Lübeck. 73 Jahre alter Sporttrainer aus Stormarn soll sich an Achtjähriger vergangen haben. Arzt erklärt ihn für nicht verhandlungsfähig.
Das Verfahren gegen einen Stormarner Sporttrainer wegen des sexuellen Missbrauchs eines Mädchens vor dem Landgericht Lübeck verzögert sich weiter. Den Termin am Freitag sagte das Gericht ab. „Uns liegt ein ärztliches Attest vor, das den Angeklagten für verhandlungsunfähig erklärt“, sagte die Vorsitzende Richterin der großen Strafkammer, Helga von Lukowicz.
Weil es in der Bescheinigung keine näheren Spezifikationen zum Gesundheitszustand des Angeklagten gebe, habe die Kammer einen Gerichtsmediziner zur Wohnadresse des Mannes geschickt. Von Lukowicz: „Dort war er nicht anzutreffen.“ Auch im nächstgelegenen Krankenhaus befinde sich der Angeklagte nicht. Sein Hausarzt, der das Attest ausgestellt hatte, habe dem Gericht gegenüber erklärt, dies sei aufgrund von Symptomen geschehen, die der 73-Jährige geschildert habe. Nähere Angaben machte das Landgericht nicht.
Der Mann soll achtjähriges Mädchen sexuell missbraucht haben
Ullrich K. steht seit Anfang Februar in Lübeck vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Trainer und Inhaber eines Fachgeschäfts für Sportartikel schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes vor. Während seiner Tätigkeit in einem Stormarner Sportverein zwischen 2012 und 2015 soll sich der Mann an der heute 15 Jahre alten Emily S. mindestens sechsmal vergangen haben. Das Mädchen war bei der ersten Tat acht Jahre alt.
Während Trainingseinheiten soll K. das Kind auf dem Sportplatz im Intimbereich und an der Brust berührt haben. Während gemeinsamer Autofahrten habe K. das Mädchen und sich selbst entblößt und sich selbst befriedigt. „In zwei Fällen soll er auch versucht haben, den Geschlechtsverkehr mit dem Kind auszuführen, was ihm in einem Fall gelungen sein soll“, heißt es in der Anklageschrift. Ullrich K. bestreitet die Taten, äußerte sich bislang nicht. Bereits 2005 hatte das Amtsgericht Ahrensburg K. zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt.
Zahlreiche Anträge der Verteidiger verzögerten Verfahren
Ursprünglich hatte das Landgericht Lübeck drei Verhandlungstage eingeplant. Das Urteil sollte eigentlich am Mittwoch, 26. Februar, fallen. Doch zahlreiche Anträge der Verteidigung hatten das verhindert. K.s Rechtsanwälte Christian Albrecht und Franziska Meyer werfen der Vorsitzenden von Lukowicz Parteilichkeit vor, weil die Kammer mehrere Anträge der Verteidigung auf die Vernehmung weiterer Zeugen und Einführung weiterer Beweismittel abgelehnt hatte. Sie stellten insgesamt vier Befangenheitsanträge gegen von Lukowicz, drei lehnte die Kammer am dritten Prozesstag ab.
Die Verteidiger wollen beweisen, dass nicht Ullrich K. Emily S. missbrauchte, sondern möglicherweise deren Stiefvater, Sebastian S., der inzwischen von der Familie getrennt lebt. Mein Mandant beteuert seine Unschuld, er weist darauf hin, dass es große Probleme in der Familie des Opfers gab“, erklärt Albrecht. Diesen Eindruck hätten Zeugen vor Gericht bestätigt.
Ein Urteil wird es frühestens Ende März geben
„Es kommt vor, dass Kinder, die Opfer von sexueller Gewalt durch ihre Eltern werden, die Taten auf andere Vertrauenspersonen projizieren“, sagt Albrecht. Das sei ein psychologisches Schutzphänomen. „Und mein Mandant war, wie wir gehört haben, eine solche enge Vertrauensperson außerhalb der Familie.“
Von Lukowicz hatte den Beschluss der Kammer, auf weitere Beweismittel und Zeugen zu verzichten, damit begründet, dass es keine Anhaltspunkte für Straftaten des Stiefvaters gegenüber Emily S. gebe. Die Anschuldigungen der Verteidigung seien ein spekulativ. „Ein von Ihnen so bezeichnetes schwieriges Verhältnis zwischen den beiden tut für dieses Verfahren nichts zur Sache“, sagte die Richterin.
Fortgesetzt wird der Prozess jetzt erst am Freitag, 20. März. Dann muss die Kammer zunächst über den vierten Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende entscheiden, anschließend sollen Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage ihre Plädoyers halten. Ein Urteil wird es somit frühestens Ende März geben.