Bad Oldesloe. Politische Gremien sollen per Internet tagen. Die Öffentlichkeit muss per Livestream beteiligt werden. Dagegen regt sich Widerstand.

Die nächste Stadtverordnetenversammlung soll in Bad Oldesloe als Videokonferenz abgehalten werden. Einzelne Stadtvertreter kritisierten die Entscheidung der Bürgerworthalterin Hildegard Pontow, anderen kommt die Umstellung auf digitale Sitzungen zu spät.

Trotz mäßig befriedigender Inzidenzwerte und neuen, noch ansteckenderen Virus-Mutationen haben die Oldesloer Stadtvertreter auch im Januar in der Stormarnhalle getagt. Mehr als 30 Lokalpolitiker in einem Raum, dazu Besucher, Mitarbeiter der Stadtverwaltung und von der Presse. Die meisten, aber nicht alle, trugen einen Mund-Nasen-Schutz. Für Patricia Rohde, Stadtverordnete der Wählergemeinschaft Freie Bürger Oldesloe (FBO) ein Unding. „Wir treffen uns hier mit 34 Leuten. Zuhause dürfen wir das nicht, und das zu Recht“, beschwerte sich die Lokalpolitikerin in einem Redebeitrag zur Verabschiedung der ihrer Meinung nach unnötig langen Tagesordnung. Sie forderte die Verwaltung auf, nicht eilbedürftige Punkte von der Sitzungsvorlage zu nehmen. Ohne Erfolg. „Ich finde es unglaublich, dass wir einfach so weitermachen. Diese Tagesordnung ist eine Frechheit und entspricht nicht dem Erlass des Landes Schleswig-Holstein“, so Rohde. Tatsächlich tagten die Stadtvertreter an diesem Abend mehrere Stunden bis weit nach 22 Uhr. Wohl auch, weil allein die Diskussion über Tagesordnung und Videokonferenzen rund eine Stunde einnahm.

Eine schlechte Verbindung könnte die Sitzung torpedieren

Denn die Bürgerworthalterin Hildegard Pontow hat angekündigt, dass die nächste Sitzung am 22. Februar online abgehalten werden soll. Das wiederum passte anderen Lokalpolitikern nicht. Einige wollen nicht öffentlich in einem Internetstream auftauchen andere sehen durch die Nutzung des Videokonferenzprogramms WebEx persönliche Daten in Gefahr. Kurzum: Der Unfrieden ist weiterhin groß.

„Wir befinden uns jetzt in einer Zeit in der wir nicht wissen, wie das alles weitergeht“, sagt Hildegard Pontow. Von Inzidenzzahlen will sie die Entscheidung, ob Videokonferenz oder nicht, nicht abhängig machen. „Wir sollten das einfach auch mal testen“, so Pontow. Denn die Technik könnte dem ganzen Vorhaben schnell einen Strich durch die Rechnung machen, wie eine Ankündigung der Bürgerworthalterin erahnen lässt: „Sobald ein Stadtverordneter nicht mehr im Bild ist, muss die Sitzung unterbrochen werden.“ Es würde also schon eine schlechte Internetverbindung ausreichen und das Gremium kann nicht tagen – und das bei 34 Stadtvertretern. Vor der Internet-Sitzung will die Stadtverwaltung einen Teilnahmecode veröffentlichen, mit dem auch interessierte Bürger per Livestream der Stadtverordnetenversammlung von Zuhause aus beiwohnen können.

Politiker sind in Sorge wegen möglicher Hetzkampagnen

Ende 2020 hatte das Land Schleswig-Holstein den gesetzlichen Rahmen für lokalpolitische Online-Sitzungen geschaffen und damit auf Gemeindeebene eine Diskussion über die Sicherheit von ehrenamtlichen Politikern ausgelöst. So sind Städte und Gemeinden gesetzlich verpflichtet, die Öffentlichkeit per Livestream an den Sitzungen teilnehmen zu lassen. Es besteht die Sorge, dass politische Gegner Teile der Diskussionen mitschneiden, Redebeiträge aus dem Kontext reißen und für politische Propaganda in Sozialen Medien missbrauchen.

Den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat eine derartige Hetzkampagne das Leben gekostet. Er wurde am 1. Juni 2019 von dem Rechtsextremisten Stephan E. erschossen, der am Donnerstag zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Immer wieder gibt es Fälle, in denen vor allem rechte Netzwerke mit verfälschten Zitaten oder Videoausschnitten Stimmung machen.

In Ahrensburg wurden Live-Übertragungen abgelehnt

Das sorgte nicht nur in Bad Oldesloe für eine hitzige Diskussion und den Versuch, Online-Sitzungen irgendwie abzuwenden. Die Gefahr vor Angriffen oder Hetzkampagnen wird auch in anderen Stormarner Gemeinden gesehen. „Es ist richtig, dass alles mitgeschnitten werden und damit Schindluder getrieben werden kann“, sagt der Trittauer Gemeindevertreter Detlef Ziemann (Die Grünen). Aber Stadtvertreter seien eben auch Personen des öffentlichen Lebens und „ob das passiert, wird sich dann zeigen.“

Ahrensburger Stadtvertreter lehnen die Liveübertragung ins Internet mehrheitlich ab und legten Widerspruch ein. Bela Randschau (SPD): „Wir müssen uns hier stur stellen und das Land zwingen,