Kiel/Bargteheide. Die Bargteheider Unternehmerin und Präses der IHK zu Lübeck, Friederike C. Kühn, erhielt vom Bundespräsidenten das Verdienstkreuz am Bande.

Als Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schleswig-Holstein und Präses der IHK zu Lübeck hat Friederike C. Kühn viele neue Maßstäbe gesetzt. Was Frauen in Führungspositionen bewirken können, dafür ist die 59-Jährige selbst ein prägnantes Beispiel. Dass sie anderen Frauen den Weg zu ambitionierten Karrieren geebnet und sie dazu ermutigt hat, durchzieht ihr Leben wie ein roter Faden. Dafür ist sie jetzt von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland geehrt worden.

Auch Ausbildung zur DRK-Sanitäterin durchlaufen

Schleswig-Holsteins stellvertretende Ministerpräsidentin Monika Heinold (r.) überreichte Friederike C. Kühn in Kiel im Namen des Bundespräsidenten den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland am Bande.
Schleswig-Holsteins stellvertretende Ministerpräsidentin Monika Heinold (r.) überreichte Friederike C. Kühn in Kiel im Namen des Bundespräsidenten den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland am Bande. © Frank Peter | Frank Peter

„Ich war überrascht von der Auszeichnung und wusste anfangs nicht so recht, wie ich damit umgehen soll“, gestand sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie habe den Hinweis auf eine außergewöhnliche Lebensleistung als „zu hoch gegriffen“ empfunden und mit der Fokussierung auf ihre Person gefremdelt. „Ich verstehe mich in erster Linie als Teamplayerin. Ohne Mitstreiterinnen und Mitstreiter hätte ich sicher nicht so viel bewegen können. Hinter dieser Ehrung steht für mich vor allem eine Teamleistung“, so Kühn.

Seit drei Jahrzehnten engagiert sich die Unternehmerin aus Bargteheide, die nach dem Abitur in Niedersachsen Pharmazeutisch-Technische Assistentin geworden ist, ehrenamtlich. „Im Grunde hat das bereits in meiner Schulzeit angefangen“, erzählt die gebürtige Berlinerin. So habe sie Orchesterauftritte und Theateraufführungen organisiert und sich in verschiedenen AGs der Nachmittagsbetreuung eingebracht. Zudem durchlief sie eine Ausbildung zur Sanitäterin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) mit entsprechenden Einsätzen bei verschiedenen Veranstaltungen.

Das Helfer-Gen liegt der Apothekertochter im Blut

Das Helfer-Gen liege ihr als Tochter einer Apothekerfamilie praktisch im Blut, sagt die Mutter eines Sohnes. So verwundert es nicht, dass sie nach diversen Kursen im Gesundheitswesen und in der Labordiagnostik noch ein Pharmazie-Teilstudium in Frankfurt am Main absolviert hat – und 1990 den 1978 im Medien-Bunker auf dem Hamburger Heiligengeistfeld gegründeten Medical Werbe Service (MWS) übernahm.

Den Marketing-, Werbe- und Versanddienstleister leitet Friederike C. Kühn als Geschäftsführende Gesellschafterin noch heute, gemeinsam mit ihrem Ehemann Thomas. Inzwischen aber nicht mehr in der hektischen Hansestadt, sondern im deutlich beschaulicheren Bargteheide, im Herzen Stormarns.

1999 in eine eigene Immobilie in Bargteheide gezogen

„Wir sind am 11. 11. 1999 in eine firmeneigene Immobilie an die Otto-Hans-Straße im Gewerbegebiet Langenhorst gezogen“, berichtet Kühn. Das Datum hat sich offenbar als gutes Omen erwiesen. Denn dort findet sich neben zwei Lagerhallen mit Logistikflächen in einem Ausmaß von mehr als 2000 Quadratmetern auch ein Seminarhaus für die Ausbildung von Lageristen und Kundenveranstaltungen.

Das Leistungsspektrum der branchenübergreifenden Agentur mit zehn festen Mitarbeitern und temporären Aushilfen wurde 2011 um einen Versand-Service für Online-Shops und 2016 um einem Hygienebereich für die Konfektionierung von Sterilprodukten erweitert.

Keine Verfechterin von dogmatischen Frauenquoten

Doch weil Friederike C. Kühn gern über den eigenen Tellerrand hinausschaut, hat sie sich bereits seit 1993 im Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) engagiert. Dem Hamburger Vorstand gehörte sie 13 Jahre an und gründete in dieser Zeit unter anderem das Netzwerk Hanse-Unternehmerinnen. „Ich sehe mich weiß Gott nicht als typische Gleichstellungsbeauftragte und bin auch keine Verfechterin von dogmatischen Genderquoten“, sagt sie. Es sei aber eine nicht zu leugnende Tatsache, dass Frauen neben hochrangigen Abschlüssen und großem Know-how auch über enorme soziale Kompetenz verfügen.

„Dass sie dabei auch ihr ganz eigenes Bauchgefühl einbringen, hat noch keinem Unternehmen geschadet. Gemischte Führungsteams haben sich in vielen Bereichen absolut bewährt und viele Firmen deutlich vorangebracht“, ist Kühn überzeugt. Außerdem sei es höchste Zeit, dass Frauen, die rund die Hälfte der deutschen Bevölkerung repräsentieren, sich deutlich stärker auch in Führungspositionen wiederfinden.

Bei der Wahl 2013 erst zweite Frau als Präses einer IHK

Unterschiedlichen Quellen zufolge liegt ihr Anteil aber noch immer nur bei rund einem Drittel. In den Vorständen der größten börsennotierten Unternehmen lag er im Oktober 2020 immerhin bei rund 36,3 Prozent. Kein Vergleich aber zu Lettland: Dort waren im Vorjahr rund 46,6 Prozent aller Führungspositionen mit Frauen besetzt und damit mehr als in jedem anderen EU-Staat.

Das Ungleichgewicht hierzulande dokumentierte sich übrigens auch in den Industrie- und Handelskammern. Als Friederike C. Kühn im Februar 2013 erstmals zur Präses der IHK zu Lübeck gewählt wurde, war sie erst die zweite Frau in diesem Amt. Inzwischen sind es zwar elf. Damit sind sie im Vergleich zu den 68 männlichen IHK-Chefs aber noch immer deutlich in der Unterzahl.

Dritte Wahlperiode geht in Kürze zu Ende

Die dritte Wahlperiode von Friederike C. Kühn geht dieser Tage zu Ende. Damit kann sie nach neun Jahren im Amt satzungsgemäß nicht wieder Präses der IHK zu Lübeck werden. Dass ihr Leben dann in ruhigeren Bahnen verlaufen wird, ist nicht zu erwarten. Die von ihr etablierten Foren des fachlichen und branchenübergreifenden Austauschs wie dem in ungeraden Jahren stattfindenden Kongress für Frauen in Führung im Norden und dem in geraden Jahren stattfindenden Unternehmerinnentag will sie weiter begleiten.

„Die Frauenförderung und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird eines meiner Hauptthemen bleiben, weil wir da längst noch nicht am Ziel sind“, sagt die leidenschaftliche Netzwerkerin.