Reinbek. Landwirte aus dem Kreis ziehen Bilanz. Erd- und Himbeeren waren gefragt. Salat und Getreide litten unter Hitze. Sorge vor Schweinepest.

Erntedank naht – und markiert das Ende eines besonderen Erntejahres. Manches fällt in der Rückschau auf das „Corona-Jahr“ positiv auf, wie etwa das Erdbeeren-Selbstpflücken. Anderes machte und macht den Bauern Sorgen: Die Hitze hat den Pflanzen zu schaffen gemacht.

Insgesamt sei die Stimmung eher negativ

Positiv blickt Hans-Jörg Carstensen (50), Landwirt aus Reinbek, auf die Saison – besonders, was die Beeren angeht: „Das Einkommen habe ich aus der Erdbeer- und Himbeerernte erwirtschaftet. Rückblickend war es seit 20 Jahren das beste Jahr.“ Ertragsmäßig sei es eine „normale Ernte“ gewesen, doch: „Wir hatten dreimal so viele Selbstpflücker wie üblich.“ Das sei eventuell ein Effekt der Corona-Pandemie, da die Menschen weniger Freizeitaktivitäten und Sport nachgegangen seien. Auch die Nachfrage an seinen sieben Verkaufsständen in der Region habe merklich zugenommen: „Ich habe gespürt, dass regionale Produkte an Zuspruch gewonnen haben. Kunden finden es gut zu wissen, woher die Ware kommt, die sie kaufen.“

Doch insgesamt sei die Stimmung in der Landwirtschaft eher negativ. „Ich kenne keinen Betrieb, der mit einem Hurra in die Zukunft blickt“, sagt Carstensen. Viele Kollegen sähen keine Perspektiven, kleine landwirtschaftliche Betriebe würden auf lange Sicht von Großbetrieben aufgekauft werden. Vor 25 Jahren habe es in Reinbek noch neun Bauern gegeben, nun seien es nur noch vier.

Hitze hat vielen Pflanzen stark zugesetzt

Der Reinbeker Landwirt Hans-Jörg Carstensen blickt auf eine gute Erdbeerernte zurück.
Der Reinbeker Landwirt Hans-Jörg Carstensen blickt auf eine gute Erdbeerernte zurück. © BGZ

„Alle sagen, sie möchten regionale und kleinteilige Landwirtschaft. Aber die Politik setzt die Hürden so hoch, dass sich viele fragen, warum sie das eigentlich noch machen sollen. Jedes Jahr gibt es neue Bürokratie-Hürden zu meistern. Ein Drittel meiner Arbeitszeit verbringe ich im Büro mit teilweise völlig sinnlosen Dokumentationen. Viele Familienunternehmen wollen sich das nicht antun“, sagt Carstensen.

„Durch Corona turbulent“, nennt Gemüsebauer Dirk Beckedorf aus Büchsenschinken das Erntejahr. Angereistes Personal aus Polen und Rumänien musste zunächst in Quarantäne und er die getrennte Unterbringung sicherstellen. Alles in allem sei die Saison dann aber „normal“ verlaufen. Die Haupternte, verschiedene Salate, sei in gut drei Wochen beendet. Nur der Feldsalat wird noch bis Weihnachten auf dem Acker stehen.

Doch Kälte war bisher nicht das Problem, im Gegenteil: „Die 14 Tage Hitze mit Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius haben den Pflanzen zugesetzt. Die Pflanzen können eben nicht in den Schatten gehen“, sagt Beckedorf. Teilweise sei die Saat gar nicht erst aufgekommen. Vor der Hitze konnte er große Mengen ernten.

Probleme mit Erntehelfern blieben vielerorts aus

Aber: „Weil die Gastronomie lange Zeit geschlossen war und es keine Veranstaltungen gab, ist der Absatz eingebrochen. Es war zu viel Ware auf dem Markt, ich habe die Salate zwar verkauft, aber zu schlechten Preisen.“ Nun hofft er auf den Herbst. Derzeit sei die Ware knapper, die Preise folglich wieder höher. Auf 100 von 300 Hektar hat er momentan noch Pflanzen im Boden.

Die Hitzeperiode haben auch Kai Dusenschön und Gutsverwalter Jörg Brinckmann vom Gut Schönau zu spüren bekommen. Sie beackern ihr Land, etwa 750 Hektar, seit 2009 gemeinschaftlich mit einem gemeinsamen Maschinenpark. Angebaut werden Wintergetreide: Weizen, Gerste, Roggen sowie Raps und Zuckerrüben. Im April und im Mai hätten die Erträge durch die Trockenheit gelitten. Die Ernte sei leicht unterdurchschnittlich ausgefallen. „Wir hätten uns eine bessere Ernte erhofft, aber für die Verhältnisse mit langen Trockenperioden sind wir zufrieden“, sagt Jörg Brinckmann. So lag die Rapsernte sogar mit vier Tonnen pro Hektar leicht über dem Durchschnitt, Gerste mit 7,2 Tonnen pro Hektar leicht darunter. Weizen lag bei 0,9 Tonnen pro Hektar; Roggen bei 7,4 Tonnen pro Hektar. Bei ihnen habe es keine Probleme mit Erntehelfern gegeben, landwirtschaftliche Studenten machten bei ihnen Praktika und arbeiteten dort.

Wirtschaftlich und gesellschaftlich eine schwierige Zeit

Bis Mitte Oktober ist nun Zeit für die Getreideaussaat. Im November/Anfang Dezember werden Weihnachtsbäume gesägt. Was Dusenschön und Brinckmann aktuell Sorgen macht, ist die Afrikanische Schweinepest: „Die Wintergerste wird hauptsächlich als Schweinefutter genutzt. Die Schweinepest, wenn sie zu uns durchdringt, könnte die Preislage nach unten drücken.“

„Mit kleinen Ausnahmen sind die Landwirte durchweg mit der Ernte zufrieden“, sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Stormarn. Allerdings sei es wirtschaftlich und gesellschaftlich eine schwierige Zeit für Landwirte, was auch an der Erwartungshaltung an Landwirte liege. „Auch die Schweinepest treibt Landwirte um, die könnte eine Auswirkung auf die Getreideernte haben.“

Der zwischenzeitliche Hofladen-Boom sei wieder vorbei: „Wir stellen zurückgehende Umsätze fest. Es schwächt deutlich ab. Es ist für die Menschen einfach bequemer, im Supermarkt einkaufen zu gehen. Im April und Mai waren die Umsätze deutlich gestiegen. Aktuell hat es sich wieder auf ein normales Maß eingependelt.“

Im Kreis gibt es 590 landwirtschaftliche Betriebe mit mehr als fünf Hektar Anbaufläche.