Ahrensburg. Die Ahrensburger Jan Haarländer und Tim Moormann sind mit 170 Einsatzkräften nach sechs Tagen im Ahrtal zurück in der Heimat.

Erst mal schlafen. Diesen Wunsch teilten die beiden Ahrensburger Feuerwehrleute Jan Haarländer und Tim Moormann nach der Rückkehr aus dem Hochwasser-Katastrophengebiet in Rheinland-Pfalz mit weiteren rund 170 Stormarner Helfern. Sechs Tage waren die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren, vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Deutschen Roten Kreuz (DRK) und Malteser Hilfsdienst (MHD) unterwegs. „Schon bei der Anreise haben wir 40 Stunden lang kaum ein Auge zubekommen“, sagt Jan Haarländer, Chef der Ortswehr Ahrensburg.

Zunächst pendelte die 2. Feuerwehrbereitschaft zwischen dem Logistikzentrum am Nürburgring und ihrem endgültigen Standort in Windhagen an der A 3. Am dortigen Sport- und Gemeindezentrum sei in vier, fünf Stunden eine komplette Stadt für 700 Einsatzkräfte aufgebaut worden. Die 16 Ahrensburger, die mit zwei Löschfahrzeugen und einem Mannschaftstransporter unterwegs waren, kamen in einer Umkleidekabine unter. Sie rollten ihre Schlafsäcke auf vom ASB verteilten Feldbetten aus.

Aufstehen um 5 Uhr, Abendessen um Mitternacht

Drumherum wuchs innerhalb kürzester Zeit eine Zeltstadt mit kompletter Versorgung. Das Technische Hilfswerk (THW) Bad Oldesloe errichtete sogar eine Werkstatt, um Fahrzeuge schnell reparieren zu können. Von Windhagen aus ging es täglich auf die andere Rheinseite in den etwa eine Stunde entfernten Kurort Bad Neuenahr-Ahrweiler (rund 29.000 Einwohner). „Um 5 Uhr sind wir aufgestanden“, sagt Feuerwehrsprecher Moormann, „nach unserer Rückkehr mussten erst mal Fahrzeuge, Geräte und Kleidung gereinigt werden, ehe es um Mitternacht Abendessen gab.“ Und danach ein wenig Schlaf.

Ahrensburger Feuerwehrleute schaufeln Schlamm aus einem Erdgeschoss in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Ahrensburger Feuerwehrleute schaufeln Schlamm aus einem Erdgeschoss in Bad Neuenahr-Ahrweiler. © Freiwillige Feuerwehr Ahrensburg | Freiwillige Feuerwehr Ahrensburg

Das Ausmaß der Verwüstung, das das üblicherweise ruhige Flüsschen Ahr angerichtet hatte, erschütterte selbst erfahrene Helfer. „Mit jedem Kilometer der Anfahrt wurden die Kameraden stiller“, sagt Moormann, der beim Elbe-Oder-Hochwasser und beim Münsterländer Schneechaos im Einsatz war. „So massive Zerstörungen gab’s dort bei Weitem nicht.“ Sämtliche Häuser auch noch in Hunderten Metern Entfernung vom Ufer seien bis zum ersten Stock voll Schlamm gewesen. Auf einer 10.000 Quadratmeter großen Wiese türme sich nun ein 15 Meter hoher Schuttberg auf.

Mund-Nase-Schutz hilft auch gegen Gestank

„Und über allem liegt ein widerlicher Gestank“, sagt Moormann. So erschwert der in Corona-Pandemiezeiten obligatorische Mund-Nase-Schutz zwar die Arbeit, hat aber auch durchaus Vorteile. Noch immer ist der Strom in vielen Straßen ausgefallen, Wasserleitungen und Abwasserrohre sind zerstört. Der Schlamm hat sich mit Beton und Fäkalien, aber auch Öl, Kraftstoffen und Chemikalien vermischt.

„Trotz aller Widrigkeiten ist die Motivation aller Helfer unverändert groß“, sagt Jan Haarländer. „Man muss sie sogar eher bremsen und an Pausen erinnern.“ Aus dem gesamten Bundesgebiet kommen zudem Firmen und Privatleute, melden sich bei den Organisatoren für Einsätze. So konnte Zugführer Haarländer auf 30 bis 50 Freiwillige zurückgreifen, die Wasser abpumpten und Schlamm wegschaufelten. Während Bundeswehr und THW mit ihren schweren Geräten größere Aufgaben erledigten, kümmerten sich die Feuerwehrleute um alles Mögliche. „Überall gibt es etwas anderes zu tun“, sagt Haarländer. So überprüften die Ahrensburger mal den Verdacht auf ein Gasleck, brachen verzogene Türen für Hausbesitzer auf, sperrten einsturzgefährdete Gebäude ab, halfen bei größeren Geld- und Waffenfunden weiter.

Auch seelische Unterstützung für die Menschen

Und natürlich sind sie am dichtesten an den Menschen dran. „Etliche konnten sich gerade noch auf dem obersten Treppenabsatz in Sicherheit bringen“, sagt Tim Moormann. „Dann hat die Flut quasi ihr komplettes bisheriges Leben weggeschwemmt.“ Viele hätten Zukunftsängste. „Da leisten wir auch seelische Unterstützung“, sagt Haarländer. Die Feuerwehrleute selbst können immer auf die Experten der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) zurückgreifen. „Und wir werden uns sicher mit allen zusammensetzen, um über die Erfahrungen vor Ort zu sprechen.“

Nun sind in einer zweiten Gruppe rund 100 Stormarner Feuerwehrleute, darunter neun aus Ahrensburg, ins Krisengebiet gefahren. Sie bleiben bis Freitag – solange hat Rheinland-Pfalz noch um Unterstützung gebeten. Die Helfer, die jetzt von einem Blaulichtkorso bis zum Toom-Baumarkt in Ahrensburg begleitet wurden, schätzen nicht, dass dann Schluss ist. „Allein die Aufräumarbeiten werden noch Monate dauern“, meint Jan Haarländer. Er ist sich sicher, dass die Ahrensburger Wehr auch noch ein drittes Team findet, sollte eine Anfrage kommen. Denn im Vergleich zu den Sorgen der Hochwasseropfer ist Schlafmangel kein wirkliches Problem.

106 aktive Mitgliederhat die Freiwillige Feuerwehr Ahrensburg momentan. Es gibt Ortswehren in Ahrensburg mit der zentralen Rettungswache an der Straße Am Weinberg sowie in Ahrensfelde und Wulfsdorf.

„Unterstützer sind immer willkommen“, sagt Sprecher Tim Moormann. Wer nicht zu Einsätzen möchte, kann Aufgaben beispielsweise in der Verwaltung übernehmen.

Kontakt per E-Mail an:

mitmachen@feuerwehr-ahrensburg.de.