Reinbek. Denkmale in Reinbek Zweite Folge: Das Victor-Gollancz-Haus an der Goetheallee
Wer war eigentlich Dr. Halleur? Gisela Manzel hat nur die Kopie einer alten Postkarte vom „Privatheim Dr. Halleur“ im Archiv des Museumsvereins. Das Foto entstand um die Jahrhundertwende 1900. Die Villa an der Goethestraße 3 war der Kern für das Victor-Gollancz-Haus, in Reinbek auch als Villa Dobbertin bekannt. Das weiße Anwesen ist eines von 21 Reinbeker Kulturdenkmälern, die wir in loser Folge vorstellen.
Über die Ära des Dr. Halleur gibt es im Museumsverein bisher keine weiteren Dokumente. Über das Leben und Wirken eines späteren Eigentümers lässt sich dafür mehr herausfinden.
Ab 1850 entdeckten Hamburger Kaufleute und Industrielle die ländlichen Reize östlich von Hamburg. Die 1846 eröffnete Bahnlinie Hamburg- Berlin beschleunigte den Villen-Bau am Sachsenwald.
1922 zog es schließlich auch den Eisenhändler Carl Joachim Heinrich Dobbertin (1888-1960) in ein Landhaus vor die Tore Hamburgs. Er verdoppelte die Grundfläche und gestaltete die Räume im Art Deco Stil der 1920er Jahre.
Zeitgleich mit dem Haus entstand auch der Garten, der ebenfalls seit 1998 unter Denkmalschutz steht, architektonisch gestaltet mit „Gartenzimmern“, die das Leben des Hauses im Freien widerspiegelten. So lagen vor Herrenzimmer und Speisesaal anspruchsvolle, geometrische Partien mit geschnittenen Gehölzen und Hochstammrosen. Vor der Küche erstreckte sich ein Obstgarten.
Der reiche Kaufmann prägte in der Stadt jedoch nicht nur die Villenarchitektur. 1946 gründete er in Reinbek die CDU mit und wurde zum Bürgermeister bestimmt. Maßgeblich entwickelte er auch die Reinbeker Volkshochschule mit. Zur Einweihung des alten Rathauses spendete er 1950 die Glocken, die noch heute über dem Fahrstuhlschacht des neuen Verwaltungsgebäudes schlummern.
1957 kaufte die Hansestadt Hamburg das Gebäude von Carl Dobbertin und setzte es als Seminarhaus für die Jugendarbeit ein. Den heutigen Namen erhielt das Haus einige Jahre später zur Erinnerung an den persönlichen Einsatz Victor Gollancz nach Kriegsende gegen Hunger und Not, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Der Namensgeber Victor Gollancz (1893 -1967) war ein britischer Verleger.
2006 wurde die Villa von der Hansestadt an eine Eigentümergemeinschaft verkauft. Heute ist nur ein kleiner Teil von der Schillerstraße aus frei zugänglich. Im modernen Anbau werden Kurse für die Volkshochschule gehalten.