Ahrensburg. Katja Gehrmann ist für ihre Geschichte „Stadtbär“ geehrt worden. Die Illustratorin ist in Stormarn groß geworden.

Der „Stadtbär“ ist auf einem guten Weg. Mit ihrer gleichnamigen Geschichte hat Katja Gehrmann, die in Hoisdorf aufgewachsen ist und zwei Jahrzehnte das Ahrensburger Schüleratelier geleitet hat, nun den Kinderbuchpreis 2019 des Landes Nordrhein-Westfalen gewonnen. „Das ist eine besondere Anerkennung“, sagt die Illustratorin, die die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung am 8. November in Hattingen überreicht bekommt.

Ihr Abitur machte Gehrmann an der Heimgartenschule

Die Idee für eine Bären-Geschichte trug Katja Gehrmann lange mit sich herum. „Die erste Inspiration war ein Kanada-Stipendium 2005“, sagt sie. Das Thema lag quasi auf der Straße, denn in den Nationalparks von Quebec leben rund 80.000 Schwarzbären. „Bis dahin hatten meine Bücher mehr mit Wasser zu tun“, sagt die 50-Jährige. Das belegen Titel wie „Strandhunde“, „Nelson, der Käpt’n und ich“ sowie „Piraten und andere Grünschnäbel“.

Der Stadtbär musste einen Umweg über die Schweiz nehmen. Der Inhaber einer Kommunikationsagentur in Zürich hatte Katja Gehrmann zunächst beauftragt, für ihn privat eine Geschichte über den Großvater und seine Enkel zu zeichnen. Es folgte die Anfrage, ob sie auch eine Idee für ein Bilderbuch habe, das die Agentur an Geschäftspartner verschenkt. „Da hab’ ich den Stadtbären aus der Schublade geholt“, sagt Gehrmann. Zeitungsberichte über immer mehr Wildtiere in Wohngebieten hatten die Idee reifen lassen. „Beispielsweise hab’ ich mal gelesen, dass Berlin die höchste Dichte unterschiedlichster Vogelarten auf kleinem Raum haben soll.“ So schickt die Autorin ihren Titelhelden aus dem Wald zu den Menschen. Nach dem Winterschlaf wundert sich der Bär, dass die anderen Tiere weg sind. Der Habicht verrät ihm, dass sie in die Stadt gezogen seien: „Dort gibt es beheizte Höhlen, leckeres Essen und: keine Jäger.“ Der Bär macht sich auf die Suche nach seinen Freunden. Dabei gerät er – gut getarnt mit Hut, Sonnenbrille und Einkaufsbeutel – in seltsame Situationen.

Die Autorin arbeitet auch für Zeitschriften

Das Projekt gefiel nicht nur den Schweizern, sondern auch dem Moritz Verlag in Frankfurt/Main. „Dort lässt man mir viele Freiheiten“, sagt Katja Gehrmann. „Wichtig ist mir, dass die Tiere und Menschen Ausdruck und Charakter haben.“ Dabei kommen die Vorlagen schon mal aus ihrem Alltag: „Wer es weiß, kann auf einer Zeichnung einen Kollegen meines Mannes erkennen.“

Katja Gehrmann arbeitet auch für Kinderzeitschriften und illustriert Bücher anderer Autoren, darunter das 2014 für den deutschen Jugendliteraturpreis nominierte „Besuch beim Hasen“ von Christian Oster. „Eigene Geschichten sind für mich runder“, sagt sie, „weil man selbst entscheiden kann, was man im Bild erzählt und was im Text.“

Gehrmann studierte Illustration im Ausland

Ihre Ideen bringt sie in der 2001 gegründeten Atelier-Gemeinschaft Amaldi zu Papier. Sechs Künstler teilen sich 2017 eine Etage in einem Hinterhofhaus im Hamburger Karolinenviertel. „Illustratoren sind ja eher Einzelkämpfer, deshalb gefällt mir der schnelle Austausch mit Kollegen gut.“ Von denen seien ohnehin nie alle gleichzeitig da. Trennwände teilen den großen Raum in kleine Nischen. Gehrmann malt am liebsten im Stehen. „Nur mit Farben, alles analog“.

Geschrieben hat sie schon während der Jugendzeit in Hoisdorf, wo ihre Eltern bis heute leben. „Kleine Krimi- und Indianergeschichten, die wir dann unter Freunden aufgeführt haben“, sagt sie. 1989 machte sie – mit dem Leistungskurs Kunst – Abitur am Heimgarten-Gymnasium in Ahrensburg (heute Eric-Kandel-Gymnasium). Danach studierte sie Illustration in Mexiko, Spanien und an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg. „Schnell war klar, dass ich auf Werbung keine Lust hatte und den literarischen Bereich spannender fand.“

Ideen für Fortsetzungen hat die Autorin genug

Eine gute Entscheidung. So gewann Katja Gehrmann den „Goldenen Apfel“ der Biennale in Bratislava. 2008 bekam sie für „Gans der Bär“ – die Geschichte eines Gänsekükens, das einen Bären für seine Mama hält – das Troisdorfer Bilderbuchstipendium. Jetzt darf sie sich über einen weiteren Preis freuen. Im „Stadtbär“ erzähle sie „kindgerecht und warmherzig eine originelle Geschichte über Anpassung, Anderssein und darüber, warum Solidarität nicht immer ganz leichtfällt“, sagte Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) über die Jury-Entscheidung. Eine Interpretation, die Katja Gehrmann fröhlich zur Kenntnis nimmt. Denn in erster Linie habe sie interessant erzählen wollen, wie ein Bär aus dem Wald in die Stadt kommt.

Möglicherweise ist der Bilderbuch-Weg des Stadtbären noch nicht zu Ende. „Eine Idee hab’ ich schon“, sagt die Illustratorin zum Abendblatt.