Reinbek. Ein Dudelsack ist beeindruckend. Laut und eigenwillig - so kommen die geschichtsträchtigen Instrumente mit ihren schön anzuschauenden Spielern, den Pipers, daher. Und niemand braucht in die schottischen Highlands zu fahren, um sie zu hören.
Denn es gibt in Reinbek "The German Flatlandpipers". Stefanie Sanne (47), Jens Ludwig (44), Frank Regener (51) und als Snare-Drummerin Christiane Gandraß (49) lassen auch hier die Atmosphäre des Kinofilms "Brave Heart" oder der "Highlandsaga" von Diana Gabaldon um Jamie Fraser aufleben.
Bis das so weit war, mussten alle ein hartes Stück Arbeit leisten. "Ich habe eine Band Dudelsack-Spieler gesehen und war begeistert, das muss ich lernen", sagt Stefanie Sanne. Genau da aber liegt das Problem: Wo gibt es guten Unterricht? "Ich hab' eineinhalb Jahre in Lübeck bei einem Mann gelernt, der nichts davon verstand. Dann habe ich von vorn angefangen", sagt sie. "Man muss Biss haben", unterstreicht sie und die anderen stimmen zu.
Frank Regener hatte den Dudelsack als Kind beim Eröffnungsfest der Köhlbrand-Brücke 1974 gehört und nie vergessen. In seiner musikalischen Familie kam die Frage auf: "Und was spielst Du?" "Dudelsack", hat er geantwortet, und bald nannte er eine Übungsflöte sein eigen. Mit dem Handbuch von MacEges, der "Dudelsack-Bibel", müsste das doch gelacht sein, dachten er und seine Kollegen schmunzelnd. "Alle sind nur bis Seite 34 gekommen. Dann brauchte man Hilfe", sagt Stefanie Sanne. Mittlerweile hat Regener selbst auf der Brücke gespielt. "Einfach toll", sagt er.
Jens Ludwig, der mehr als 30 Jahre Trompete spielte, hörte mehrfach, wie jemand in Linau auf dem Feld Dudelsack spielte. Da war es um ihn geschehen. Über Umwege haben sich die drei in Hamburg bei den "Baul Muluy Pipes and Drums" kennengelernt und qualifizierten Unterricht genossen. Dort landete auch Christine Gandraß, die von der Trommel begeistert ist.
Dann ging das Üben erst richtig los. "Die Ente stirbt", "habt ihr jetzt 'ne Katze" und ähnliche Kommentare habe es gehagelt, berichtet Stefanie Sanne. "Es gibt die Musiker und die Piper", neckte dann auch gleich die Drummerin die Kollegen. Auch sie kann zu Hause nur auf einem Übungsinstrument spielen, denn die Trommel ist wie der Dudelsack - zu laut. Die Instrumente gehören zusammen und klingen eigentlich nur dann richtig gut.
Aber es ist nicht nur die Musik der "Sackpfeife", es ist das "Gesamt-Kunstwerk", das es den Musikanten angetan hat. Bei einem guten Dudelsack muss man zwischen 1000 und 1200 Euro anlegen, das Outfit kostet noch einmal soviel.
"Die Kilts sind maßgeschneidert, zwischen sieben und acht Meter Stoff werden pro Stück verarbeitet. Er wiegt an die sechs Kilo", sagt Frank Regener. Dazu kommen die (unbequemen) Schnürschuhe, deren Senkel um die Fesseln gebunden werden. Die Kniestrümpfe halten den "Sgian Dubh", einen kleinen Dolch und die Fähnchen im Umschlag. Der "Sporran", der Geldbeutel, ersetzt die Taschen im Kilt und hält ihn auch vorn am Platz. Es gehören weiterhin dazu das Hemd, der Gürtel mit Silberschnalle, die Weste, das Jackett, die Krawatte und das Käppi.
Erst so geht die Gruppe los, um Musik zu machen. Sie erreicht eine Lautstärke von mehr als 120 Dezibel - Gehörschutz ist dabei obligatorisch. Geübt wird in der Nathan-Söderblom-Kirche.
Der Dudelsack unterscheidet sich stark von anderen Instrumenten, weil er einen Dauerton aus dem Luft-Reservoir des Sackes über drei sogenannte "Drones" und die Spielflöte erzeugt. Sie verfügt über neun Töne und liefert die Melodie. Weil alle vier stets mit Luft versorgt werden, kann der Zuhörer das Luftholen des Musikers nicht wahrnehmen. Gespielt werden die traditionellen Stücke wie "Scotland the brave", "Amazing Grace" aber auch "Happy Birthday". Infos auf der Internetseite www.flatlandpiper.de .
"Die Kilts sind maßgeschneidert, zwischen sieben und acht Meter Stoff werden pro Stück verarbeitet." Frank Regener, Dudelsack-Spieler