Trittau. Corona-Pandemie führte zu massivem Preisverfall. Ein Dutzend Höfe sind 2020 aufgegeben worden

Hinter Stormarns Landwirten liegt eine weiteres schwieriges Jahr. Nach extremen Witterungsbedingungen 2019 mit Frühling im Februar, extremer Trockenheit im April und rekordverdächtiger Hitze im Juli sorgte 2020 die Corona-Pandemie für zusätzliche Sorgen. „Normal wäre auch mal ganz schön. Aber was ist heutzutage schon noch normal“, sagt Friedrich Klose, Vorsitzender des Kreisbauernverbands. So bleibe wieder einmal nur die Hoffnung, dass im neuen Jahr alles besser werde. Und die sterbe ja bekanntlich zuletzt.

Höfe mit Rindermast und Milchkühen stehen unter Druck

Erneut haben ein Dutzend Höfe aufgegeben. Gab es 2016 laut Statistischem Landesamt im Kreisgebiet noch 590 landwirtschaftliche Betriebe, so ist die Zahl aktuell auf 550 gesunken. Vor allem Höfe mit Rindermast und Milchkühen stehen anhaltend unter Druck.

„Durch die Pandemie und die damit verbundene Schließung von Hotels und Gaststätten sind die Fleischpreise drastisch gefallen, insbesondere für Edelfleischteile wie Filets und Schinken“, sagt Klose. Pro Kilo Schlachtfleisch habe der Preis vor der Corona-Krise noch bei etwa 2,80 Euro gelegen, inzwischen sei er bei 2,30 Euro angekommen. Für Schlachtschweine ist der Kilopreis Mitte September sogar auf 1,19 Euro gesunken, den tiefsten Wert seit Januar 2011.

Milchpreis deckt nicht annähernd die Produktionskosten

Zu kämpfen haben nach wie vor auch die Milchbauern. „Der durchschnittliche Milchpreis von 30 Cent pro Liter deckt nicht annähernd die Produktionskosten, die sich auf rund 40 Cent pro Liter belaufen“, erklärt Friedrich Klose. Und wollten Molkereien den Preis erhöhen, um den Erzeugern mehr zahlen zu können, würden sie von den großen Handelsketten umgehend ausgelistet.

Anforderungen an die Bauern steigen ständig

Dabei steigen die Anforderungen an die Produzenten ständig. Eine verschärfte Düngeverordnung, höhere Umwelt- und Klimaschutzauflagen, besserer Tier- und Insektenschutz – all das kostet Geld und macht landwirtschaftliche Produkte teurer. Tragen müssen diese Mehrkosten in erster Linie die Erzeuger.

Klose weiß, wovon er spricht. Er ist selbst Milchbauer und betreibt den Familienbetrieb in fünfter Generation. Inzwischen stehen auf dem Hof in Trittau 280 Milchkühe und mehr als 100 Kälber. Außerdem gibt es 50 Hühner und ein Dutzend Schafe. Mit fünf Mitarbeitern und verschiedenen Lohnunternehmern bewirtschaftet der 61-Jährige in einem Umkreis von zwölf Kilometern rund 350 Hektar Land und produziert dort das Futter für seine Tiere wie Mais und Gras weitgehend selbst. Zum Betrieb gehört überdies eine Biogasanlage.

Als markantes Beispiel für einen enormen Kostentreiber benennt er etwa den Bau eines neuen Güllebehälters. „Allein der Preis für die neuerdings geforderte Spezialfolie zur Bodenabdeckung hat sich mal eben von 20.000 auf 40.000 Euro verdoppelt“, so Klose. Hinzu kämen deutlich höhere Baukosten, etwa für die Leckerkennung. Auf der anderen Seite bedeute ein Cent weniger pro Liter erzeugter Milch für seinen Betrieb mit einer Jahresleistung von 2,5 Millionen Litern einen Verlust von rund 25.000 Euro.

Investitionen sind kaum noch amortisierbar

Doch selbst da, wo Landwirte bereit seien, in Tierwohl und Umweltschutz zu investieren, würden sie regelmäßig ausgebremst. Durch ein Baurecht, das immer komplexer und komplizierter werde. Natürlich wäre der Anbau offener Stallbereiche in der Schweinemast im Interesse der Tiere großartig, das führe in der Regel aber zum Verlust der Betriebserlaubnis. Was wiederum neue Verträglichkeitsgutachten, erweiterte Brandschutzauflagen und gern auch mal Proteste der Nachbarn nach sich ziehe.

„Wer will da noch investieren?“, fragt Klose. Neubauvorhaben seien im Kreis inzwischen zur absoluten Ausnahme geworden. Weil de facto weder finanzier- noch amortisierbar. Mehr noch rechnet der Chef des Kreisbauernverbands damit, dass in den kommenden Jahren etwa die Hälfte aller Schweinezüchter aufgeben wird. Klose: „Ist die heimische Tierhaltung erst einmal verschwunden, kehrt sie auch nicht mehr zurück. Wollen wir das wirklich?“

In Deutschland gelten inzwischen Standards, die im Rest der Welt nur müde belächelt werden. Dennoch importiert Deutschland in großem Stil landwirtschaftliche Produkte. Ohne allerdings ernsthaft nachzufragen, wie und unter welchen Bedingungen sie im Ausland produziert werden.

Landwirte hoffen auf Umdenken der Verbraucher

„Während infolge der neuen Düngeverordnung hierzulande die Erträge deutlich zurückgehen und vermehrt anspruchsloseres Getreide wie Mais und Hafer angebaut werden, wurde 2018 massenhaft Rohweizen aus der Ukraine eingeführt. Wo der Einsatz von Glyphosat und anderen hochdosierten Düngern nachweislich völlig normal ist“, so Klose. Und wie das viel gepriesene Rindfleisch aus Argentinien zumeist entstehe, werde auch lieber ausgeblendet.

„Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt wie bisher, werden Milch, Fleisch, Obst und Gemüse bald nicht mehr aus der Region kommen“, sagt Friedrich Klose. Deshalb sei es unverzichtbar, dass die Politik auch die großen Handelsketten ins Boot hole. „Die Landwirte brauchen faire Preise. Sie benötigen aber auch den Rückhalt der Verbraucher. Der sich unter anderem in einer höheren Zahlungsbereitschaft zeigen muss“, so Klose. Dafür aber sei ein regelrechter Kulturwandel nötig. Lebensmittel, die nach höchsten Qualitätsstandards produziert würden, dürften nicht länger zu Tiefstpreisen verramscht werden.