Reinbek. Anno 1890 wurden die Pillen in Reinbeks erster Apotheke noch per Hand angefertigt. Drogen hießen damals die pflanzlichen Substanzen, die in den Schubkästen der holzvertäfelten Regalwände lagerten - von Manna bis Myrrhe.

Und auch Fürst Otto von Bismarck (1815-1898) hatte seine ganz spezielle "Droge". "Mixtura oleoso-gummosa" hieß das Wundermittel aus Rhabarbertinktur, Pfefferminzblättern, Berliner Tafelwasser und großen Mengen an Moschustinktur. Zuweilen wurde die Rezeptur des Stammkunden mit einem Zusatz Morphium angereichert. Es half wohl bei den Zipperlein, die den Eisernen Kanzler geplagt haben sollen. Zugeschrieben wurden die der Arbeitsbelastung und der Vorliebe für Speisen und Wein.

Seit Mitte September 1890 konnte sich der Alt-Reichskanzler, der damals im Sachsenwald residierte, sein Hausmittel direkt vor der Haustür anfertigen lassen. Viele Jahre hatte er sich für die Gründung einer Apotheke in Reinbek eingesetzt: Die Eingabe an die Landesregierung in Schleswig blieb zu seinem Bedauern jedoch lange ohne Erfolg. Bismarck musste seine Arzneimittel in Berlin oder Hamburg abholen. "Man hielt in maßgeblichen Kreisen Reinbek nicht für groß genug, um eine Apotheke lebensfähig zu erhalten", heißt es in den Annalen. Was den Eisernen Kanzler zu der Bemerkung veranlasste: "Man behauptet immer, ich könne alles durchsetzen. Ich kann nicht einmal die Gründung einer Apotheke durchsetzen!"

An das Engagement des "Alten aus dem Sachsenwald" erinnern noch heute eine Büste und natürlich das Mobiliar, das Inhaberin Daria Kempna-Krzystek (31) auf jeden Fall erhalten möchte. Für das anstehende Jubiläum ist die Apothekerin ins Stadtarchiv eingetaucht. An die schillernde Geschichte ihrer Apotheke wird sie vom 13. bis 18. September mit einer kleinen Ausstellung im Schaufenster erinnern.

"Viele wissen gar nicht, dass früher im Haus an der Bahnhofstraße alles Mögliche hergestellt wurde, von Fruchtsäften über Badesalzen bis hin zu Mundwassern." Noch bis in die 80er-Jahre war der Keller voller alter Arzneigefäße, weiß sie von ihrer Vorgängerin, von der sie 2007 die Apotheke übernommen hatte.

Den Namen Fürst Bismarck-Apotheke erhielt diese übrigens erst im Jahr 1932 von der "Fürstlich von Bismarckschen Fideikommißherrschaft Schwarzenbek" verliehen. Gleich unter dem Tresen stehen Utensilien von einst - samt Zäpfchengießform und Pillendrehbrett. "Im historischen Ambiente sind wir eine moderne Apotheke", sagt die Apothekerin, die sich auf homöopathische Medikamente spezialisiert hat und Moderne und Tradition miteinander verbinden möchte.