Bad Oldesloe. Die Bewohner der Hölk- und Poggenbreeden-Hochäuser sollen noch im Juni immunisiert werden. Eine Anmeldung ist nicht nötig.
Anmeldung nicht nötig: Noch im Juni sollen die Bewohner der Hölk- und Poggenbreeden-Hochhäuser in Bad Oldesloe ein Corona-Impfangebot bekommen. Ein mobiles Impfteam wird für voraussichtlich einen Tag ein Mini-Impfzentrum im „Plan B“-Quartiersbüro einrichten.
Die beiden Hochhäuser im Oldesloer Norden gelten als Brennpunkt. Die Wohnverhältnisse sind eng, die Apartments klein, die Sprachbarrieren oft hoch. Dementsprechend groß ist bei Quartiersmanagerin Maria Herrmann die Sorge vor einer unkontrollierten Ausbreitung des Coronavirus unter den Bewohnern: „Wir hatten hier in den vergangenen Monaten schon einige Infektionen. Flächendeckend ausgebreitet hat sich das Virus jedoch glücklicherweise nicht.“
Virus kann sich gerade in sozialen Brennpunkten schnell verbreiten
Doch Herrmann hat die Sorge, dass das noch passieren könnte, wenn nicht schnellstmöglich geimpft wird. Unbegründet ist die Angst nicht. Beispiele aus anderen Städten zeigen, dass sich das Virus gerade in Brennpunkten schnell verbreiten kann. Armut ist ein guter Nährboden für das Virus.
Das erkannte die Stadt Köln bereits Anfang Mai. In Brennpunkt-Siedlungen wie Chorweiler griff das Virus um sich, die Stadt handelte und startete ein Pilotprojekt: Niedrigschwellige Impfung für jeden Bewohner, der sich immunisieren lassen möchte – und das ohne Terminvereinbarungen und lange Wartezeiten. Die Stadt hat im Rahmen des Modellprojekts bereits 1000 Impfdosen vom Land an Menschen in benachteiligten Stadtteilen verimpft, wo die Inzidenzzahlen um ein Vielfaches höher lagen als in anderen Vierteln. Schon die ersten Impfaktionen durch mobile Teams hätten laut der Stadt Köln gezeigt, dass Menschen erreicht worden seien, für die eine Anmeldung im Impfzentrum oder auch der Besuch bei einem Hausarzt eine hohe Hürde darstellt.
Impftermine zu vereinbaren, sei für die Bewohner „nahezu unmöglich“
In dem Oldesloer Brennpunkt leben weit weniger Menschen als etwa in Chorweiler. Die Probleme sind jedoch dieselben, wie Maria Herrmann sagt: „Einen Impftermin vereinbaren ist schon unter normalen Bedingungen schwer, für diese Menschen hier nahezu unmöglich.“ Sie selbst habe kürzlich zwei Stunden damit zugebracht, für einen impfberechtigten Hölk-Bewohner mit Vorerkrankungen einen Termin zu vereinbaren. „Das ist für viele nicht zumutbar“, sagt Herrmann. Die Folge: Keine Impfung.
Dass der soziale Hintergrund bei der Verbreitung des Coronavirus eine große Rolle spielt, zeigt auch eine Untersuchung der AOK. Demnach haben Bezieher von Arbeitslosengeld II ein 84 Prozent erhöhtes Risiko, mit einer Covid-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden zu müssen als ein Durchschnittsbürger. AOK-Sprecher Matthias Mohrmann: „Hier muss die Politik gegensteuern und dafür sorgen, dass Menschen, die in beengten Wohnverhältnissen leben, berufsbedingt nicht ins Homeoffice ausweichen können und überwiegend auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, schnellstmöglich durch flächendeckende Impfungen geschützt werden.“
Impfangebot soll möglichst niedrigschwellig sein
Darüber hinaus, so Mohrmann, sei es wichtig, Menschen mit niedrigschwelligen Beratungsangeboten über Infektionsrisiken und geeignete Schutzmaßnahmen aufzuklären und Impfskepsis zu begegnen. Solche Angebote bergen großes Potenzial, die Versorgungssituation von Menschen in sozioökonomisch schwächeren Regionen nachhaltig zu verbessern.
Auch das Land Schleswig-Holstein hat das Problem bereits erkannt, dass sich Menschen in ärmeren Stadtvierteln durch die Hürden bei der Terminvergabe und andere Faktoren nur zögerlich impfen lassen. Deswegen muss das Impfangebot möglichst niedrigschwellig sein.
Wie das Land mitteilt, sollen mobile Impfteams weiterhin eingesetzt werden. Aktuell sind diese in Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften unterwegs. In enger Abstimmung mit den Kommunen werden zurzeit Impfungen in den sozialen Brennpunkten wie jetzt in Bad Oldesloe vorbereitet. Mögliche Anlaufpunkte für die mobilen Impfteams könnten außerdem sein: Tafeln, soziale Einrichtungen wie Stadtteilcafés sowie weitere Einrichtungen.
Kreis hatte zunächst keinen Bedarf erkannt
Allerdings ist das Land darauf angewiesen, dass sich jemand kümmert. „Ich hätte mir gewünscht, dass das der Kreis Stormarn übernimmt“, sagt Maria Herrmann, die sich bereits im Oktober das erste Mal an die Kreisverwaltung gewandt hatte, damals aber zunächst keine Antwort erhielt. Im April kamen dann vier Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und inspizierten die Zustände in den Hochhäusern. Doch trotz der teils beengten Gänge und Treppenhäuser wurde kein Handlungsbedarf gesehen.
„Ich musste mich dann selbst durchtelefonieren, bis ich schließlich beim Sozialministerium gelandet bin und dort sofort eine Antwort bekam“, so die Quartiersmanagerin. Einige Tage später habe Bürgermeister Jörg Lembke dann die Zusage bekommen, dass die Hölk- und Poggenbreeden-Hochhäuser in das Brennpunkt-Impfprogramm aufgenommen werden.