Havighorst/Boberg. Havighorst/Boberg. Das gerade erst gekaufte Haus der Rieckmanns ist unbewohnbar – Die Versicherung greift nicht. Der Kredit läuft.

Britta und Dirk Rieckmann fühlen sich wie in einem nicht endenden Alptraum: „Jeden Morgen, wenn ich aufwache, ist es das Erste, woran ich denke“, erzählt Britta Rieckmann. „Und ich frage mich, ob es wirklich passiert ist. Vergessen kann ich es nicht.“

Denn das Ehepaar wacht nicht mehr in seinem frisch renovierten Eigenheim an der Ortsgrenze Boberg/Havighorst auf, sondern in der Wohnung von Britta Rieckmanns Mutter in Horn. Ihr Sohn Tim (21) ist bei seiner Freundin in Brunsbek untergekommen.

Nach Flut ist Haus unbewohnbar

Von dem Einfamilienhaus auf dem 2700-Quadratmeter- Grundstück im Grünen steht nur noch ein Rohbau. Den Rest haben die Wassermengen am Himmelfahrtstag zunichte gemacht, mit Schlamm überschwemmt oder weggespült.

Die 51-Jährige kann nicht vergessen, wie das Wasser plötzlich von allen Seiten hereinbrach: vom Bahndamm im Süden, von der Straße Am Ohlendiek und als Hagel von oben.

Wasser von allen Seiten

„Meine Freundin und ich haben nur noch geschippt und geschippt, bis wir nicht mehr konnten“, erinnert sie sich schaudernd. „Dirk, der eben noch draußen im Garten gewerkelt hatte, rief nur, wir sollten bloß nicht die Haustür öffnen, damit nicht noch mehr hineinschwappt. Ein Horror!“

Zwischendurch versucht sie, über den Notruf die Feuerwehr zu alarmieren. „Beim ersten Versuch stand das Wasser noch vor der Tür. Da sagte man uns nur, ein Einsatz sei kostenpflichtig, ob wir das wüssten? Und sie würden erst kommen, wenn das Wasser im Haus sei“, erzählt Britta Rieckmann deprimiert. Zudem bezweifelte man, ob die Havighorster Enklave überhaupt zu Hamburg gehöre.

Freiwillige Feuerwehr Reinbek hilft

Glücklicherweise stand plötzlich die Freiwillige Feuerwehr Reinbek auf der Straße. „Die wollten eigentlich zu einem anderen Einsatz, haben aber unsere Not erkannt“, sagt die unglückliche Eigentümerin. Da stand das Wasser schon hüfthoch im Garten, die Retter kamen mit dem Schlauchboot.

Retter kommen mit dem Schlauchboot

„Meine Freundin und ich haben nur noch aus den Schränken gerissen, was wir retten konnten“, berichtet Britta Rieckmann. „Der Wehrführer Hans-Jörg Haase war so nett“, sagt sie dankbar. „Er hat unsere Papiere in Sicherheit gebracht und angeboten, dass wir ihn 24 Stunden immer anrufen können.“

Als ihr Sohn Tim (21) nachmittags eintraf, war bereits nichts mehr zu retten. Das Ehepaar musste eine der zwei Katzen und eine der vier Enten zurücklassen, weil sie unauffindbar waren.

Zwei Pkw in Garage abgesoffen

Am anderen Tag fanden sie die Katze völlig verstört in einer Schrankecke, die Ente tot im Gehege. Beide Pkw in der Garage waren voller Wasser. Einer ist auf jeden Fall ein Totalschaden. „Alles andere war von Wasser und Schlamm zerstört“, erzählt Britta Rieckmann niedergeschlagen. „Zum Glück haben uns Freunde geholfen, alles herauszuholen. Ich hätte das nicht geschafft.“

Versicherungsschutz besteht nicht

Das Ehepaar und ihr 21-jähriger Sohn waren gerade am 1. Mai eingezogen. Am 9. Mai hatten sie just eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen. Doch die Versicherung zahlt nicht

„Das ist wirklich tragisch“, bestätigt Marina Weise-Bonczek, Sprecherin der Barmenia. „Leider hatte die Familie Rieckmann ihre vorige Versicherung zum 1. April gekündigt. Dadurch können wir keine Ausnahme machen. Es gibt keinen nahtlosen Übergang. Laut Geschäftsbedingungen gilt eine Wartezeit von 14 Tagen.“ Die Familie sei schlecht beraten gewesen.

Notfonds für Härtefälle? Fehlanzeige!

Wie berichtet, haben viele Boberger Betroffene diese Versicherung nicht einmal abgeschlossen. Dirk Rieckmann hat beim Bezirksamt nach Hilfe gefragt. „Da bliebe nur Sozialhilfe, wenn alles weg ist“, wiederholt der Kraftfahrer mutlos. Einen Notfonds für Härtefälle gibt es noch nicht. Die Bergedorfer CDU will ihn beantragen.

Havighorsts Bürgermeister Jürgen Hettwer weiß nur von einem Fall, bei dem Havighorster alles verloren haben. „Dort haben Angehörige weitergeholfen“, berichtet er. Ganz direkt und unbürokratisch hat auch der Oststeinbeker Florian Tange gemeinsam mit einem Freund einen Soforthilfefonds aufgelegt (ostbek.net). „Wir werden uns überlegen, ob und wie wir der Familie weiterhelfen können“, verspricht er.

Wird Haus wieder bewohnbar?

Wie Nachbarn Dirk Rieckmann erzählten, sei das Grundstück bereits in der Vergangenheit mehrmals überflutet gewesen. „Wenn wir davon etwas geahnt hätten, hätten wir das Haus nie gekauft, niemals“, sagt Britta Rieckmann. Ihr Mann sagt: „Jetzt wissen wir nicht einmal, ob das Haus jemals ­wieder bewohnbar sein wird. Dafür müssten wir den schwimmenden Estrich herausreißen, um zu wissen, ob darunter noch Wasser steht.“

Doch sie könnten sich nicht einmal den Sachverständigen leisten, der beurteilen kann, ob sich eine Sanierung lohne. Derweil läuft der Kredit für den Hauskauf weiter.

Wer Familie Rieckmann helfen will, erreicht sie unter der E-Mail-Adresse: d­­­­­_rieckmann@web.de.