Ahrensburg. Am Sonnabend tritt die 2G-Regel im Einzelhandel in Kraft. Wie blicken Geschäftsleute und Kunden der Maßnahme entgegen?

Unsicherheit, Angst vor Umsatzeinbußen, aber auch Verständnis: Das empfinden Einzelhändler, wenn sie an die 2G-Regel denken, die am Sonnabend bundesweit und damit auch in Schleswig-Holstein in Kraft tritt. Angesichts der steigenden Zahlen haben Bund und Länder sich am Donnerstag auf den Schritt geeinigt. Unter der neuen Regelung haben nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt zu Bekleidungs-, Elektronik- und weiteren Fachgeschäften. Ausgenommen ist der Handel des täglichen Bedarfs wie Supermärkte oder Apotheken. Die Kontrolle sollen die Geschäfte übernehmen. Was sagen Einzelhändler und Kunden vor Ort dazu?

„Ich weiß noch gar nicht, wie ich die Regel umsetzen soll“, sagt Angelika Rehmke, Inhaberin des Blumenfachgeschäfts Blütenzauber in der Ahrensburger Innenstadt. Außer ihr arbeitet nur eine weitere Mitarbeiterin dort. „Wir haben keine Zeit, dass immer jemand an der Tür steht.“ Geld, um eine Person extra für die Kontrollen der Impfnachweise einzustellen, hat sie aber auch nicht.

Mit Umsatzbußen hat sie seit der Pandemie ohnehin zu kämpfen. „Es gibt weniger Anlässe, Blumen zu kaufen.“ Durch 2G fürchtet sie, dass die Lage noch schlimmer wird, mehr Leute wegbleiben und es finanziell noch prekärer wird. „Immerhin bestellen einige zu Weihnachten telefonisch Blumen, um sie zu verschicken“, so Rehmke. Ob sie das rettet, weiß sie aber noch nicht. „Ich mache mir schon sehr große Sorgen.“

Kontrolle der Nachweise ist aufwendig

„Bauchschmerzen“ hat auch Angelika Hoch, wenn sie an die bevorstehende 2G-Regel denkt. Sie ist Inhaberin des Geschäfts Badeperle in Ahrensburg, das Kosmetikartikel, Bademäntel, Seifen und mehr anbietet. „Ich finde 2G richtig und wichtig“, sagt sie. „Treffen tut mich die Regel aber natürlich trotzdem.“ Denn in ihrem Sortiment finden sich viele potenzielle Weihnachtsgeschenke.

Sie geht davon aus, dass die 2G-Regel sie einen Teil ihres Weihnachtsgeschäfts kosten wird und fragt sich auch, ob es vielleicht sogar wieder einen kompletten Lockdown geben wird. So viel ist sicher: „Es ist ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt.“ Denn schon im vergangenen Jahr war die Lage durch Corona ähnlich schwierig. Finanziell ist die Pandemie für sie eine enorme Belastung. Und praktisch? „Mein Mann wird dann am Eingang stehen und die Impfnachweise kontrollieren“, sagt sie. Das sei natürlich ein zusätzlicher Aufwand.

Und sie denkt auch an die Kunden: „Es kann passieren, dass sich vor dem Eingang Schlangen bilden und die Leute warten müssen – vor allem sonnabends.“ Wie genau sich die Regel auf ihr Geschäft auswirkt, könne sie jetzt aber noch nicht sagen: „Wir müssen es auf uns zukommen lassen.“

Nikolas Tschirch ist Inhaber des familiengeführten Spielwarengeschäfts Ollefant in der Ahrensburger City. „Für uns ist das natürlich auch schwierig umzusetzen“, sagt er. „Wir sind ein kleines Unternehmen und können unser Personal nicht unendlich strecken.“ Wenn am Sonnabend die 2G-Regel in Kraft tritt, wird immer ein Mitarbeiter an der Eingangstür stehen und die Nachweise kontrollieren.

Weihnachtsgeschäft droht erneut zu platzen

„Das heißt natürlich auch, dass wir im Geschäft selbst weniger beraten können.“ Das ist für ihn und seine Kollegen durchaus problematisch, denn von Babyspielzeug bis hin zu Schulranzen hat das Geschäft viele beratungsintensive Produkte im Sortiment. Seit Corona vereinbart das Geschäft mit seinen Kunden dafür Termine. „Durch 2G werden wir weniger Termine machen können“, so Tschirch. „Das wirkt sich natürlich auf unsere Verkaufszahlen aus.“ Und auch wegen der Kunden, die seinen Laden nicht mehr betreten dürfen, rechnet er mit Verlusten.

„Als Spielwarengeschäft ist die Weihnachtszeit für uns extrem relevant“, sagt der Unternehmer. Um die Umsatzeinbußen abzufangen, macht er sich Gedanken, wie das Weihnachtsgeschäft trotzdem zu retten ist: „Zum Beispiel denken wir darüber nach, Waren nach Hause zu den Kunden zu liefern.“

„Ich habe für die Maßnahme Verständnis“, sagt Birgit Staack vom Bekleidungsgeschäft Marie Luise. „Denn leider gibt es zu viele Menschen, die keine Rücksicht auf andere nehmen.“ Eine finanzielle Katastrophe sei das für die Einzelhändler aber trotzdem. „Wir müssen Ware einkaufen und Miete bezahlen“, so Staack. Es fehlen aber die Einnahmen – und das schon lange. Bereits im vergangenen Jahr habe Corona das Weihnachtsgeschäft kaputt gemacht. Staacks Einschätzung: „Die Verzweiflung ist groß. Ich glaube, es ist nur eine Frage der Zeit, bis Läden schließen müssen.“

Bei den Kunden indes kommt die Regelung gut an: „Ich finde 2G super“, sagt Ramona Stöhr. „Ich bin selbst dreimal geimpft und habe so ein besseres Gefühl beim Einkaufen. „Wir fühlen uns sicherer“, sagen auch Birgit und Thomas Clausen. „Wir sind selbst geimpft und finden den Schritt der Politik absolut richtig, um die Pandemie hoffentlich in den Griff zu bekommen.“ Mitleid für die Ungeimpften, die künftig nicht mehr shoppen dürfen, haben sie nicht – und auch kein Verständnis mehr: „Nach fast zwei Jahren wünschen wir uns langsam wirklich wieder Normalität zurück.“