Reinbek. Die Arbeiterwohlfahrt verkauft zu wenig Essen und hat einen Zuschuss bei der Stadt beantragt. Die Politik vertagt ihre Entscheidung.
Mit neuem Konzept und hochgesteckten Zielen übernahm die Awo Hamburg Dienste GmbH im August 2018 die Mensa der Sachsenwaldschule. Die Bilanz nach einem Schuljahr fällt ernüchternd aus. Die Erwartung, 240 bis 360 Schüler für das Catering zu begeistern, wird aktuell weit verfehlt. Im Schnitt essen 70 Kinder und Jugendliche in den Pausen in der Mensa, wie der stellvertretende Schulleiter Sebastian Stemmler während der jüngsten Sitzung des Schul- und Sozialausschusses erklärte.
„Ich habe zwar nichts Negatives gehört“, bestätigte Sachsenwaldschüler und bz-Praktikant Jonas Reinicke (14), „allerdings esse ich am liebsten zu Hause.“ Die Mensa sei „die meiste Zeit voll. An manchen Tagen essen 180 Kinder hier“, sagte Stemmler. Freitags seien es wiederum nur sehr wenige. Das ziehe den Durchschnitt hinunter.
Bedingung, um weiterzumachen
Da ein kostendeckender Betrieb so nicht möglich sei, beantragte die Awo nun einen Zuschuss von 1190 Euro pro Monat bei der Stadt. „Es ist die Bedingung dafür, dass wir am Standort weitermachen“, sagte Awo-Geschäftsführer Tjark Röhrs.
Nachdem die jahrelang durch ehrenamtliche Mütter betriebene Mensa des Gymnasiums aufgrund von „Personalmangel“ eingestellt wurde, musste auch die darauf im Jahr 2012 folgende Catering-Firma Andrade aus Reinbek den Betrieb wieder einstellen. „55 bis 60 Essen haben wir durchschnittlich pro Tag herausgegeben. 150 hätten es mindestens sein müssen, damit es
sich für uns lohnt“, betonte Geschäftsführerin Paula Andrade im vergangenen Jahr.
Macht sich die Stadt erpressbar?
Danach habe die Stadt Schwierigkeiten gehabt, einen Nachfolger zu finden, so Stemmler. „2018 war nur die Awo im Rennen. Wir sind froh, dass wir den Anbieter haben“, sagte der stellvertretende Schulleiter. Nun ist es ein Anliegen von Schule und Stadt, mit der Awo weiterzumachen. „Wenn sich die Schüler lange in der Schule aufhalten, sollen sie auch ein gesundes Essen bekommen“, sagte Kathrin Schöning, Leiterin des Reinbeker Amtes für Bildung und Stadtleben.
Um die Kosten zu decken, musste die Awo schon die Sparschraube anziehen. Statt zuvor zwei Servicekräften und einem Koch stehen nur noch zwei Mitarbeiter hinter der Theke. Auch ein breites Angebot mit Nudel- und Salatbar sowie mehrere Menüs mit saisonalem und regionalem Essen kann der Anbieter nun nicht mehr stemmen. „Wir haben unser System umgestellt und auch unser Angebot dementsprechend angepasst“, erläuterte Tjark Röhrs auf Nachfrage.
Die Awo muss Gewinn machen
Wenn die Zahlen in den kommenden Monaten noch immer nicht stimmen, werde die Awo voraussichtlich abspringen, befürchtete Sebastian Stemmler: „Und wir werden wahrscheinlich niemanden anderes finden.“ Die jetzt angekündigte, weitere „Testphase“ endet im Oktober. Für November beantragte die Awo den Zuschuss. „Wir als Awo sind darauf angewiesen, Gewinne zu erwirtschaften. Mit einem Zuschuss liegen wir bei einem Plus-Minus-Null-Geschäft“, sagt Geschäftsführer Röhrs.
Die Fraktionen sorgten sich unterdessen, auch andere Schulmensabetreiber könnten dem Beispiel der Awo folgen und ebenfalls Zuschüsse bei der Stadt beantragen. „Wir machen uns als Stadt erpressbar“, sagte Thomas Fleckenstein von Forum 21. Der Ausschussvorsitzende Thomas Unglaube (SPD) regte eine Prüfung durch die Verwaltung an. Amtsleiterin Kathrin Schöning erklärte die Vereinbarung mit der Awo: „Den Betrag müssen wir nur zahlen, wenn der Betrieb defizitär ist.“ Dazu habe die Stadt Einsicht in die Bücher des Mensabetreibers.
Entscheidung vertagt
Die Entscheidung, ob die Stadt die Kosten von jährlich 14.280 Euro tragen soll, vertagte der Schul- und Sozialausschuss zunächst auf die kommende Sitzung am 3. September.