Reinbek . Nach dem Unfall, bei dem ein Spaziergänger getötet wurde, rückt ein verlassenes Auto in den Fokus der Ermittlungen. Witwe unter Schock.
Die Frau ist paralysiert, steht unter Schock, bleibt noch lange am Ort der Tragödie. Sie wolle Abschied nehmen von ihrem Mann, sagt sie den Rettern der Feuerwehr am späten Sonnabend. Einige Minuten verbringt die 41-Jährige allein im Rettungswagen mit seinem Leichnam. Er wurde plötzlich bei einem schrecklichen Unfall aus dem Leben gerissen, drei Tage vor Heiligabend. Der oder die Verantwortliche ist einfach geflüchtet.
Nach Polizeiangaben kam es gegen 21.15 Uhr zu dem Unglück. Die Frau und ihr 42-jähriger Ehemann sind demnach zu dieser Zeit zu Fuß an der Hamburger Straße in Reinbek unterwegs, kurz hinter der Landesgrenze. Eine weiße Linie trennt den Weg ebenerdig von der Fahrbahn ab, er ist in Höhe eines Waldstücks nicht beleuchtet.
Ein Auto nähert sich und erfasst den Mann plötzlich. Er wird durch die Luft geschleudert. Der oder die Fahrerin des Autos drückt weiter auf das Gaspedal und fährt davon.
Reinbek: Hamburger getötet – Fahrerflucht
Tödlicher Unfall in Reinbek
Ein Notarzt versucht, das Opfer wiederzubeleben – erfolglos. Der 42-Jährige stirbt noch an der Unfallstelle. Seine Frau bleibt körperlich unverletzt, muss aber zunächst den Anblick des Unfalls verarbeiten. „Die Frau wird fortlaufend seelsorgerisch betreut“, sagte die Polizei am Sonntag dem Abendblatt. Das Paar wohnte in Bergedorf, war offenbar zu einem Spaziergang an der Landesgrenze unterwegs.
Mögliches Unfallauto wurde an Supermarkt abgestellt
Jetzt ist der Fall bei der Kripo in Reinbek angesiedelt. Sie ermittelt wegen fahrlässiger Tötung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Die Beamten sichern noch in der Nacht zu Sonntag die Spuren, markieren mit Kreide die Unfallstelle und suchen das Gebiet weiträumig ab. Auch speziell geschulte Hunde kommen dabei zum Einsatz.
Rund eine Stunde nach dem Unfall finden sie auf dem Parkplatz des Rewe-Supermarkts in einem dicht besiedelten Wohngebiet in Hamburg-Lohbrügge einen blauen Mazda mit Ratzeburger Kennzeichen, der ordentlich zwischen anderen Autos geparkt ist. Seine Frontscheibe im Beifahrerbereich ist beschädigt und der Wagen verschlossen.
Beamte schlagen eine Scheibe ein, um Spuren am Fahrersitz und Lenkrad zu sichern. Sie finden in dem Auto auch eine Dose Bier. Die Suche mit einem sogenannten Mantrailer-Hund ergibt, dass die Person von dem Auto aus in Richtung Habermannstraße gelaufen sein soll.
Frau soll "rasch" in ein Taxi gestiegen sein
Laut Zeugen soll eine Frau in unmittelbarer Nähe des abgestellten Ortes und vor 22.30 Uhr am Sonnabend rasch in ein Taxi gestiegen und weggefahren sein. Die Polizei wollte das nicht kommentieren. „Wir ermitteln mit Hochdruck“, heißt es. Am Montag soll die Zahl der ermittelnden Beamten erhöht werden.
Den Halter hat die Polizei inzwischen ausfindig gemacht. Es ist ein Mann. Seinen Wohnort nennt sie nicht. „Es gibt aber keine Maßnahmen gegenüber dieser Person“, sagte ein Beamter dem Abendblatt. „Noch ist nichts passiert.“ Es sei nicht sicher, ob der Mazda auch tatsächlich das Tatfahrzeug sei. Dieses wurde abgeschleppt und zunächst zur Zentralen Fahrzeugverwahrstelle in Hamburg-Billbrook gebracht – dort soll es kriminaltechnisch untersucht werden.
Toter wurde obduziert
Ein weiterer Gutachter der Dekra untersuchte nach Abendblatt-Informationen nach dem Unfall bereits sowohl das Fahrzeug als auch die Leiche im Reinbeker Krankenhaus St. Adolf-Stift, um Rückschlüsse auf den Unfall ziehen zu können. Die Polizei hofft schnellstmöglich auf Ergebnisse zu der Frage, ob der Mazda tatsächlich das Unfallfahrzeug ist. Das könne aber einige Tage dauern, sagte ein Beamter.
Am Unfallort war zunächst die Hamburger Feuerwehr und später Retter der Reinbeker Feuerwehr im Einsatz. Sie hatten die Aufgabe, den Tatort sowie angrenzende Teile des Wald auszuleuchten zwecks Unterstützung bei der Spurensicherung. Die Ehrenamtler nutzten dabei ein Fahrzeug mit einem neun Meter hohen und ausfahrbaren Lichtmast, das erst im Oktober angeschafft wurde.
„Es wurden viele kleine Teile gefunden“, sagte Marcus Bradtke-Hellthaler, einer von neun Einsatzkräften der Reinbeker Wehr an jenem Abend. Die Hamburger Straße war für vier Stunden voll gesperrt.
Unfallflucht ist für Polizei ein Massenphänomen
Dass Autofahrer auch nach schweren Unfällen die Flucht ergreifen, ist laut Hamburger Polizei bereits seit Jahren ein zunehmendes Problem. So gab es jährlich in der jüngeren Vergangenheit bei jeder vierten Kollision auch eine Unfallflucht – die Polizei spricht von einem Massenphänomen.
Auch bei etwa jedem neunten Unfall mit Verletzten flüchteten der oder die Fahrer. Unfallflucht wird nach dem Gesetz mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft. Die Polizei muss dafür aber eine vorsätzliche Flucht nachweisen können.