Stormarn. Neuer Verein will nicht nur bei Problemen helfen, sondern auch das Miteinander in Stormarn verbessern. Jeder kann mitmachen.
Ein grauer Vormittag zwischen den Jahren in Ammersbek: Wo andere gerade gemütlich am Frühstückstisch in den Tag starten, sind sie schon seit dem frühen Morgen auf Achse, haben Brötchen geschmiert, Suppe, Kaffee und Tee gekocht. Die Rede ist von Sonja Borowski, Eileen Siweris und Carola Bäcker. Gemeinsam mit vielen Helfern fahren die Mitglieder des Vereins „Für dich Stormarn“ gleich nach Hamburg, um dort Obdachlose mit Decken, Schlafsäcken, warmen Getränken zu versorgen.
Gegründet hat sich der Verein im August. Die Entscheidung, dass die Verantwortlichen ihn ins Leben rufen wollen, ist aber schon im Frühjahr gefallen. „Wir kennen uns über den Verein Zwischenstopp Straße, der in Hamburg tätig ist“, erzählt die zweite Vorsitzende Sonja Borowski. „Wir wollten aber gerne direkt vor Ort in Stormarn tätig sein.“ Borowski selbst wohnt in Ammersbek, die anderen der insgesamt acht Gründungsmitglieder unter anderem in Ahrensburg, Großhansdorf und Bargfeld-Stegen.
Müllsammelaktion zum Weltklimatag initiiert
Warum sie direkt vor der Haustür Hilfe leisten wollen? „Einerseits für den ökologischen Fußabdruck, weil wir nicht mehr extra nach Hamburg fahren müssen. Andererseits aber auch, weil es in Hamburg schon viele tolle Vereine gibt, in Stormarn aber bis jetzt noch nichts Vergleichbares.“ Diese Lücke möchte der Verein schließen. Und: Der Name des Vereins, „Für dich Stormarn“, ist Programm: Er möchte nicht nur Obdachlosen helfen, sondern alle, die es brauchen, niedrigschwellig, schnell und unkompliziert unterstützen: Kinder, Ältere, sozial Schwache oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen.
Seit der Vereinsgründung ist auch schon so einiges passiert. Zum Weltklimatag hat der Verein eine Müllsammelaktion initiiert und umgesetzt. Die Aktionen sollen regelmäßig stattfinden. Erst kürzlich haben die Vereinsmitglieder zu Weihnachten Essenskörbe an bedürftige Senioren verteilt. Außerdem hat der Verein eine Homepage erstellt und ein Konto eröffnet. „Auch diese Dinge nehmen Zeit in Anspruch“, so die zweite Vorsitzende.
Überhaupt: Die Arbeit im Verein ist schon umfangreich, sind sich die Mitglieder einig. „Wir wurden schon oft gefragt, ob wir das hauptberuflich machen“, erzählt Borowski. „Manchmal fühlt es sich auch ein bisschen so an.“ Ungefähr zehn Stunden in der Woche ist Borowski mit dem Verein beschäftigt, die 30 Stunden in der Woche als Sozialpädagogin arbeitet. Auch die anderen Mitglieder sind berufstätig, engagieren sich in ihrer Freizeit für den gemeinnützigen Verein. „Das ist schon manchmal viel“, sagt Sonja Borowski. Aber das ist für niemanden von ihnen ein Grund, die wichtige Arbeit nicht zu machen.
Wer speziell für welches Thema den Hut aufhat, ist im Verein auch geregelt. Carola Bäcker zum Beispiel kümmert sich hauptsächlich um Obdachlosenhilfe, Sonja Borowski schwerpunktmäßig um Umweltschutz. Übrigens: Obdachlosigkeit, betonen die Vereinsmitglieder, ist nicht nur in Hamburg ein Problem. „Auch im Kreis Stormarn gibt es Menschen, die auf der Straße leben“, so Borowski. Wo genau und wie sie ihnen helfen können, finden die Vereinsmitglieder gerade heraus. „Noch fehlen uns Kontaktdaten oder Orte, an denen die Menschen schlafen. Wir erhoffen uns aber durch unsere Aktionen wie diese Aufmerksamkeit, die uns hilft, an die Menschen heranzukommen.“ Langfristig ist das Ziel, eine Karte zu erstellen, auf der Schlafplätze von Wohnungslosen markiert sind. Dann – so der Plan – können die Menschen gezielt in kleinen Touren angefahren und versorgt werden.
An diesem Tag geht es aber zum Aushelfen erst einmal nach Hamburg. Die Frauen begleiten einen Herren, der täglich von Ammersbek nach Hamburg fährt und Menschen unterstützt, die auf der Straße leben. Dafür haben Borowski und ihre Kolleginnen wochenlang Spenden gesammelt: Kleidung, Decken, Hygieneartikel – alles, was eben so gebraucht wird. Das gilt es zu verteilen.
Warum sie die ganze Arbeit auf sich nehmen? „Es macht mich einfach wahnsinnig glücklich, anderen zu helfen“, sagt Carola Bäcker. „Das gibt mir so viel zurück.“ Sonja Borowski: „Ich möchte für mein Kind und für andere ein Vorbild sein. Ich glaube, eine Gesellschaft funktioniert nur, wenn man sich auch um die kümmert, denen es nicht gut geht. Da möchte ich mit gutem Beispiel vorangehen.“ Auch Eileen Siweris macht es Spaß, anderen Leuten zu helfen: „Mir selbst könnte es schlechter gehen. Wenn es so wäre, würde ich mir auch wünschen, dass andere für mich da sind.“
Verein will nicht nur bei Problemen helfen
Für die Zukunft jedenfalls ist noch so einiges geplant. Zu Ostern möchte der Verein Kindern helfen. Ein anderes Projekt soll Alleinerziehende unterstützen. Wichtig ist dem Verein, sich nicht auf bestimmte Themen zu versteifen, sondern für alles offen zu sein. „Wir haben kürzlich zum Beispiel auch einer Familie geholfen, deren Mutter verstorben ist“, sagt Borowski. „Da haben wir für die Kinder Geld gesammelt.“ Und auch bei Problemen des Alltags möchte der Verein eine Hilfe sein: „Wir haben neulich von einem Mann mitbekommen, der wochenlang im Dunkeln gewohnt hat, weil er altersbedingt seine Glühbirne nicht mehr wechseln konnte.“ Auch in solchen Fällen will der Verein helfen.
Borowski: „Die Stormarner sollen wissen: An uns kann man sich wenden.“ Aber: „Wir wollen auch immer wieder mit schönen Aktionen Menschen zusammenbringen. Wir wollen uns nicht nur um Probleme kümmern, sondern auch das Miteinander in Stormarn verschönern.“ Dafür wollen sie gerne auch mit anderen Vereinen zusammenarbeiten. „Wir wollen niemandem etwas wegnehmen, sondern im Gegenteil gemeinsam stärker sein.“ Wer den Verein mit seiner Mitarbeit oder durch Spenden unterstützen will, findet auf der Homepage www.fuerdichstormarn.de, Facebook und Instagram alle nötigen Infos. Die Mitglieder freuen sich immer über tatkräftige Helfer: „Jeder, der sich engagieren möchte, kann das bei uns tun.“
Übrigens: Die Aktion in Hamburg war ein voller Erfolg. Mehrere Stunden haben die Vereinsmitglieder und viele Helfer Schlafsäcke, Essen und mehr verteilt und den Menschen auf der Straße gemeinsam gegen Kälte und Hunger geholfen. Borowski: „Die Freude und Dankbarkeit haben uns gezeigt, dass es richtig ist, was wir tun. Aber die Gespräche und Begegnungen mit den Obdachlosen hinterlassen auch Spuren. Sie erinnern daran, wie gut es den meisten von uns geht und machen deutlich, dass die Ärmsten unserer Gesellschaft trotz allem noch oft vergessen werden. Genau dagegen wollen wir etwas tun.“