Glinde. In unserer Serie treffen wir Stormarner auf ihrer Lieblingsbank. Heute: Achim Lindhorst, Chef der Firma Siegfried Jacob und Wohltäter.
Er ist ein Hauptgewinn für Glinde. Achim Lindhorst führt an der Wilhelm-Bergner-Straße erfolgreich das Metall-Recyclingunternehmen Siegfried Jacob Hamburg, das pro Jahr im Schnitt 100 Millionen Euro Umsatz macht und zu den großen Gewerbesteuerzahlern der 18.700-Einwohner-Kommune zählt. Doch damit nicht genug: Der Geschäftsführer ist auch ein Wohltäter. Auf seine Initiative hin spendete die Firma in den vergangenen zehn Jahren rund 100.000 Euro für die Jugendarbeit der Stadt. Zum Beispiel für die Hausaufgabenhilfe an Schulen, einen Billard-Tisch und ein Mischpult für den Jugendtreff Spinosa. Auch Jugendfeuerwehr, Pfadfinder und andere Projekte wurden unterstützt.
„Ich bin keine Lichtgestalt, stehe nicht im Mittelpunkt. Es sind die Menschen hier in der Firma, die das Geld erarbeitet haben“, sagt der 59-Jährige und legt auf diese Feststellung besonderen Wert. Er sitzt auf seiner Lieblingsbank auf der Terrasse neben seinem Büro. Dort, wo sich regelmäßig auch Mitarbeiter zu einer Pause treffen.
Chef von 55 Mitarbeitern klagt über Werteverlust in Gesellschaft
Der Mann mit dem großen Herz für die Kleinen sieht eine Entwicklung in der Gesellschaft, die ihn stört. „Es geht um Werte, Respekt und Toleranz. Das Entscheidende wird in der Jugend gelegt.“ Hier habe man einen Qualitätsverlust. Und dann spannt er den Bogen zur Arbeitswelt: „Jeder Mensch, der einen Job hat, muss davon auch vernünftig leben können.“ Der Werteverlust belaste ihn, einher gehe damit das Schwinden von Verlässlichkeit. Ein Beispiel nennt der Chef von 55 Mitarbeitern aus eigener Erfahrung: „Früher hat man Sachen per Handschlag besiegelt, heute gibt es 20-seitige Verträge – und man kann nicht sicher sein, ob die eingehalten werden.“
Mit seinem Engagement will Lindhorst gegensteuern, die junge Generation für sinnvolle Projekte gewinnen, ihr etwas ermöglichen. Denn nicht jedem in Glinde geht es finanziell gut. Nach Definition des Kinderschutzbundes leben mehr als 900 Jungen und Mädchen in Armut. „Wir müssen Angebote für Kinder machen, und in einigen Bereichen fehlen Mittel“, sagt das Vorstandsmitglied des Verbands des deutschen Metallhandels.
Lindhorst wuchs als Einzelkind in den Walddörfern im Hamburger Nordosten auf, spielte in seiner Jugend Hockey. Heute spricht er von einer „wohlbehüteten Zeit damals, jedoch haben wir nicht im Überfluss gelebt“. Er machte Abitur, hatte – wie viele andere auch – den Kindheitswunsch, Pilot zu werden. Die Mutter riet ihm zum Medizinstudium. „Das fand ich schlecht. Neun Jahre Wartezeit, bevor ich auf die Menschheit losgelassen werde, das war mir zu lang.“ Lindhorst ging zur Norddeutschen Affinerie – der heutigen Aurubis AG – und studierte BWL nach dem dualen System. Drei Jahre dauerte es bis zum Abschluss.
Ein Jobangebot, nach New York zu gehen, lehnte der Manager ab
Die Walddörfer, wo er mit seiner Ehefrau (59), einer Steuerberaterin, ein Haus bewohnt, bleiben seine Heimat. Hier wächst auch der inzwischen 25 Jahre alte Sohn auf, der Wirtschaftsingenieur ist. Lindhorst macht Karriere, arbeitet unter anderem in Essen, Düsseldorf und Heilbronn. Er übernimmt Verantwortung bei großen Unternehmen, an Wochenenden ist er jedoch stets in Hamburg bei der Familie. Von der Möglichkeit, beruflich in New York aufzuschlagen, macht Lindhorst keinen Gebrauch. Er lehnt Top-Angebote von Großunternehmen ab, wo der Manager das Doppelte wie jetzt verdienen hätte können. „Für Geld würde ich aber nie meinen Job wechseln, mehr als ein großes Schnitzel am Tag kann ich ja auch nicht essen“, sagt Lindhorst.
Viel wichtiger ist es ihm, auch Zeit für andere Dinge zu haben, für Menschen da zu sein, die ihm am Herzen liegen. „Mein Vater ist seinerzeit krank gewesen. Ich habe ihn ein Jahr lang bis zum Tod begleitet. Das war eine tolle Erfahrung und hat Nähe vermittelt.“ Glück bedeutet für ihn „Gesundheit und in einem Umfeld leben zu dürfen, das sicher ist“. Lindhorst hat auf seinen Geschäftsreisen rund um den Globus vieles gesehen, was ihn nachdenklich macht. „Etwa in Indien, wo drei Jahre alte Kinder Steine gehackt haben.“ Er habe Armut erlebt und sei massiv berührt gewesen.
Jugendarbeit der Stadt kann auf weitere Spenden hoffen
Übrigens war auch der Vater in der Kupferbranche. Von ihm hat Lindhorst in seinem Büro ein Wikingerschiff in Kleinformat aus Bronze im Regal stehen. Mehr als das sind jedoch des Vaters Manschettenknöpfe Erinnerungsstücke. „Die sind mir heilig.“ Im Job nutzt er jene kaum. In der Regel ist Lindhorst leger gekleidet und verzichtet auf einen Anzug. Auch heute. Schwarze Wildlederstiefel, schwarze Jeans, weißes Hemd und ein hellbraunes Jackett mit Einstecktuch – der Mann kommt kleidungstechnisch genauso daher wie er redet: einfach locker.
Als Chef lässt er seinen Mitarbeitern lange Leine, ist mit einigen per Du und kein Kontrollsüchtiger. Zuletzt machte der Hamburger unter den Angestellten eine Umfrage. Wollte wissen, wie die seinen Führungsstil beurteilen. Es gab auch Kritikpunkte. Lindhorst: „Ich kann gut mit Worten umgehen, das ist für Gesprächspartner nicht immer schön. Manchmal muss ich mich zurücknehmen.“ Der Manager ist keiner, der um den heißen Brei redet, sondern Klartext. Auf die Politik ist er beim Thema Elektro-Autos nicht gut zu sprechen: „Wir sind da eindimensional unterwegs. Mir fehlen ganzheitliche und alternative Konzepte, etwa auch eine Variante mit der Weiterentwicklung von Diesel-Autos.“ Bei der Produktion der Batterien sehe er große Probleme mit der Verfügbarkeit von Rohstoffen.
Lindhorst ist viel mit dem E-Bike auf Achse, gern auch an der Nordsee. So hält er sich fit. Dazu geht der Firmenchef regelmäßig ins Fitnessstudio oder entspannt beim Golfspielen. Schon aufgrund seiner 1,94 Meter Körpergröße ist der Mann eine imposante Erscheinung. Wie er das Unternehmen in Glinde nach dem Umzug aus Hamburg-Moorfleet binnen zehn Jahren entwickelt hat, kann sich sehen lassen.
Die Mitarbeiterzahl hat sich fast verdoppelt. Bezahlt wird über Tarif mit Weihnachts- und Urlaubsgeld. Auf dem 110.000 Quadratmeter großen Firmengelände stehen drei Produktionshallen, eine Werkstatt und ein moderner Bürokomplex. Eine weitere Halle ist in Planung – ein gutes Signal für Glinde. Lindhorst: „Wenn es die wirtschaftliche Situation erlaubt, der Kontakt zur Stadt weiterhin positiv ist und die Projekte inhaltlich stimmen, kann die Unterstützung der Jugendarbeit fortgeführt werden.“