Grosshansdorf. Grüne legen Konzept vor und werfen anderen Fraktionen Blockade vor. SPD hält Grünen-Plan für nicht umsetzbar, kontert mit Antrag.
Welchen Beitrag kann und soll Großhansdorf zum Klimaschutz leisten? Darüber ist unter den Kommunalpolitikern der Waldgemeinde ein heftiger Streit entbrannt. Zunächst hatten die Grünen einen Neun-Punkte-Plan vorgelegt, jetzt zog die SPD mit einem eigenen Papier nach. Die Grünen werfen CDU, SPD und FDP eine Verzögerungstaktik vor. Beide Anträge sollen auf der kommenden Sitzung des Hauptausschusses im Januar beraten werden.
„Die SPD hat zahlreiche Formulierungen von uns wortgleich übernommen, nur alle verbindlichen Passagen gestrichen“, empört sich Sabine Rautenberg (Grüne), die den Antrag für ihre Fraktion verfasst hat. Sie habe den anderen Fraktionen eine Zusammenarbeit angeboten. „Man hätte gemeinsam diskutieren, einen Konsens in Form von Änderungsanträgen oder eines gemeinsamen Papiers erarbeiten können“, sagt Rautenberg. Stattdessen habe die SPD-Fraktion den Antrag der Grünen „gekapert und an allen relevanten Stellen entschärft“. So sei an vielen Stellen lediglich von einer „Prüfung“ die Rede oder aber es werde auf den Kreis verweisen. Rautenberg: „Die SPD versucht, mit ihrem Vorschlag den Eindruck zu erwecken, etwas für den Klimaschutz getan zu haben und gleichzeitig konkrete Maßnahmen auszubremsen.“
Grüne wollen eventuell Klimamanager anstellen
Vertreter der Fraktionen von CDU, SPD und FDP äußerten sich empört über diese Anschuldigungen, werfen den Grünen parteitaktisches Agieren vor. Die Gräben sind tief. Was war geschehen? Die Grünen hatten im Bau- und Umweltausschuss im Oktober ein Papier mit Vorschlägen vorgelegt, mit denen Großhansdorf einen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollte.
So wollen die Grünen die Schaffung einer halben Stelle im Rathaus für einen Klimamanager prüfen, fordern eine konsequente Umsetzung aller Maßnahmen zur Förderung der Radinfrastruktur und des öffentlichen Personennahverkehrs, die Umsetzung von Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und -vermeidung und einen Bürgerworkshop zur Erarbeitung eines alternativen Verkehrskonzeptes. „Außerdem wollen wir, dass die Verwaltung alle Ausschreibungen auf ihre Auswirkungen auf das Klima prüft und ihre Dienstfahrzeuge auf Elektro-Antrieb umstellt“, sagt Rautenberg.
Anschließend sollte auf der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung im November über das Papier debattiert werden. Doch dazu kam es nicht. CDU, SPD und FDP votierten dafür, den Antrag in den Hauptausschuss zu verweisen. „Der Antrag muss zuerst in den Ausschüssen vernünftig beraten werden. Wir müssen prüfen, was überhaupt sinnvoll ist“, sagt Mathias Schwenck (CDU). SPD-Fraktionschef Reinhard Niegengerd sagt: „Der Antrag war allein vom Umfang her schwer beratbar.“ Sein Eindruck sei, dass es sich bei dem Papier um einen „Schnellschuss“ handele.
Grünen-Politiker veröffentlicht Kritik-Schreiben im Internet
In der Folge konnten die von den Grünen geforderten Maßnahmen keinen Eingang mehr in den Haushalt für das kommende Jahr finden, der auf der Sitzung der Gemeindevertreter verabschiedet wurde. Es kam zum Eklat: Die Grünen verweigerten dem Haushalt ihre Zustimmung, den der grüne Vorsitzende des Finanzausschusses, Stefan Kehl, maßgeblich mit ausgearbeitet hatte.
Gemeindevertreter Udo Kasel veröffentlichte daraufhin auf der Internetseite des Grünen-Ortsverbandes ein emotionales Schreiben. Unter dem Titel „Puh, das war ärgerlich!“ wirft Kasel den anderen Fraktionen vor, sich dem Klimaschutz zu verweigern. „Ungewissheit, Unsicherheit und nicht beherrschbare Verwerfungen sind das, was Sie mit Ihrer klimapolitischen Verweigerung für Ihre Kinder und Enkel und Mitmenschen gewinnen werden“, schreibt Kasel.
SPD möchte ein Klimaschutz-Rahmenprogramm
Reinhard Niegengerd (SPD) reagierte darauf mit einem eigenen Antrag zum Klimaschutz. Er sagt: „Wir wollen das Klima- und Umweltbewusstsein in Großhansdorf stärken.“ Allerdings lägen viele Zuständigkeiten, die von dem Grünen-Antrag berührt seien, beim Kreis. Der Handlungsspielraum der Waldgemeinde sei begrenzt. „Etwa beim ÖPNV, da verweisen wir deshalb auf den Nahverkehrsplan des Kreises, auch bei baulichen Maßnahmen an Kreis- oder Landesstraßen haben wir als Gemeinde keinen Einfluss.“ Die Notwendigkeit eines Klimamanagers im Rathaus sieht Niegengerd deshalb nicht, sagt: „Klimaschutzkonzept und -managerin haben wir beim Kreis, der ohnehin in den relevanten Bereichen über mehr Entscheidungskompetenz verfügt.“
Die SPD möchte stattdessen ein Klimaschutz-Rahmenprogramm, das größtenteils auf das Konzept des Kreises verweist und dessen Inhalte lediglich für Großhansdorf präzisiert. Einig sind sich Grüne und SPD, dass sie das Thema Umwelt aus dem Bauausschuss herauslösen und in einen eigenen Klima- und Umweltausschuss verlagern möchten.
CDU und FDP stehen beiden Anträgen skeptisch gegenüber. „Großhansdorfs Politik hat bereits viele Maßnahmen zum Klimaschutz auf den Weg gebracht, etwa für den Ausbau der Radwege und zusätzliche Fahrradstellplätze rund 400.000 Euro im Haushalt für 2020 eingeplant“, sagt Mathias Schwenck (CDU). Nahe der Straße Grenzeck habe man zudem ein Feld mit Solarzellen angelegt. Schwenck sagt: „Um sinnvolle Maßnahmen auf den Weg zu bringen, müssen wir sie nicht als Klimaschutzkonzept verkaufen.“ Die CDU sei offen für ein neues Verkehrskonzept.
CDU ist gegen einen separaten Umweltausschuss
Auch einen separaten Umweltausschuss lehnt die CDU ab. Schwenck: „Bauen und Umwelt sind immer stark miteinander verzahnt, da würde eine Aufteilung auf zwei Gremien nur zusätzlichen Koordinationsaufwand bedeuten.“ Stattdessen könne der Bau- und Umweltausschuss zukünftig explizit zu Sitzungen zum Thema Umwelt zusammenkommen, schlägt Schwenck vor.
Ähnlich äußert sich auch FDP-Fraktionschef Hans-Karl Limberg. Er sagt: „Die Maßnahmen, die die Grünen fordern, würden den Gemeindehaushalt stark belasten.“ Dieser sei ohnehin in desolatem Zustand. Die Einstellung eines Klimamanagers hält Limberg für überzogen: „Wir haben in Großhansdorf bereits die Arbeitsgemeinschaft Energiekonzept, in der Politiker aller Fraktionen darüber beraten, wie bei Schulen und sonstigen gemeindeeigenen Gebäuden die Energiebilanz verbessert werden kann.“
Großhansdorfs Bürgermeister Janhinnerk Voß verfolgt den Streit mit Sorge. Der Verwaltungschef mahnt: „Ich finde es schade, dass durch diese Debatte der Eindruck entsteht, Großhansdorf tue nichts für den Klimaschutz.“ Die Waldgemeinde habe in den vergangenen Jahren Millionen in die energetische Sanierung von Gebäuden gesteckt. „Wir haben im Rathaus und beim Bauhof bereits Elektro-Fahrzeuge im Einsatz, haben ein Solarfeld und nutzen in der Verwaltung Ökostrom.“ Ob sich die Fraktionen doch noch einig werden, wird sich im Hauptausschuss Mitte Januar zeigen.