Bad Oldesloe. Schüler spüren im Projekt #StolenMemory Nachfahren von KZ-Häftlingen auf und geben ihnen persönliche Gegenstände der Opfer wieder.
Anlass zur Freude in der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn: Sie darf sich seit Kurzem offiziell Europaschule nennen. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien übergab während einer mehrstündigen Feier in der Bismarckschule Elmshorn der Oldesloer Bildungseinrichtung sowie drei weiteren Schulen ihre Ernennungsurkunden.
Thema ist die Mitgestaltung der europäischen Zukunft
Nach Angaben des Bildungsministeriums bietet das Land Schulen die Möglichkeit, „hervorragende Arbeit in der Europabildung“ durch das Zertifikat als Europaschule auszeichnen zu lassen. „Damit zeigen sie, dass sie sich in besonderem Maß der Aufgabe widmen, Schülerinnen, Schüler und Auszubildende auf das Leben und Arbeiten in einem internationalen Kontext vorzubereiten und sie gleichzeitig zur Mitgestaltung unserer gemeinsamen Zukunft in Europa zu ermutigen“, heißt es vonseiten des Ministeriums .
So verbindet auch das jüngste Projekt aus der Europaarbeit der Beruflichen Schule mit dem Titel #StolenMemory digitales Arbeiten mit Völkerverständigung. Es geht darum, Nachfahren ehemaliger KZ-Häftlinge aufzuspüren. Ihnen sollen persönliche Dinge aus der Habe der Opfer wie Fotografien oder Schmuckstücke, die diesen bei der Verhaftung abgenommen und nach Kriegsende im Archiv der Stadt Bad Arolsen eingelagert wurden, zurückgegeben werden.
Lehrer gibt in seinem Film Einblick in Projekt
Mit Erfolg, wie sich gezeigt hat: So ist es den Schülern beispielsweise gelungen, die Großnichte eines ehemaligen Häftlings des Konzentrationslagers Neuengamme ausfindig zu machen. Eine von Schulleiter Kai Aagardt angeführte Oldesloer Delegation hat ihr am Dienstag vergangener Woche in einer feierlichen Zeremonie in Danzig die Taschenuhr ihres Großonkels übergeben.
Der Oldesloer Schüler Jonas Mielau (19) hat an #StolenMemory mitgewirkt und war auch bei der Preisverleihung dabei. Er sagt: „Ich bin stolz auf das Projekt. Viele haben sich gefragt, wie sie es vorantreiben und Nachfahren finden können. Das war eine spannende Erfahrung, die man sonst so nicht macht.“ Die Arbeit der Schüler hat Alexander Schmitt, Lehrer für IT- und Mediendesign, in einem Film dokumentiert.
Digitales Projekt mündet in Schulpartnerschaft
Schulleiter Aargardt sagt: „Dieses Projekt ist in vielerlei Hinsicht ein Musterbeispiel dafür, was Schule in Hinblick auf Völkerverständigung, Sichtbarmachung von vergangener Unmenschlichkeit sowie die Demokratiebildung junger Menschen tun kann.“ Er sei glücklich, dass durch die Auszeichnung als Europaschule „die engagierte Europaarbeit meiner Kolleginnen und Kollegen diese Wertschätzung und Würdigung erhält“. Das Projekt #StolenMemory mündet in einer realen Schulpartnerschaft mit Polen. Denn zu den Voraussetzungen für die Erlangung des Titels zählen neben einem solchen Leuchtturmprojekt unter anderem internationalen Schulpartnerschaften, die Integration europäischer Themen im Unterricht sowie Mehrsprachigkeit im Unterrichtsangebot.
Erste Europaschule im Kreis Stormarn und zweite in ganz Schleswig-Holstein war das Emil-von-Behring-Gymnasium in Großhansdorf. Es wurde im Jahr 1996 zertifiziert.