Glinde. Glinde verbietet Schottergärten, wird Einhaltung der neuen örtlichen Bauvorschrift vorerst aber nicht kontrollieren.

Sie sind alles andere als klimafreundlich und längst nicht so pflegeleicht, wie manch einer denkt: Schottergärten bieten keinen Lebensraum für Insekten und geben im Sommer zusätzliche Wärme ab. In Schleswig-Holstein sind sie untersagt. Geregelt ist das in der Landesbauordnung. Laut Paragraf 8 sind die nicht zu überbauenden Flächen der bebauten Grundstücke wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und zu begrünen oder zu bepflanzen. Trotzdem haben Menschen in Glinde ihren Vorgarten mit Steinen ausgelegt. Sanktionen müssen sie nicht befürchten wegen des Bestandsschutzes und weil nicht überprüft wird.

1500 Euro für Stärkung der Öffentlichkeitsarbeit

Die Politiker in der 18.900-Einwohner-Stadt hatten ihre Ablehnung gegen eine solche Flächenversiegelung bekräftigt und sich für eine örtliche Bauvorschrift ausgesprochen. Die Inhalte des Gesetzes sind nun in der kommunalen Satzung verankert. Mit diesem Schritt wird das Verbot untermauert. Es gilt für alle neuen und zu ändernden Bebauungspläne. Um die Bürger von einer Missachtung abzuhalten, setzt die Stadt vorerst auf Aufklärung statt Kontrolle. Im jüngsten Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz waren sich die Entscheidungsträger einig, die Öffentlichkeitsarbeit zu stärken. Für 1500 Euro werden Flyer gedruckt und Samentüten gekauft, um die Glinder von einer alternativen und naturnahen Gartengestaltung zu überzeugen.

„Eine systematische Überwachung wollen wir nicht. Das ist ein hoher Aufwand, zerstört Vertrauen und fördert das Miteinander nicht“, sagt Bürgermeister Rainhard Zug. Die Kontrolle obliege ohnehin dem Kreis, dort seien aber für so etwas keine personellen Kapazitäten vorhanden. „Und es ist nicht das Ziel, der Behörde in Bad Oldesloe neue Aufgaben zu verschaffen.“ Wenn es jedoch einmal soweit kommen sollte, bringt der Verwaltungschef eine Beobachtung per Luftbild ins Spiel. Der Schwerpunkt liege jedoch darauf, den Menschen Hilfestellung zu geben. „Ich sehe, dass es auch in Glinde immer mehr Schottergärten gibt“, sagt Zug.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Rainer Neumann hat eine nicht unerhebliche Zahl in den Straßen Am Hünengrab und Papendieker Redder ausgemacht. Viele Flächen auf den Grundstücken seien auch gepflastert. Für Neumann und seine Kollegen aus allen Fraktionen ist das Untersagen von Schottergärten ein Mosaikstein im integrierten Klimaschutzkonzept, das von der Stadtvertretung demnächst verabschiedet werden soll. Glinde macht in Sachen CO2-Reduktion Tempo, animiert die Bevölkerung, Gutes für die Umwelt zu tun. Mit Blick auf Schottergärten sagt Neumann, der zugleich den Vorsitz im Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz hat: „Es wird immer Menschen geben, die nicht an das Gemeinwohl denken. Das sieht man jetzt auch bei der Impfkampagne.“

Bei geplantem Quartier in Wiesenfeld wurde der Klimaschutz mitgedacht

Der umweltpolitische Sprecher der SPD, Peter Michael Geierhaas, erhofft sich von der Flyer-Aktion sowie der Verteilung der Samentüten, dass der eine oder andere Glinder, der seinen Garten mit Schotter, Splitt oder Kies bedeckt hat, das Areal umgestaltet. Er sagt über die jüngsten Beschlüsse: „Es ist das Signal, dass wir die Sache ernst nehmen. Wenn das niederschwellige Angebot allerdings keinen Erfolg hat, wird man sich überlegen müssen, wie man es besser macht und eine Art der Überprüfung stattfindet.“

Das Schottergarten-Verbot ist bereits im Entwurf des Bebauungsplans für das Quartier im Stadtteil Wiesenfeld manifestiert. Dort will die Baugenossenschaft Sachsenwald 149 neue Wohnungen erstellen. Bei der Projektvorstellung im Juni waren Politiker begeistert, weil der Klimaschutz mitgedacht wurde. Sie lobten das Mobilitätskonzept mit Car-Sharing. Asphaltierte Pkw-Stellplätze für die Privatautos der Mieter vor den Häusern gibt es nicht, dafür aber Stromtankstellen. Auf dem rund 1,3 Hektar großen Grundstück sollen die Außenanlagen ansprechend gestaltet werden mit viel Grün. Die Maxime lautet, mit der Flächenversiegelung sparsam umzugehen.

Kiesuntergrund ist teuer und ökologisch wertlos

Das Verbot von Schottergärten in eine örtliche Bauvorschrift münden zu lassen, hatten Sozialdemokraten und Grüne mit einem entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht. Auch CDU und FDP wünschen sich zum Beispiel mehr Blühstreifen auf Privatgrundstücken. Das ist für die Eigentürmer günstiger, denn wer auf die ökologisch wertlose Variante setzt, muss mit hohen Folgekosten rechnen. „Nach drei bis zehn Jahren muss die ganze Fläche abgetragen, der Kies gewaschen, das Vlies unter dem Kies entfernt und erneuert und der saubere Kies wieder aufgelegt werden. Auch das ist teuer und verbraucht Strom“, heißt es beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).