Reinbek. Reinbek. Die Initiative Pro Reinbek will Anwohner aus Gebieten mit einer Erhaltungssatzung vernetzen.

Wenn der Streit über den Gartenzaun hinweg eskaliert, werden Nachbarn schnell zu Feinden. Davor schützen auch altehrwürdige Villengrundstücke nicht. Eine Feindeslinie trennt jetzt die idyllische Kückallee. Auslöser: Auf einem geteilten Grundstück möchte eine Familie auf 1000 Quadratmetern bauen und „einfach nur in Frieden leben“. Doch von Willkommenskultur keine Spur. Gegen das Bauvorhaben formiert sich eine von etwa 15 Nachbarn gegründete Initiative „Pro Reinbek“. Die fürchtet nun Einfall von Immobilienhaien in das Qaurtier und hob den Nachbarschaftsstreit in der Fragestunde des Bauausschusses auf eine politische Bühne. Mit dem Ergebnis, dass sich die Politiker nun grundsätzlich in nichtöffentlicher Sitzung mit der Handhabung von Erhaltungssatzungen auseinandersetzen wollen.

Bauantrag nach Grundstücksteilung gestellt

Zum Hintergrund: Gert Albers hat einen Teil seines Grundstücks verkauft, der neue Besitzer hat inzwischen einen Bauantrag für ein Einfamilienhaus gestellt. Das stört wiederum Nachbarn Marten von Velsen-Zerweck: „Einige Immobilienentwickler haben die Naherholungsgebiete an den Rändern Reinbeks entdeckt. Immer größere Bauprojekte führen zur weiteren Verdichtung und damit zur Zerstörung dieser bedeutsamen historischen Stadtgebiete Reinbeks, trotz bestehender Erhaltungssatzungen und gegen den Willen der Anwohner. Deshalb hat sich jetzt eine Bürgerinitiative gegründet.“

Die will sich über den Streit im Villengebiet hinaus groß aufstellen und nun in allen betroffenen Gebieten für Planungssicherheit einsetzen. Das gelte für alle Reinbeker, verspricht er, vom Ziegelkamp über Jahnstraße und Jahnckeweg, Schönningstedt, Sophienstraße bis Waldstraße und Kückallee. Die zunehmende Verdichtung mit modernen Häusern sei in den vergangenen Jahren in allen fünf Gebieten der Stadt ein Thema, die von Erhaltungssatzungen geschützt sind. Für die Kückallee mit ihren großen parkähnlichen Grundstücken und Villen wurde bereits 2000 eine solche Satzung erlassen.

Erhaltungssatzung soll Charakter des Gebietes sichern

„Diese hat zum Ziel, die städtebauliche Eigenart eines Gebiets zu sichern. Gerade in Wohnvierteln, in denen es keinen Bebauungsplan gibt, Baugenehmigungen also nach dem sogenannten Paragraf 34 des Baugesetzbuches geprüft werden, kann eine Erhaltungssatzung als ergänzendes Instrument Regelungen für eine gebietsverträgliche Bebauung vorgeben“, erläutert Reinbeks Bauamtsleiter Sven Noetzel.

Er ist nun gespannt auf die Beratung der Politiker: Die müssten dann letztlich beurteilen, ob zum Beispiel ein Bebauungsplan für ein bestimmtes Areal aufgestellt wird, um strengere Vorgaben durchzusetzen.

Denn konkrete Merkmale für Neubauten sind in der Erhaltungssatzung nicht aufgeführt, somit sprach auch nichts gegen das Neubauvorhaben auf der inzwischen verkauften Teilfläche an der Kückallee.

Grundstücksgröße ist auch eine soziale Frage

Gert Albers kann die Aufregung über die Grundstücksteilung nicht nachvollziehen. Er wohnt seit 32 Jahren mit seiner Familie an der Kückallee. „Ein Grundstück von annähernd 1000 Quadratmetern, das mit einem Einfamilienhaus in den vorgegebenen Maßen bebaut wird, bedeutet aus meiner Sicht keine unangemessene Verdichtung. Zumal kleinere Grundstücke auch in der oberen Kückallee anzutreffen sind“, hält er Anliegern entgegen, die sich Mindestgrundstücksgrößen von 2000 Quadratmetern und mehr wünschen. „In unserem Gemeinwesen und der heutigen politischen Situation ist das auch eine soziale Frage“, gibt Albers zu bedenken.

Die Initiative Pro Reinbek sieht dagegen in dem aktuellen Bauprojekt „im noch weitgehend intakten Ensemble am nördlichen Ende der Kückallee“ einen drastischer Eingriff geplant: „Ein massives Einfamilienhaus soll rücksichtslos in den alten Villenbestand hinein gebaut werden. Für den großen modernen Bau sollen mehr als 100 Jahre alte Bäume gefällt werden“, so die Anwohner, die Stellungnahmen gegen den Bauantrag eingereicht haben.

Auch würden mehrere Widerspruchsverfahren gegen ein weiters Bauprojekt laufen. Für eine Fläche an der Waldstraße, Ecke Bismarckstraße, wurde dem Bau zweier Mehrfamilienhäuser bereits die Genehmigung erteilt. Dort sollen 14 Wohnungen auf einem 2000 Quadratmeter großen Grundstück entstehen. Mehr als ein Dutzend alter Bäume seien hier Anfang Oktober bereits diesem Immobilienprojekt zum Opfer gefallen.