Bargteheide. 75 Minuten stellte sich Juso-Chef und SPD-Vize in Videoschalte den kritischen Fragen von 40 Zwölftklässlern des Kopernikus Gymnasiums.
Hat die SPD als Volkspartei ausgedient? Sind die Corona-Schutzmaßnahmen noch verhältnismäßig? Und wie bekommt man Querdenker wieder in den Diskurs? Es gibt in diesen Tagen wahrlich einfachere Fragen. Dennoch ist der Juso-Chef und SPD-Vize Kevin Kühnert keiner einzigen ausgewichen, als ihn jetzt 40 Zwölftklässler des Kopernikus Gymnasiums Bargteheide in der KGB-Kuhle ins Kreuzverhör nehmen durften. Pandemiegerecht zwar nur als Videoschalte,schüler aber dafür exklusiv und in Farbe.
Schüler haben sich auf den Talkgast vorbereitet
„Die Nervosität unter den Schülern war schon spürbar, aber auch große Neugier. Schließlich haben sie sich mit Interesse und viel Leidenschaft auf diesen prominenten Talkgast vorbereitet“, sagt Hauke Seiler, Fachleiter Wirtschaft/Politik. Kühnert sei ein junger Politiker, der die Sprache seiner Schützlinge spreche, Ecken und Kanten habe, und durch seine Ansichten gern auch mal provoziere und polarisiere.
„Er hat halt revolutionäre Denkansätze, das macht ihn als Politiker ja gerade so spannend“, findet Paul Jahnke. Aber hat er das mit der Kollektivierung von Privateigentum wirklich ernst gemeint, wollte er schließlich von Kühnert wissen. Aber, ja, bestätigte der. Natürlich könne der Staat Autos und Smartphones nicht besser und billiger bauen als die bekannten Hersteller. Aber um die ginge es ihm auch gar nicht.
Kontrolle über privatisierte Bereiche zurückgewinnen
„Es geht mir viel mehr um die klassischen Bereiche der Daseinsvorsorge. Deshalb sollten Kommunen die Kontrolle über den Wohnungsmarkt zurückgewinnen, Wasserwerke, Kraftwerke und die Verkehrsbetriebe selbst betreiben. „Nicht um Gewinne zu erzielen, sondern die Grundrechte der Menschen zu sichern“, erklärt Kühnert. Die renditeorientierte Privatisierung solcher Unternehmen stehe einer umfassenden Teilhabe möglichst vieler Bürger entgegen.
Die einschneidenden Beschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie hält der Sozialdemokrat im Prinzip für notwendig. Immerhin müssten auch 25 Millionen Menschen geschützt werden, die zu den bekannten Risikogruppen gehören. Allerdings dürften die Maßnahmen, die auch Grundrechtseinschränkungen zur Folge hätten, nicht in Hinterzimmern durch die Kanzlerin und die Landeschefs festgelegt werden. „Hier muss das Parlament beteiligt werden, der Bundestag wäre das richtige Gremium für Beschlüsse“, sagt Kühnert.
SPD soll jünger, netzaffiner und moderner werden
Ob man dabei allerdings zwingend auf die hören müsse, die sich „am lautesten, radikalsten und beleidigendsten positionieren“, bezweifelt er. „Mit Vögeln wie Attila Hildmann kann man solche wichtigen Fragen doch nicht ernsthaft diskutieren, das ist doch ein aussichtsloses Unterfangen“, so Kühnert. Solche verquerdenkenden Verschwörungstheoretiker seien eher ein Fall für spezielle Arztpraxen.
Hinsichtlich der Zukunft seiner Partei hat Kevin Kühnert ziemlich klare Vorstellungen. Sie müsse jünger, netzaffiner und moderner werden. „Wenn ich aber sehe, dass ein Fünftel unserer Kandidaten für die nächste Bundestagswahl unter 30 Jahre alt sind, dann sind wir durchaus auf dem richtigen Weg“, sagt der 31-Jährige. Nur jung sein, reiche allerdings nicht, bestellte er unter großem Gelächter der KGB-Schüler schöne Grüße an den 28-jährigen Philipp Amthor, Jungdynamiker der CDU.
Gedanken an Kanzlerkandidatur weist Kühnert von sich
Ob er denn selbst zum Kanzlerkandidaten tauge, wollte noch jemand wissen. Das wehrte Kühnert aber energisch ab: „Außenpolitik und Außenhandel sind sehr schwierige Felder. Ich habe ja noch nicht mal Parlamentserfahrung.“ Kanzler kann der Kevin also (noch) nicht.