Glinde. Auch wenn er die bisherige Öffnungszeit, donnerstags von 15 bis 19 Uhr, beibehalten will – sehr starre Bürozeiten wird es für den neuen Archivar Carsten Walczok wohl nicht geben.
Denn viele Stunden wird er in den Wohnzimmern von Zeitzeugen verbringen, sich Erinnerungen, Namen und Jahreszahlen aufschreiben und so Glindes Stadtarchiv erweitern.
Im September tritt Walczok sein Amt neben den Standorten Barsbüttel und Reinbek auch in Glinde an. Nach dem altersbedingten Ausscheiden des Reinbeker Archivars Peter Wagner und der Erweiterung der Archivgemeinschaft Reinbek/Glinde um das Archiv der Gemeinde Barsbüttel wird er die Schlüsselgewalt über alle drei Archive haben, und sie jeweils mindesten einen Tag pro Woche für die Bürger aufschließen.
Für die Arbeit in Glinde liest Walczok sich schon mal ein, wälzt Archivakten und verschafft sich einen Überblick über die Fotosammlung, über Karten und Pläne von Glinde. „Die Stadt ist historisch gesehen nicht neu für mich, ansonsten kenne ich aber wenig von Glinde“, sagt der Börnsener.
Bevor er Sozial- und Wirtschaftsgeschichte studierte, war der 47-Jährige Polizist und hatte als Personenschützer im Bundestag das Umfeld der Minister im Auge. Sein Interesse für Geschichte war jedoch größer. Seit neun Jahren betreut Walczok das Archiv in Barsbüttel.
Oft ist es ein blindes Suchen.
„Jetzt muss ich für Glinde und Reinbek mitdenken“, sagt er. Und auch ein bisschen umdenken. Glinde, die junge Stadt im Grünen, entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg stetig aber langsam. Unterlagen aus der Zeit davor sind rar. Die „heiligen Hallen“, das Archiv, sehen nicht gerade Ehrfurcht gebietend aus, mit den Archivkartons in unspektakulären Archivschränken. Aber es sind die Geschichten darin, die Walczok interessieren. Und noch mehr die Geschichten, die noch gar nicht aufgeschrieben sind – Geschichten, von denen er nur ein Stück zu fassen kriegt aus einem Wust an Informationen. „Oft ist es ein blindes Suchen. Manches bekommt man nur häppchenweise und es kommt vor, dass man zwei, drei Jahre braucht, um etwas herauszufinden.“
Zwischen vielen Telefonaten, E-Mails und Archivbesuchen liegen kleine Erfolge und Desaster. „Doch der Moment, in dem man etwas gefunden hat, ist nicht zu beschreiben“, sagt der Archivar. In Glinde will sich Walczok in die Geschichte von Hermann Honnef einarbeiten, dem Ingenieur, der Pläne für eine Windenergieanlage machte, die in Glinde gebaut werden sollte.
„Ich habe auch schon einige Ideen, was man über die Stadt an Literatur machen kann“, sagt Walczok. Verstaubt sei sein Beruf ganz und gar nicht. „Es geht nicht darum, im grauen Kittel auf altes Papier zu warten und Akten zu wälzen. Sondern die Regionalgeschichte zu erforschen, um daraus zu lernen.