Bad Oldesloe. Zum Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit der katholischen Kirche starten wir mit einer Serie. 1. Woche: Verzicht auf das Auto.

Eine Woche auf das Auto verzichten und stattdessen mit Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln von A nach B kommen? Das macht Reiner Hinsch seit vielen Jahren. Der Bad Oldesloer ist seit 2005 Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Stormarn.

„Gründe, das Auto stehen zu lassen, gibt es viele“, sagt der 58-Jährige. „Wir brauchen nur an Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit denken.“ Wer auf sein Auto verzichtet, spart Emissionen und angesichts steigender Spritpreise auch Geld. Rechner zum CO2-Ausstoß des eigenen Autos gibt es im Internet.

Fastenzeit: 40 Tage auf geliebte Gewohnheiten verzichten

Hinsch: „Wer sein Auto seltener nutzen möchte, dem empfehle ich tatsächlich, einfach mal eine Woche komplett darauf zu verzichten.“ Viele würden dann nämlich die Erfahrung machen, dass es ohne Auto gar nicht so schlimm sei. Ein großer Hinderungsgrund ist laut Hinsch die Angst davor, kein Auto zur Verfügung zu haben. Die möchte er den Menschen nehmen: „Man muss sein Auto ja nicht sofort verkaufen.“

Außerdem gebe es eine Menge Alternativen: In Großstädten gibt es von Carsharing über Bus- und Bahnverkehr bis hin zu ausleihbaren E-Scootern oder E-Bikes eine Menge Angebote. Auch in kleineren Städten tue sich gerade einiges. „Zum Beispiel in Ahrensburg gibt es Personen, die ihr Auto für andere zur Verfügung stellen.“ Auf entsprechenden Internetplattformen wie „Snappcar“ werde das private Carsharing organisiert.

Privates Carsharing als Alternative für das Auto

Der Dienst ist überall verfügbar, sofern Leute ihr Auto anbieten möchten. Für Bad Oldesloe hat Hinsch selbst ein Carsharing-Angebot ins Leben gerufen. „So bleibt man mobil, auch wenn man den Schritt geht, sein eigenes Auto zu verkaufen.“ Wenn man wirklich eins brauche, könne man sich ein Auto mieten – und kommt damit angesichts der Versicherungskosten und Steuern vermutlich immer noch günstiger weg, als wenn man ein eigenes besitzt.

Vor über 20 Jahren hat Hinsch selbst beschlossen, auf sein Auto zu verzichten. „Ich stellte fest, dass ich das Auto im Alltag gar nicht so oft brauche. Irgendwie geht es auch anders“, so der Bad Oldesloer. Von einem Freund lieh er sich ein Auto, wenn er doch mal eins benötigte. Ansonsten wurde er zum begeisterten Fahrradfahrer.

Fahrrad ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel

„Ich habe das Fahrradfahren sehr gerne“, sagt Hinsch. „Ich kann einfach aus der Haustür gehen, habe mein Rad vor der Tür und kann damit alle Ziele meiner kleinen Stadt erreichen.“ Laut Umweltbundesamt ist das Fahrrad das umweltfreundlichste Verkehrsmittel – aber das ist längst nicht alles.

„Es hält einen fit und gesund“, sagt Hinsch. Wer Fahrrad fährt, absolviert ein hervorragendes Ausdauertraining und beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Außerdem hilft Radfahren beim Abnehmen. Wer eine Stunde bei 20 Stundenkilometern in die Pedale tritt, verbrennt etwa 500 Kilokalorien. Wer das Fahrrad für seinen Arbeitsweg nutzt, schont nicht nur die Umwelt, sondern absolviert quasi nebenbei ein Sportprogramm.

Radfahren hilft gegen Stress und schüttet Endorphine aus

Außerdem ist Radfahren ein Helfer beim Stress: Bei der Bewegung an der frischen Luft schüttet der Körper Endorphine aus. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) reichen 30 Minuten tägliche Bewegung aus, um Gesundheit und Wohlbefinden erheblich zu steigern. Hinsch: „Eine Erhebung hat außerdem gezeigt, dass das Rad bei Strecken unter fünf Kilometern in der Stadt meist das schnellste Verkehrsmittel ist. Man spart sich auch die Parkplatzsuche.“

Sollten Strecken zu lang sein, um sie im Alltag mit dem Fahrrad zurückzulegen, bleibt als Alternative der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Da gibt es Hinschs Einschätzung nach Verbesserungsbedarf: „Gerade in kleinen Städten und auf dem Land fahren die Busse einfach zu selten.“ Dort sei Bus- und Bahnfahren oft umständlich, zeitaufwendig und im Alltag schwer praktikabel.

Politik ist in der Pflicht

Um ein Umdenken in der Bevölkerung zu bewirken, sieht er nicht nur jeden Einzelnen, sondern auch die Politik in der Pflicht: „Der ÖPNV muss so ausgebaut werden, dass die Leute das Angebot auch annehmen.“ Hoffnung setzt er in den neuen Koalitionsvertrag, der Priorität für den Bahnverkehr verspricht. Bei Fernreisen, die mit der Bahn häufig teuer sind, empfiehlt er, Sparpreise zu nutzen: „Wenn man zeitlich flexibel ist, kann man so eine Menge Geld sparen – auch im Vergleich mit dem Auto.“

Hindernisse im Verzicht mit dem Auto gebe es immer. „Zum Beispiel, wenn auf dem Fahrrad der Wind von vorne kommt und man Hagelkörner ins Gesicht bekommt“, sagt Hinsch. Sein Tipp Nummer eins, um trotzdem durchzuhalten? Hinsch: „Einfach machen.“

Hamburger Abendblatt startet mit einer Serie zur Fastenzeit

Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Der Brauch aus dem Christentum soll an das 40-tägige Fasten Jesu in der Wüste erinnern und auf das Osterfest vorbereiten. Traditionell sollten Christen sich in dieser Zeit durch Enthaltsamkeit neu besinnen und die Nähe zu Gott suchen. Heutzutage gibt es keine strengen Fastenregeln mehr. Seit einigen Jahren ruft die evangelische Kirche bundesweit zu ihrer Aktion „7 Wochen ohne“ auf.

Redakteurin Juliane Minow.
Redakteurin Juliane Minow. © Unbekannt | Juliane Minow

Auch nichtgläubige Menschen nutzen den Zeitraum vor dem Osterfest, um auf Süßigkeiten, Alkohol, Zigaretten oder andere Laster zu verzichten. Auch immer gefragter und beliebter ist das Fasten fürs Klima.

Ziel: Sich selbst und der Umwelt etwas Gutes tun

Das Hamburger Abendblatt beteiligt sich an der diesjährigen Fastenzeit mit einer eigenen Serie. Von heute an wird Redakteurin Juliane Minow je eine Woche auf eine Gewohnheit in ihrem Lebens verzichten, um damit – so das Ziel – Umwelt, Mitmenschen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Von Plastikmüll- über Social-Media- bis hin zu Stress-Fasten ist alles dabei. Jede Woche beginnt mit einem Expertengespräch mit Tipps zur Umsetzung und endet mit einem Erfahrungsbericht. Wer mitmachen möchte, ist herzlich dazu eingeladen.

Die erste „Woche“ ist etwas kürzer, Juliane Minow verzichtet aufs Auto (Dienstfahrten fürs Abendblatt an abgelegene Orte sind ausgenommen). Wie gut oder schlecht das klappt, erfahren Sie schon am Sonnabend.