Bad Oldesloe. Grüne fordern, den Anteil an Bio-Produkten bei der Verpflegung in Kitas und Schulen zu erhöhen und den Fleischeinsatz zu reduzieren.

Wie nachhaltig kann, wie nachhaltig sollte das Essen in den Kitas und Schulen sein? Darüber gehen die Ansichten in Stormarns Kreispolitik offenbar weit auseinander. Das hat unlängst eine Sitzung des Jugendhilfeausschusses gezeigt. Während die Grünen das Thema auf die Tagesordnung setzen ließen, bezeichnete der CDU-Abgeordnete Mathias Nordmann den Vorstoß als „U-Boot-Aktion“, mit der das Gremium getäuscht worden sei.

CDU: „Thema taugt nicht für politische Debatte“

Stein des Anstoßes war ein Vortrag von Julia Sievers von der Agrar Koordination, einem unabhängigen und gemeinnützigen Verein. Den bezeichnete Nordmann als „politische Vorfeldorganisation“ der Grünen, die in erster Linie politisch motiviert und ideologiegetrieben agiere. „Ich bin dagegen, vorzuschreiben, was und wie unsere Kinder in Kitas und Schulen essen sollten, das Thema taugt nicht für eine politische Debatte“, so Nordmann.

Mit dieser Ansicht stand er unterdessen ziemlich allein da. „Ich finde es keineswegs verwerflich, dieses wichtige Thema zu diskutieren“, sagte der Ausschussvorsitzende Frank Lauterbach (SPD). Und Uwe Schreiber von den Grünen, der den Antrag eingebracht hatte, bescheinigte Nordmann eine Haltung, die „aus der Zeit gefallen“ sei: „Was und wie wir uns ernähren, hat Auswirkungen auf die eigene Gesundheit, das Tierwohl, die Umwelt und das Klima und besitzt deshalb sehr wohl eine politische Dimension“, so Schreiber.

Viel Potenzial für rasche Verbesserungen

Das verdeutlichte auch der Vortrag von Julia Sievers, die bei der NGO Agrar Koordination das Projekt „Gutes Essen macht Schule“ leitet. „Ziel ist vor allem, die Qualität der Speisen in öffentlich finanzierten Einrichtungen zu erhöhen, das Essen nachhaltiger und damit umweltverträglicher zu gestalten“, erklärt die 42-Jährige aus Bad Oldesloe und Mutter dreier Kinder. Was in Kitas und Schulen auf den Tisch komme, dürfe keine Nebensache sein. Aus ihrer Sicht gebe es viel Potenzial für Verbesserungen, die relativ leicht umzusetzen seien.

Laut Weltklimarat IPCC hingen 2019 etwa 37 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen mit dem Landwirtschafts- und Ernährungssystem zusammen. Dazu zählen unter anderem Emissionen aus der Produktion von Lebens- und Futtermitteln, aus der energieintensiven Herstellung von Düngemitteln und Pestiziden sowie aus dem Transport, der Lagerung, Verarbeitung und Entsorgung von Lebensmitteln.

Wichtig wäre Einsatz saisonaler und regionaler Produkte

„Ein Großteil dieser Emissionen wäre durch einen grundlegenden Wandel des Ernährungssystems vermeidbar“, sagt Sievers. Dafür brauche es indes entsprechende politische Rahmenbedingungen und den Willen, in vielen Bereichen umzudenken. Eine veränderte Kita- und Schulverpflegung könne einen wichtigen Beitrag in diesem Prozess leisten.

„Wichtig wäre es etwa, den Einsatz von saisonalen und biologisch produzierten Lebensmitteln deutlich zu erhöhen, am besten aus regionalem Anbau“, so die Politikwissenschaftlerin. Durch den Verzicht auf Pestizide, Düngemittel, Gentechnik und Antibiotika in der Tierhaltung sind Bio-Produkte nicht nur umweltfreundlicher, sie seien dadurch auch deutlich gesünder.

Ein Drittel aller Lebensmittel landen in der Mülltonne

Reduziert werden sollte zudem der Fleischeinsatz. Und das nicht nur, weil die Fleischproduktion erwiesenermaßen hohe Treibhausgasemissionen verursacht und einen Großteil der globalen Ackerflächen sowie der Getreideernte beansprucht. Laut einer Studie der University of London verursacht der übermäßige Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch weltweit jährlich etwa 285 Milliarden Dollar an Gesundheitskosten. „Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt deshalb, schon in Kitas und Schulen nur einmal pro Woche Fleisch- und Wurstgerichte anzubieten“, sagt Sievers.

Sie ist zudem davon überzeugt, dass hochwertigere Kost auch zu einer Verringerung der Abfallquote von einem Drittel aller eingesetzten Lebensmittel führt. Untersuchungen der Verbraucherzentrale NRW zufolge landen an bundesdeutschen Ganztagsschulen jährlich rund 36.000 Tonnen Lebensmittel mit einem Wert von etwa 70 Millionen Euro in der Tonne.

Bad Oldesloe gilt als Vorreiter im Kreis

„Dieses Geld in eine höhere Qualität der Speisen zu investieren wäre sicher der bessere Weg“, so Sievers. Kontraproduktiv sei unterdessen der Preisdruck in den Ausschreibungen für die Schulverpflegung. „Vollwertige und gesunde Biokost kann gemäß einer Umfrage bei Caterern im Schnitt für 3,45 Euro pro Gericht angeboten werden“, weiß Julia Sievers. Dabei würden gerade 1,50 Euro auf den tatsächlichen Warenwert entfallen. Rein vegetarische Gerichte seien bereits für 1,90 bis 2,85 Euro erhältlich.

Bad Oldesloe gilt im Kreis als Vorreiter, hier soll der Anteil von Bioprodukten in Mittagsmenüs in etlichen Grundschulen bereits bei 30 Prozent liegen. „Verlässliche Zahlen im Kreismaßstab liegen allerdings noch nicht vor“, sagt Uwe Schreiber. Deshalb haben die Grünen jetzt in einem ersten Schritt eine strukturierte Abfrage des Status Quos in Kitas und Grundschulen angeregt. Außerdem sollen auf Kreisebene Fördermaßnahmen ausgelotet werden, um den Einrichtungen weitergehende und Fortbildungs- und Infoangebote unterbreiten zu können.