Bad Oldesloe. Seit einem Eishockey-Unfall ist der Oldesloer auf den Rollstuhl angewiesen. Den Lebensmut hat der 23-Jährige trotzdem nicht verloren.
Nicht den Mut zu verlieren, das ist leicht gesagt. Wie aber soll ein Mensch den Mut nicht verlieren, der eben noch ein Profisportler war, ein junger Mann voller Kraft, Elan und Zukunftsplänen – und der nun im Rollstuhl sitzt und halsabwärts gelähmt ist? Tjalf Caesar hat dieses Schicksal erlitten. Und auch er kennt Momente des Haderns. Vom Aufgeben ist der 23-Jährige trotzdem weit entfernt: „Es ist ja nicht zu ändern, warum soll ich also Energie ins Hadern stecken?“, sagt er. „Das Leben ist noch nicht vorbei.“ Es soll im Gegenteil jetzt erst richtig anfangen. Denn voraussichtlich im August kann der Oldesloer das Berufsgenossenschaftliche Klinikum Boberg verlassen.
Beim HSV-Spiel wurde Caesar gefoult
Acht schwere Monate liegen hinter ihm. Der 26. Oktober 2019 war der Schicksalstag des jungen Eishockeyspielers. Beim Regionalliga-Auswärtsspiel seines HSV gegen den ECW Sande gerät Caesar in einen Zweikampf, wird gefoult. Er stürzt kopfüber in die Bande. Drei Wirbel brechen, eine Arterie reißt, er erleidet einen Schlaganfall. Dass er den Unfall überlebt, hat er einem Neurochirurgen zu verdanken, der im Publikum sitzt und Erste Hilfe leistet.
Caesar, der nach der Erstversorgung im örtlichen Krankenhaus ins Querschnittgelähmtenzentrum im BG Klinikum Boberg verlegt wird, liegt zunächst im Koma. Erst Mitte November ist er wieder ansprechbar. Doch der Weg ist schwer: In der Aufwachphase mischen sich Träume und Realität, zudem kann er sich nur mit Blinzeln verständigen.
Schritt für Schritt zurück ins Leben finden
Von den Mitarbeitern der Intensivstation in Boberg fühlt er sich aufgefangen: „Ihre beruhigende, freundliche und fürsorgliche Art haben mir in dieser Zeit sehr geholfen“, sagt er.
Langsam kämpft sich der 23-Jährige zurück. Heute kann er seinen Kopf wieder selbst halten und insgesamt besser bewegen, ebenso die Schulter. Er hofft nun, irgendwann wieder selbstständig atmen und vielleicht auch wieder die Arme bewegen zu können. Aber all diese Fortschritte sind Teil eines noch langen Weges – das weiß er. „Man fängt irgendwann an, kleinere Brötchen zu backen.“ Schritt für Schritt soll es weitergehen, und das mit Hoffnung, aber ohne illusorische Träume. „Wenn ich hier eines gelernt habe, dann, dass man immer vom Status quo ausgehen sollte. Und der ist nun mal, wie er ist.“
In Bad Oldesloe wartet eine neue Wohnung
Grund für Dankbarkeit gibt es trotzdem immer. Etwa, dass die Unfallversicherung für vieles eingesprungen ist. Und dass bei Spendenaktionen in Bad Oldesloe, aber auch im Raum Sande, wo der Unfall geschah, einiges an Geld zusammenkam. „Die Spenden haben einen Großteil der Kosten für Hilfsmittel oder Umbauten abgedeckt.“
Nach einer wohl letzten Operation vergangene Woche rechnet er nun damit, die Boberger Klinik im August verlassen zu können. In seiner Heimat Bad Oldesloe hat er bereits eine Wohnung gefunden. Stets an seiner Seite sind seine Familie und seine Freundin Svea.
23-Jähriger will sein Studium fortsetzen
Unterstützt wird er in der neuen Wohnung auch von einem Pflegeteam, von dem er hofft, „dass die Bock haben, mit mir was zu unternehmen“. Konzerte, Urlaub: „Ich war immer ein aktiver Mensch und werde versuchen, das zu bleiben. Von meinem Wesen her habe ich mich ja nicht verändert.“
Weitergehen soll es auch mit seinem Studium der Wirtschaftsinformatik, das er vor dem Unfall fast abgeschlossen hat. Später würde er gern im Bereich der medizinischen Informatik arbeiten – also Menschen helfen, die in einer ähnlichen Lage sind wie er. Und was wäre sonst noch ein großer Wunsch? Da fällt Caesar etwas ein, das nicht allein mit ihm zu tun hat: „Dass sich mehr Menschen als Pflegekräfte bewerben.“ Nicht nur bei seinem Pflegedienst in Bad Oldesloe.