Reinbek. Reinbek. Nikolaus Kern, Vorsitzender des Vereins Clipper, engagiert sich ehrenamtlich für den Erhalt von Traditionsschiffen.

Wenn das Schiff in klarer Nacht über die Wellen der karibischen See gleitet und sich darüber ein atemberaubender Sternenhimmel spannt, ist Nikolaus Kern immer wieder fasziniert. „Je näher die Fahrt zum Äquator führt, desto imposanter wird das Firmament“, schwärmt der passionierte Seefahrer. Die absolute Dunkelheit über den Ozeanen macht das möglich, denn er blickt nicht etwa von lichtüberfluteten Kreuzfahrtschiffen in den Himmel, sondern von Bord traditionsreicher Segler.

Flotte aus stolzen Zwei- und Dreimastern

Vom Einfamilienhaus am Rande des Sachsenwaldes aus betreut der 64-Jährige als Vorsitzender des Vereins Clipper eine Flotte aus vier stolzen Zwei- und Dreimastern. „Unser Ziel ist es, die historischen Schiffe mit Leben zu erfüllen und das maritime Erbe zu erhalten“, sagt Kern.

110 Traditionsschiffe gibt es noch in Deutschland. „Vor zehn Jahren waren es noch 200.“ Damit die Zahl nicht weiter schwindet, setzt sich der Reinbeker auch auf höchster politischer Ebene dafür ein, dass die Schiffe weiter in See stechen dürfen. Dafür waren seit 2007 viele Verhandlungen nötig. Der Gesetzgeber wollte die ehrenamtlichen Crews und ihre Schiffe mit strengen Auflagen und Vorschriften belegen. „Wäre das so durchgekommen, hätten viele Traditionsschiffer aufgeben müssen“, sagt Kern, der als stellvertretender Vorsitzender die GSHW (Gemeinsame Sicherheitskommission für historische Wasserfahrzeuge) vertritt. Auch der Dachverband der deutschen Traditionsschiffe hat seinen Sitz im Reinbeker Einfamilienhaus.

Verordnung für Traditionsschiffe entschärft

Die „Schiffssicherheitsverordnung“ soll nun Anfang Januar vom Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) in Berlin unterzeichnet werden. „Wir sind nicht glücklich mit der Verordnung, können aber mit ihr leben“, zieht Kern einen Schlussstrich unter den „intensiven politischen Prozess“ vom ersten Entwurf 2016 bis zur Novelle im November und letzten Gesprächen Anfang Dezember. Nun seien die Vorgaben für Besatzung und den baulichen Zustand der Schiffe durch Ausnahmeregelungen für Traditionsschiffe erfüllbar. Das ist für ihn wichtig: „Wenn die Ehrenamtlichen durch nicht zu erfüllende Verordnungen aussteigen würden, könnten die Schiffe nicht mehr betrieben werden.“

Der Reinbeker weiß, wie viel Arbeit das kostet. Er ist neben dem Beruf als Unternehmensberater ehrenamtlich als Kapitän für „Clipper“ im Einsatz. „Wir sind mit 500 Freiwilligen in der Stammcrew bei 3800 Mitgliedern inzwischen an der Kapazitätsgrenze.“ Immerhin werden die Segel für 80 Reisen pro Jahr gesetzt. Jeder kann mitsegeln – allerdings ohne Luxus. Wer für etwa 86 Euro pro Tag anheuert, wird automatisch Mitglied und packt mit an – ob in der Kombüse oder am Mast.

Schulunterricht auf hoher See

Vor allem mit einem Projekt möchte der Verein für junge Menschen die Freiheit und Gemeinschaft auf dem Meer erlebbar machen. Einmal im Jahr trotzen Schüler gemeinsam Stürmen, entdecken die Ferne und lernen Menschen am anderen Ende der Welt kennen. Initiiert wurde die Schule auf hoher See von der Hermann-Lietz-Schule auf Spiekeroog. „Wir stellen Schiffe und die nautische Crew“, sagt Kern, der selbst schon auf Teilstrecken als Kapitän 26 Schüler über den Atlantik geführt hat. Die verbringen von Oktober bis Mai in der „High Seas School“ sechs Monate auf dem 1974 in Holland gebauten Zweimastschoner „Johann Schmidt“. Das segelnde Klassenzimmer bekommt zurzeit in einer Rostocker Werft eine neue Hauptmaschine und wird im Januar nach Hamburg überführt. Zwei weitere Dreimaster und ein Zweimaster werden gerade in einer dänischen Holzbootwerft in Svendberg überholt. Darunter auch das älteste als Segelyacht gebaute Holzschiff von 1887.

Schon mit dem Vater auf der Elbe geschippert

Die Seefahrt wurde Kern, der seit 1994 mit der Familie in Schönningstedt lebt, in die Wiege gelegt. Schon als kleines Kind segelte er mit seinem Vater, dem ehemaligen Hamburger Wirtschaftssenator Helmut Kern (†2016), über die Elbe. Der damals zum engeren Kreis um Helmut Schmidt gehörende SPD-Politiker war auch Vorsitzender der „Cranzer Fischdampfer“.

Später bekam der Junior Lust auf große Schiffe. Nach dem Sporthochseeschifferschein und einer Zusatzausbildung ist er seit 20 Jahren ehrenamtlicher Kapitän auf hoher See. Auch wenn es den Familienvater jedes Jahr vier bis fünf Wochen aufs Meer zieht, mit Ehefrau und Kindern (16 und 21 Jahre) kann er sich keinen besseren Wohnort als Schönningstedt vorstellen. Und als Vorstandsmitglied des SPD-Ortsvereins nimmt er nun als Kandidat auch Kurs auf die Kommunalwahlen.

Infos über Crew, Schiffe und Törnplan des Segelvereins Clipper unter www.clipper-djs.org. Bewerbungen für die High Seas Highschool sind bis 30. März möglich: www.lietz-nordsee-internat.de.