Bargteheide. Regionalkonferenz mit Workshops am 10. September im Ganztagszentrum. Bargteheider Kinder- und Jugendbeirat ist involviert.
Rund 100 Teilnehmer werden am 10. September zur 13. Regionalkonferenz Rechtsextremismus & Demokratiestärkung im Bargteheider Ganztagszentrum erwartet. Das länderübergreifende Format wurde vor zehn Jahren in Ratzeburg ins Leben gerufen, um Rassismus und Antisemitismus in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern effektiv entgegenzuwirken. Die Themenpalette der Workshops reicht von Systemsturz-Fantasien und Antisemitismus bis hin zu einem Jugendtreff zur Aufklärung geschlechtlicher und sexueller Vielfalt.
„Ein einziger Zuzug von Rechten kann bereits erhebliche Probleme in Gemeinden verursachen“, sagt Mark Sauer vom Verein Miteinander leben in Mölln. „Um rechtzeitig reagieren zu können, benötigen wir ein Frühwarnsystem, das diese Strömungen im Anfangsstadium erkennt.“
Die Grundidee der Regionalkonferenz sei durch Auseinandersetzungen mit einer rechten Gruppierung in Ratzeburg entstanden. Schnell sei klar geworden, dass die Gemeinde den falschen Ansatz verfolge, denn das Netzwerk sei längst zu groß gewesen, um kleinteilig agieren zu können, so Sauer. Die Lösung: ein Austauschformat, das die Zivilgesellschaft miteinbezieht und über Landesgrenzen hinauswirkt.
Rechte Szene sucht Themen, die die Mitte der Gesellschaft mobilisieren
Ebenfalls seit 2013 dabei ist Saskia Conradi vom Regionalen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus Lübeck (RBT SH) – eine Anlaufstelle, die sich gezielt um Bildungs- und Beratungsarbeit kümmert und Akteure in der Region stark macht. Immer ein wichtiges Thema: die Debattenkultur, die in den vergangenen Jahren einen immensen Wandel vollzogen habt. Hierzu hat sich die Stadt Bargteheide einen Workshop gewünscht. „Es gibt viel Wut und Unverständnis, weshalb Gespräche schnell eskalieren und Bürgermeister angegriffen werden“, sagt Conradi. „Auch in Bargteheide habe ich bereits vermittelt, als es zu Beleidigungen und Morddrohungen gekommen ist. Wer sich für Themen wir Klimapolitik oder LGBTQ engagiert, läuft Gefahr, Hass und Hetze im Netz ausgeliefert zu werden.“
Generell gehe es darum, ortsspezifische Besonderheiten in die Betrachtung einzubeziehen. Während es laut Michael Staack vom RAA-Regionalzentrum für demokratische Kultur Westmecklenburg in Mecklenburg eher Probleme mit sogenannten völkischen Siedlern gebe, trete Rechtsextremismus in anderen Regionen in anderem Gewand auf. Ob Verschwörungstheorien oder Flüchtlingsströme – die rechte Szene verstehe sich darauf, Feindbilder zu erschaffen und Horrorszenarien heraufzubeschwören, sagt Conradi. „Dabei werden gezielt Themen gesucht, die die Mitte der Gesellschaft mobilisieren. Das hat bei Corona funktioniert und wird auch in der Zukunft zu Problemen führen.“
Um nicht selbst in die Ziellinie zu geraten, achten die Akteure darauf, nicht öffentlich in Erscheinung zu treten – und sich breit zu vernetzen. Eine wichtige Komponente ist dabei die Regionalkonferenz, die Interessierte, auch aus der Zivilbevölkerung, zusammenbringt. Gastgeber ist Bargteheide bereits zum zweiten Mal, erstmalig jedoch als Partnerstadt für Demokratie. Nach dem digitalen Start im vergangenen Jahr soll die Partnerschaft nun durch Projekte wie die Konferenz mit Leben gefüllt werden.
Auch Schulen in Stormarn sollen angesprochen werden
Ein wichtiges Ziel sei ebenfalls, die Jugend zu erreichen. Das Workshopthema sexuelle Vielfalt sei in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und Jugendbeirat entstanden, sagt Bodil Pohl, Jugendschutzbeauftragte im Kreis Stormarn. „Wir wollen vor allem mit Jugendlichen im Gespräch bleiben. Wenn dann das Thema Rechtsextremismus hochkommt, können wir angemessen reagieren.“ Es gebe in Bargteheide bisher keine Anlaufstelle für Themen wie diese, sagt Michael Brehm von der Koordinations– und Fachstelle Partnerschaft für Demokratie Bargteheide. Da Prävention mit der eigenen Stärke anfange, seien Austauschformate besonders wichtig.
Auch die Schulen im Kreis Stormarn sollen gezielt angesprochen werden. „Es geht in erster Linie darum, die demokratische Resilienz zu stärken“, sagt Conradi. „Am Ende zählt das Miteinander, aufeinander Rücksicht zu nehmen und ins Gespräch zu kommen. Das ist das Beste, was wir einer angeblichen Spaltung der Gesellschaft, gegenseitigem Misstrauen und damit auch demokratiefeindlichen Ideologien entgegensetzen können.“