Ammersbek. Eigentlich wollte Lena Wendt in Afrika nicht sesshaft werden. Doch dann verliebte sie sich.

Sie erkundete 25 afrikanische Länder, legte mit einem alten Land Rover 46.000 Kilometer zurück und verarbeitete ihre Erfahrungen in einem Film. Kurz vor Beginn der Pandemie reiste Lena Wendt von Ammersbek erneut nach Marokko. Und blieb. Ihre Erlebnisse schildert die 36-Jährige nun in einem Buch und gibt authentische Einblicke in das Leben in Afrika.

„In den Medien sind Schlagzeilen von Afrika oft negativ besetzt“, sagt Lena Wendt. „Dem möchte ich etwas entgegensetzen und die Geschichten der Menschen erzählen, die ich auf meiner Reise kennengelernt habe.“ Als sie 2014 mit ihrem damaligen Freund Ulli Stirnat zum ersten Mal auf große Tour geht, ist ihre Situation noch eine ganz andere. Sie arbeitet als Journalistin beim NDR, hat das Gefühl, in To-do-Listen zu ertrinken, immer darauf bedacht, das Richtige für den Lebenslauf zu tun. Doch der Stress hat seinen Preis. Als ihr Freund an Burnout erkrankt, packen die beiden ihre Koffer und brechen auf – in das größte Abenteuer ihres Lebens.

Ihre Liebe für Afrika hat Lena Wendt von ihrer Mutter, die gerne Daktari geschaut und ihr einen Stoffschimpansen vererbt hat. Seither sei der Traum da gewesen, den exotischen Kontinent zu erkunden, sagt Lena Wendt, die sich noch genau an das Gefühl erinnert, zum ersten Mal afrikanischen Boden zu betreten und die Energie zu spüren, die dort einzigartig sei.

Der Corona-Lockdown zwingt Lena zu bleiben

„Ich denke, dass jeder Mensch einen Ort auf der Welt hat, wo er sich fallenlassen und einfach atmen kann“, sagt die Überlebenskünstlerin. „Afrika gibt mir Wurzeln. In dem Teil der Welt, wo die Wiege der Menschheit ist, fühle ich mich zu Hause. Das liegt unter anderem an den Leuten, die einfach entspannter durchs Leben gehen.“

Dennoch denkt Lena Wendt, als sie mit einer Freundin aus Ammersbek 2020 erneut nach Marokko kommt, nicht daran, dort sesshaft zu werden. Doch dann kommt der erste Lockdown und sie ist gezwungen zu bleiben. Für die freiheitsliebende Frau sei das keine einfache Zeit gewesen, sagt sie rückblickend. Sie wohnt in einer Ferienwohnung, geht heimlich skaten und gibt Yogaunterricht, auch online. Doch der Ausgleich für die Seele habe gefehlt. Als sie einen halbtoten Hund adoptiert, ist sie gezwungen, sich eine eigene Wohnung zu mieten, eine Matratze sowie eine Palette vom Markt sind zunächst die einzigen Möbel.

Selbst mit Vorurteilen über Afrika aufgewachsen

Und dann passiert das, was Lena Wendt sich nie hätte vorstellen können: Sie verliebt sich, heiratet und bleibt. In einen Surfer und Moslem, der sein Leben auf die festen Regeln seines Glaubens aufbaut, während sie zuvor immer nach ihren eigenen Vorstellungen gelebt hat. „Das war der Moment, in dem ich zum ersten Mal freiwillig entschieden habe, meine Privilegien einzuschränken“, sagt Lena Wendt. „Was uns verbindet, sind die gemeinsamen Werte und eine positive Weltsicht. Wir geben uns Raum und akzeptieren unsere Unterschiede.“

Um die Unterschiede, vor allem aber auch die Gemeinsamkeiten geht es in ihrem aktuellen Buch „Danke Afrika“, das beim Copress Verlag erschienen ist. Lena schreibt von Begegnungen und Menschen, die in ihrem Leben etwas verändert haben. Sie sagt: „Viele Leute haben keine Vorstellung davon, wie Afrika wirklich ist. Indem ich meine Begegnungen teile, kann ich etwas zurückgeben. Denn am Ende sind wir alle Menschen, die voneinander lernen können.“

Sie sei ebenfalls naiv aufgewachsen, habe ihre Vorstellungen von Sprüchen wie „Wenn du nicht aufisst, muss ein Kind in Afrika hungern“ bestimmen lassen. Dass der Kontinent so viel mehr sei als Kriege und Krisen, habe sie erst mit der Zeit gelernt.

Zurzeit arbeitet Lena Wendt als Yogalehrerin

Zurzeit arbeitet Lena als Yogalehrerin in einem Surfcamp, leitet so genannte Retreats – also spirituelle Rückzugspausen, die Elemente von afrikanischem Tanz und gewaltfreier Kommunikation beinhalten. Diese Auszeiten sollen Urlaubern helfen, achtsam zu leben und zu sich selbst zu finden.

Und wie soll es bei Lena weitergehen? Sie könne sich vorstellen, ein ähnliches Projekt an der Elfenbeinküste umzusetzen, wo sie bereits ein Grundstück besitze, auch weil dort die finanziellen Möglichkeiten besser wären. Nur nach Deutschland zurückzukehren, das komme nie wieder infrage. Karriere, Haus und Familie, wie sie es bei Freunden in Deutschland sehe, habe für sie keinen Reiz, Dinge wie eine Krankenversicherung keine Bedeutung. „Ich habe mich für ein Leben in Marokko mit allen Konsequenzen entschieden. Der Preis für die Freiheit ist, eine vermeintliche Sicherheit loszulassen. Dafür habe ich das gefunden, wofür ich ursprünglich aufgebrochen bin: Ich wollte einfach nur glücklich sein.“