Klein Wesenberg. Rund 150.000 Euro investiert die Gemeinde derzeit in eine umfangreiche Sanierung. „Und das ohne Fördermittel“, sagt Pastor Erhard Graf.
Aus einem Radio ertönt Musik von Shakira, der Geruch frischer Farbe liegt in der Luft. Und anstelle andächtigen Schweigens herrscht hier betriebsames Schaffen. In der Kirche in Klein Wesenberg ist zurzeit alles anders als gewohnt, das Gotteshaus ist fest in der Hand von Handwerkern. Seit zwei Wochen wird der Innenraum saniert. „Diese Arbeiten sind längst überfällig“, sagt Pastor Erhard Graf zum Abendblatt. Und die Erleichterung, dass die Bauarbeiten endlich begonnen haben, ist ihm deutlich anzumerken.
„Die zuvor notwendigen Abstimmungen mit den zuständigen landeskirchlichen Stellen zogen sich schier endlos in die Länge.“ Mehr als ein Jahr lang wurden Gespräche geführt. Seit Ende August liegen die kirchenaufsichtlichen Genehmigungen vor, das Gotteshaus konnte in die Hand verschiedenster Gewerke übergeben werden.
Maler, Elektriker, Zimmerer und Maurer wechseln einander nun dort ab. An manchen Tagen arbeiten bis zu zehn Handwerker gleichzeitig in der Kirche. Wo sonst die gewohnte Ruhe eines Gotteshaus herrscht, ist jetzt Baustelle. Und dennoch ist die Besonderheit des Ortes zu spüren. „Das ist ein sakraler Ort, an dem wir arbeiten. Man schwankt zwischen Ehrfurcht und sachlicher Betriebsamkeit“, sagt Elektriker Hauke Hingst.
In zehn Jahren wurden rund 500.000 Euro investiert
Mehr als 300 Meter Kabel hat er mit seinem Kollegen Ivan Lopez in den vergangenen Tagen in der Kirche verlegt. Dafür gesorgt, dass die elektrische Anlage den neuen Sicherheitsstandards entspricht. Den wohl besten Überblick über das geschäftige Treiben hat André Hock. Auf einem Gerüst in zehn Meter Höhe erneuert der Maler den Deckenanstrich der Kirche. Keine ganz alltägliche Aufgabe. „Das Gerüst im Innenraum der Kirche zu errichten, war eine echte Herausforderung – und dazu Schwerstarbeit für die Männer“, sagt Architektin Ilka Guttenberg. Die Kirche liegt auf einer Anhöhe, jede einzelne Stange musste den Hügel hochgetragen werden.
Seit 25 Jahren ist Ilka Guttenberg Architektin, hat schon viele Großkirchen in Lübeck saniert. Eine Kirchensanierung empfinde sie stets als „besonders schöne Aufgabe und Herausforderung“. Sie sagt: „Heute wird nicht mehr so langlebig und detailverliebt gebaut wie früher. Dieses Erbe muss auch bei einer Sanierung erhalten bleiben.“ Die erste Klein Wesenberger Kirche wurde 1882 bei einem Brand vollständig zerstört. Dem früheren Grundriss entsprechend wurde das heutige Gotteshaus 1884 neu errichtet. Die jüngste große Renovierung im Inneren gab es 1964.
Schlechte Erfahrungen mit Fördermitteln gemacht
In den 1980er-Jahren wurde der Turm neu gedeckt, in den 1990er-Jahren die Orgel umgebaut. Als der jetzige Pastor Erhard Graf 2008 seinen Dienst antrat, veranlasste er eine Bestandsaufnahme. Diese ergab eine Kostenrechnung von knapp 600.000 Euro für eine Komplettsanierung. „Dafür fehlte natürlich das Geld“, sagt der Geistliche. Ein langer behördlicher Kampf begann, der mit der Generalreinigung der Orgel im kommenden Jahr seinen Abschluss finden soll. Dann sind in mehr als zehn Jahren 500.000 Euro in die Kirche geflossen.
Die aktuelle Sanierung, zu der die Erneuerung der elektronischen Anlage bis in die Kirchturmspitze sowie der Erneuerungsanstrich gehören, hat die Gemeinde 150.000 Euro gekostet. „Ohne Fördermittel“, betont Graf nicht ohne Stolz. Damit habe man in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, als genehmigte Mittel nicht voll ausgeschöpft wurden. Am Ende fiel die Rechnung günstiger aus als die veranschlagten Kosten. Pastor Graf: „Man hat uns sogar Betrug vorgeworfen und einen Strafzins angedroht.“
Aktivregion gab 70.000 Euro für den Ehrenfriedhof dazu
Dass alle notwendigen Arbeiten trotzdem erledigt wurden, liegt laut Graf an der guten wirtschaftlichen Planung der Gemeinde. Wenn nichts dazwischen kommt, kann Architektin Ilka Guttenberg die Sanierung Ende September abschließen. Dann gibt es zum Erntedankfest am 6. Oktober den ersten Gottesdienst in der frisch renovierten Kirche.
Die Sanierung des Ehrenfriedhofs, mit 180 Gedenksteinen der größte der Region, wurde abgeschlossen. Schautafeln erzählen nun die Geschichten Gefallener, eine neue Bank lädt zum Verweilen ein. 70.000 Euro haben die Arbeiten gekostet, gefördert wurden sie durch die Aktivregion Holsteins Herz.