Glinde. Glinde. Sintayehu Kasa aus Eritrea hat seinen Traumberuf in Glinde entdeckt: Alten Menschen in ihrem Alltag helfen und sie pflegen.
Wenn seine Senioren glücklich sind, ist Sintayehu Kasa es auch. Zurzeit macht der junge Familienvater aus Eritrea ein Praktikum im Seniorenheim Haus Togohof der Wichern-Gemeinschaft. Und bei den Bewohnern kommt er gut an: „Er spricht ganz gut Deutsch und wir kommen sehr gut miteinander aus“, lobt ihn Margit Mohr. Die 98-Jährige und der Eritreer haben eines gemeinsam: Bevor sie beide nach Glinde kamen, wusste keiner von ihnen überhaupt, wo die Stadt liegt. Heute fühlen sich beide hier wohl.
Für einen Monat ist Kasa Pflegepraktikant im Haus Togohof. Die Senioren duschen, waschen, anziehen – für ihn ist das kein Problem. Trotz aller kulturellen Unterschiede habe er keine Berührungsängste, berichtet Pflegedienstleiterin Anja Oldag. „Es ist toll, schon in der Bewerbungsphase hat er immer wieder nachgehakt, ob es klappt. Sintayehu Kasa hat uns gleich gezeigt: Er will wirklich in der Pflege arbeiten. Und wir sind sehr zufrieden mit ihm. Er ist freundlich, interessiert und bei den Bewohner kommt er bombig an.“ Edith Schnoor, Leiterin der Einrichtung, bestätigt das: „Wir merken sofort, ob jemand wirklich hier arbeiten will.“ Kasa habe das richtige Gespür für den Umgang mit den Senioren.
Senioren helfen: Für ihn selbstverständlich
„Ich habe schon in Äthiopien in der Kirchengemeinde alte Menschen gepflegt – ehrenamtlich“, erzählt Kasa. „Denn den Beruf Altenpfleger gab es dort damals nicht.“ Er sei in Äthiopien aufgewachsen und habe dort von der Landwirtschaft gelebt. „Aber es macht Spaß und glücklich, anderen zu helfen“, hat er festgestellt. Den Senioren dabei zu helfen, ihren Alltag zu bewältigen, ist für Sintayehu Kasa als gläubiger Christ selbstverständlich, es gehört zu seiner Lebenseinstellung. „Auch wir werden alt und brauchen dann Hilfe“, sagt er. „Ich glaube, wenn die alten Menschen zu Gott gehen und zufrieden sind, ist auch Gott glücklich.“
Auch er habe Hilfe erfahren, als er vor eineinhalb Jahren im Juli 2015 nach Glinde gekommen sei. Die Glinder Regina Fischer-Cohen, Kaysa und Hans-Jürgen Neff haben ihn und seine Familie bei allem unterstützt: Beim Spracherwerb, beim Lesenlernen, beim Briefwechsel und bei Telefonaten mit den Behörden bis hin zu ihrer Anerkennung als Asylbewerber. „Sie gehören für uns jetzt zur Familie“, erklärt Kasa.
Zum Traumberuf ist es noch ein weiter Weg
„Aber Sintayehu zeigt ebenfalls eine sehr soziale Ader“, erzählt Regina Fischer-Cohen. Er selbst helfe anderen Flüchtlingen, wo er könne, und übersetze auch für sie. „Er möchte so schnell wie möglich arbeiten, um dem deutschen Staat nicht mehr zur Last zu fallen.“
Aber zu Kasas Traumberuf Altenpfleger ist es noch ein weiter Weg. Denn er hat keine Papiere mehr, auch keine Schulzeugnisse. Deshalb will er in Deutschland die Hauptschulprüfung nachholen. „Die ist leider Voraussetzung für eine Ausbildung als Pflegehelfer bei uns“, sagt Oldag, die Kasa gerne unterstützen will: „Im Anschluss könnte er die Ausbildung als Altenpfleger beginnen.“ Auch Schnoor wäre froh, wenn Kasa in ihr Pflegeteam mit 100 Mitarbeitern einsteigen könnte: „Die Wichern-Gemeinschaft bietet fünf Ausbildungsplätze, aber es wird immer schwieriger, passende Bewerber zu finden.“
Sintayehu Kasa empfiehlt den Beruf Altenpfleger
Sintayehu Kasa hingegen kann nicht verstehen, dass nicht mehr Menschen seinen Traumberuf ergreifen wollen: „Es ist nicht schwer. Zum Heben der Senioren gibt es eine Aufstehhilfe“, sagt er und legt jedem ans Herz, diesen Beruf zu wählen – „besonders im Togohof“, wie er sagt.