nicht besser, sondern größer. Und die Kostensteigerung kommt noch hinzu“, erklärt Norbert Wulff: „Es besteht sonst die Gefahr, dass man die Brücke wieder sperren muss.“
Zuerst wurden die Kosten für die Mängelbeseitigung insgesamt noch auf 363.000 Euro geschätzt. Heute würde diese auf 512.000 Euro veranschlagt.
Noch vor Weihnachten will die Stadt nun eine Brückenprüfung durchführen lassen. „Die steht zwar ohnehin an, aber wir lassen zusätzlich die Mängel überprüfen, aktualisieren und aufführen“, sagt Norbert Wulff. Bereits 2017 hatte die Stadt eine weitere Firma mit der Mängelbeseitigung beauftragt. Doch diese sprang ab, als die Stadt sich nicht auf einen höheren Preis als die geschätzten 363.000 Euro einließ.
In den sauren Apfel beißen
Reinbeks Tiefbauamt empfiehlt nun der Politik, in den sauren Apfel zu beißen. „So können wir vor Gericht wenigstens die tatsächlichen Kosten geltend machen“, sagt Wulff. Sarkastisch bat Baldur Schneider (SPD) bei diesem Rat: „Bitte lassen sie doch bei dieser Gelegenheit gleich die Kosten für den endgültigen Abriss dieser Brücke ermitteln.“
Der mehr als eine Million teure Neubau der Brücke ist seit jeher ein Politikum. 2008 hatte auch der Landesrechnungshof das Fehlen von Kontrollmechanismen der Kosten kritisiert. Ausschlaggebend für den Neubau war ein sicherer Schulweg aus Hinschendorf zur Grundschule Klosterbergen.