Ahrensburg. Im Prozess vor dem Jugendschöffengericht muss sich ein 60-Jähriger verantworten. Was er sagt, wie der Richter die Tat bewertet.
Weil er ein Mädchen mehrfach unsittlich berührt und per Whatsapp nach Geschlechtsverkehr gefragt hat, wurde Wolfgang S. am Dienstag von dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Ahrensburg zu einer Haftstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Der 60-Jährige Klinkrader wurde wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf Fällen und wegen der Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern in einem Fall schuldig gesprochen.
Sichtlich beschämt und kaum in der Lage, einen Satz herauszubekommen, hatte der Angeklagte die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft nach anfänglichem Bestreiten doch eingeräumt. Laut Anklage soll Wolfgang S. zwischen 2020 und 2022 ein Mädchen, das während der Taten zwischen zwölf und 13 Jahre alt war, in Feldhorst und Bad Oldesloe teils unter, teils über der Kleidung in den Po gekniffen, diesen geknetet und „geiler Arsch“ gesagt haben. Auch soll er sie teils intensiv auf den Mund geküsst haben.
Prozess: Mädchen am Po begrapscht – es war der „onkelhafte“ Vermieter
Bei dem Mädchen handelt es sich um die Tochter eines Ehepaares, an das Wolfgang S. eine Doppelhaushälfte in Duvensee vermietet hatte. „Aus dem Mietverhältnis hat sich eine Freundschaft entwickelt“, sagte die Mutter des Mädchens, die neben dem Vater und einer Kriminalbeamtin als Zeugin befragt wurde. Das geschädigte Mädchen sagte vor Gericht aus Gründen des Opferschutzes nicht aus.
Wolfgang S. sei hin und wieder zum Kaffee trinken zu Besuch gekommen, da sei auch die Tochter dabei gewesen. Der Kontakt habe angehalten, nachdem die Familie nach Feldhorst und anschließend nach Bad Oldesloe gezogen war. Bei den Besuchen soll es fünfmal in ähnlicher Form zu sexuellen Übergriffen gekommen sein.
Wolfgang S.: „Ich habe mich in sie verliebt.“
Die Vorfälle ereigneten sich im Kinderzimmer des Mädchens, im Fahrstuhl sowie auf dem Sofa im Wohnzimmer. Schließlich soll Wolfgang S. der Minderjährigen eine Whatsapp-Nachricht geschickt haben: Er wolle mit ihr Sex machen, rumschmusen und andere wilde Sachen. Außerdem forderte er das Mädchen auf, aufreizende Fotos zu schicken. Er selbst schickte ihr mehrere Nacktfotos. Da stellte das Mädchen klar, dass es das alles nicht möchte.
Auf die Frage, warum er das getan hatte, sagte Wolfgang S. immer wieder: „Ich habe mich in sie verliebt.“ Mutter und Vater hätten laut eigener Aussage von allem zunächst nichts mitbekommen. „Das Verhältnis war onkelmäßig“, so die Mutter. Doch zu Weihnachten 2021, als Wolfgang S. zum Weihnachtsessen eingeladen war und der Tochter ein Geschenk machte, da sei sie doch stutzig geworden. „Ich habe irgendwann auch gemerkt, dass sie nicht wollte, dass er kommt.“ Sie habe nachfragt, sei nicht an ihre Tochter herangekommen.
Das Mädchen vertraute sich ihrer besten Freundin an
Doch ihrer besten Freundin vertraute sich das Mädchen an. Diese erzählte ihrer Mutter davon und die wiederum suchte den Kontakt zu den Eltern des Opfers. „Am nächsten Tag haben wir Anzeige erstattet“, so der Vater. Dass das Mädchen sich gegen das Grapschen und die Küsse nicht gewehrt habe, sei ihr nicht vorzuwerfen, stellte Richter Ulf Thiele klar. „Kinder bis 14 Jahre können gegenüber Älteren nicht frei über ihre sexuellen Bedürfnisse entscheiden“, sagte er. Dass das Gericht ein mildes Urteil fällte – die Strafe bewegt sich an der unteren Grenze des möglichen Strafmaßes – begründeten Gericht und Staatsanwaltschaft ähnlich.
Auch die Staatsanwaltschaft hatte „ausnahmsweise“ für eine Bewährungsstrafe plädiert. Nicht nur habe Wolfgang S. sich geständig gezeigt, sondern sei auch offensichtlich zutiefst peinlich berührt gewesen und habe seine Tat glaubhaft bereut. Er sei therapiebereit, habe sich aktiv um Hilfe bemüht und trotz Scham seinem Umfeld geöffnet. Außerdem bewegten sich die Taten laut Staatsanwaltschaft im unteren Spektrum des sexuellen Missbrauchs, Körperöffnungen seien nicht berührt worden.
Verurteilter muss 2000 Euro an den Verein Dunkelziffer zahlen
Neben der Bewährungsstrafe muss der Verurteilte 2000 Euro an den Verein Dunkelziffer zahlen, der sich für sexuell missbrauchte Kinder einsetzt. Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Vorschlag der Staatsanwaltschaft. Außerdem muss Wolfgang S. nachweisen, dass er sein Verhalten therapeutisch aufarbeite.
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Bei aller Milde mahnte der Richter an, über das Verhalten gegenüber Minderjährigen nachzudenken. Denn, das zeigte die Auswertung seines Handys: Auch anderen Mädchen aus dem Bekanntenkreis gegenüber hatte Wolfgang S. sich mit Nachrichten wie „Hi Baby“ oder „Ich denke an dich“ fragwürdig geäußert. Thiele: „Diese Distanzlosigkeit sollten sie dringend überdenken.“