Aumühle. Aumühle. Trauer um Fürst Ferdinand von Bismarck, der im Alter von 88 Jahren starb. Die Kinder sind nun an der Seite ihrer Mutter.

Die Familie Bismarck trauert um ihr Oberhaupt Fürst Ferdinand von Bismarck. Der Urenkel des Reichskanzlers starb im Alter von 88 Jahren im St. Adolf-Stift in Reinbek. Das bestätigte gestern die Familie von Bismarck. Sie dankt ausdrücklich dem Krankenhaus für seine „jahrelange und hervorragende Betreuung der ganzen Familie“, heißt es in einer kurzen Mitteilung. Ferdinand ist laut bunte.de nach einer Operation an multiplem Organversagen verstorben.

Der Jurist und langjährige Kopf des Hauses Bismarck hinterlässt seine Frau Elisabeth und drei Kinder, Carl-Eduard (58), Gregor (54) und Vanessa (48). Sein zweitältester Sohn, Gottfried von Bismarck, ist 2007 verstorben. Nur Gregor lebt noch mit seiner Familie in Aumühle.

Bismark-Kinder in Friedrichsruh eingetroffen

Nach Informationen unserer Zeitung waren seine beiden jüngsten Kinder, Gregor und Vanessa, bereits am Mittwoch auf dem Familiensitz Schloss Friedrichsruh, in Aumühles gleichnamigen Ortsteil, eingetroffen. Gregor ist frühzeitig aus dem Urlaub in Schweden zurückgekehrt, Vanessa lebt in New York. Auch Carl-Eduard von Bismarck, der mit seiner vierten Frau in Portugal lebt, wurde am Donnerstag in Friedrichsruh gesehen.

Ferdinand von Bismarck hatte sich in den vergangenen drei Jahren aus gesundheitlichen Gründen aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Im Schloss war er zuletzt meist auf einen Rollstuhl angewiesen. Auch seine Ehefrau Elisabeth, die er 1960 geheiratet hatte, wird immer seltener gesehen. Selbst Termine wie die alljährliche Eröffnung ihres Schmetterlingsgartens hat die aus Belgien stammende Fürstin zuletzt nicht mehr wahrgenommen.

Aufrechte Haltung, den Menschen zugewandt

Dabei nahm Ferdinand von Bismarck früher am öffentlichen Leben regen Anteil, wie Niels Braun bestätigt – in aufrechter Haltung, den Menschen zugewandt: „In der Politik war er zurückhaltend, aber er war ein geselliger Mensch“, erzählt der ehemalige Aumühler Bürgervorsteher (1982-2001). „Er war auch gern bei den Schützenfesten dabei. Einmal haben wir unsere Schlipse getauscht, weil er meine Krawatte mit Aumühle-Motiv noch nicht hatte.“

Bismarck galt als konservativ und bodenständig. Von der aktiven Politik auf Bundes- oder Landesebene hielt er sich im Gegensatz zu seinem Vater, dem Diplomaten Otto von Bismarck, und seinem Sohn Carl-Eduard jedoch fern; er war aber seit den 70er-Jahren Mitglied der CDU und auch drei Jahre lang Parteivorsitzender in Aumühle.

„Ein hervorragender Mensch“

Nach dem Abitur am Internat Schloss Salem hatte Ferdinand von Bismarck Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft studiert. 1961 begann er als Jurist bei der EWG (Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft), dem Vorläufer der EU, in Brüssel. Anfang der 1970er-Jahre etablierte er sich auch als Immobilienunternehmer.

„Ferdinand von Bismarck war ein hervorragender Mensch“, sagt Dieter Giese. Aumühles ehemaliger Bürgermeister hat Ferdinand von Bismarck nicht nur von Amts wegen gekannt, sondern auch, weil ihre beiden Töchter Schulfreundinnen waren. „Er kam auch an Geburtstagen bei uns vorbei, gratulierte, aß mit uns und saß nett mit uns zusammen“, erzählt Giese. „Wenn es Probleme gab, rief er an, und wir überlegten, wie wir das lösen konnten. Er suchte geradezu die Nähe zu den Bürgern.“

Aus dem Bismarck-Bund zog er sich zurück

Ferdinand von Bismarck lebte auf Schloss Friedrichsruh und widmete sich, seit er 1975 Oberhaupt des Hauses Bismarck wurde, intensiv dem Erbe seiner Adelsfamilie. Dieses umfasst Besitze wie 5000 Hektar im Sachsenwald sowie die Fürstlich von Bismarcksche Brennerei Schönau. Außerdem zählen dazu der Garten der Schmetterlinge als beliebtes Ausflugsziel am Rande des Schlosses sowie Gastronomie – das Restaurant und Café Forsthaus Friedrichsruh sowie einige Immobilien, die für Übernachtungen vermietet werden. Ferdinand von Bismarck war außerdem Beiratsmitglied der Dresdner Bank.

Als Familienoberhaupt der Bismarcks war er bis 2012 Schirmherr des Bismarckbunds e.V. zur „Wahrung deutschen Geschichtsbewusstseins“. Aus diesem Amt zog er sich aber nach Querelen innerhalb des Bundes zurück. Der Bismarckbund ist 1923 gegründet worden und nicht zu verwechseln mit der ebenfalls in Friedrichsruh ansässigen Bismarck-Stiftung, die wissenschaftlich arbeitet.

„Aufgeschlossen und historisch interessiert“

An deren Gründung hat Ferdinand von Bismarck maßgeblich mitgewirkt und sich so auch für das historische Erbe seiner Familie eingesetzt. Ursprünglich gab es die Idee einer Otto-von-Bismarck-Stiftung auf kommunaler Ebene. Ein Ziel war, das alte Friedrichsruher Bahnhofsgebäude zu bewahren und zu nutzen, berichtet Prof. Ulrich Lappenküper aus dem Vorstand der Stiftung.

Daraus habe sich eine Zusammenarbeit der Gemeinde, des Kreises, des Landes und der Familie Bismarck entwickelt. Ferdinand von Bismarck habe der Stiftung den größten Teil des Familienarchivs zuerst als Dauerleihgabe und schließlich als Übereignung zugesagt.

Dieses Archiv ist relevant für die wissenschaftliche Forschung. Nach dem Regierungswechsel in Kiel 1988 verlor das Land das Interesse. Schließlich wurde die Stiftung 1994 als Organisationseinheit des Bundesinnenministeriums gegründet und 1997 selbstständige Bundesstiftung.

Ferdinand von Bismarck engagierte sich seit 1994 im Stiftungsvorstand, seit 1997 als Kuratoriumsmitglied der Stiftung. 2009 übertrug er zudem das Bismarck-Museum an die Stiftung. Für die Nutzung der Räume erhält die Familie eine Miete.

„Ich habe Ferdinand von Bismarck als einen aufgeschlossenen, historisch sehr interessierten Menschen kennengelernt“, sagt Lappenküper. „Er war auch mit einem kritischeren Bismarck-Bild durchaus einverstanden. Wir hatten eine sehr konstruktive Zusammenarbeit.“

Bruderzwist um die Erbfolge

So harmonisch ging es auf Schloss Friedrichsruh nicht immer zu: 2011 und 2013 geriet die Familie wegen Streitigkeiten zwischen den Brüdern um die Erbfolge in die Schlagzeilen. Traditionsbewusst hielt das Oberhaupt des Hauses zuerst am Erstgeborenen Carl-Eduard als Erben fest. Doch 2014 übergab Ferdinand von Bismarck die Verwaltung des Sachsenwaldes an seinen Sohn Gregor. Der kümmert sich seitdem um die Geschicke des Hauses Bismarck. Er gilt zudem als umsichtiger und findiger Unternehmer.